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This is Austria

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Ist es eigentlich schon einmal dagewesen, daß das Publikum einer von knisternder Spannung erfüllten österreichischen Filmuraufführung eine Minute lang den eigentlichen Anlaß vergißt und über ein 15-Minuten-Filmchen im Vorprogramm in vehementen Beifall ausbricht? Es geschah vor Weihnachten bei der Premiere eines Willi-Forst-Films, und der Anlaß war der kurze Auslandswerbefilm unserer Austria-Wochenschau „This i s Austria“. Die einstigen; „Vier im Jeep“ kehren in schlichtem Zivil in das entsatzte (ehedem entsetzte) Oesterreich zurück und erleben es in Glanz und Gloria seiner friedlichen alten und neuen Kultur. Was für Einfall, was für brillante Farbphotographie, was für spitzer, spritziger Kommentar! Bravo! This is Austria-Wochenschau!

Der anschließende Forst-Film „W i e n, du Stadt meiner Träume“ schloß konsequent an diesen Ton an und spielte eine Ouvertüre wie Anno „Maskerade“. Der Titelvorspann, die Hetzjagd eines Ruhe suchenden ausländischen Besucherpaares, der Hochstrahlblitz, der in ein düsteres Denkmal einschlägt — das ist Wetterleuchten am Willi-Forst-Horizont. Noch gibt es Leerläufe, Ausrutscher (das schauerliche Heurigenbild!) und Atemnot im Drehbuch; aber die Anzeichen mehren sich: „er“ ist wieder im Kommen.

Bei starker ausländischer Konkurrenz hält Oesterreich auch sonst im Feiertagsprogramm eindeutig die Spitze. Was ein „dritter Teil“ noch geben kann, gibt Ernst Marischkas „Siäsi — Schicksalsjahre einer Kaiserin“ mit vollen Händen: Farbe, herbe Süße und patriotischen Hintergrund. Mehr noch gibt Alfred Stögers „Einen Jux will er sich machen“. Die bisher lockerste, bei aller Werktreue filmischeste der interessanten Stilexperimente um verfilmtes Burgtheater. Der vierte Oester-reicher, „9er Kaiser und das Wäschermädel“ ist ein deutsch-österreichisches Unglück. Das ist nicht mehr Kooperation, das ist Kollaboration! This is not Austria!

Frankreich knüpft mit dem Rene-Clair-Film „D i e Mausefalle“ an hohe Traditionen der Pariser-Stadt-Poesie — und des Kriminalfilms von Rang an. Bombenrolle für Pierre Brasseur. Sein „Juju“ ist die beste „Kind-im-Manne“-Rolle seit Heinrich George in Döblins „Berlin — Alexanderplatz“.

Amerika schießt aus allen Rohren. Der Dokumentarfilm triumphiert mit „Disney IV“: „Eine Welt

voller Rätsel“, der Spielfilm mit der brillanten Spielerkomödie, „M o n t e - C a r 1 o - S t o r y“ und dem bezaubernden Musical „Ein süßer Fratz“. Daneben der reizende Kinderfilm „Straße des Glücks“ und die spritzige Starpersiflage „Sirene in Blond“; nicht ganz glücklich Sophia Loren in „Stolz und Leidenschaft“.

Nicht sehr gut liegt diesmal Deutschland mit den durchschnittlichen Unterhaltungsfilmen: „Träume von der Südsee“ (Vico Torriani), „E g o n, der Frauenheld“, „Der falsche Florian“, „W eißer Holunder“ und „Die große Chane e“.

Daß man da und dort Weihnachten auch mit Filmen, wie „R e v o 1 v e r p 1 a 11 e“, „Das Geheimnis der drei Dschunken“ und „Verbrecherzentrale Totenkopf“ „feierte“, ist betrüblich, ändert aber nichts am guten Gesamteindruck des Festprogramms.

Roman H er 1 e

F i 1 m s c h a u (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Oesterreich), Nummer 50 vom 14. Dezember und Nummer 51/52 vom 21. Dezember 1957: II (Für alle zulässig): „Bomba, der Dschungelboy“, „Einen Jux will -er sich machen“ — III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Der falsche Mann“, „Der graue Räuber“, „Das kleine Teehaus“, „Die Lindenwirtin vom Donaustrand“, „Der Mohr von Venedig“, „Ein Stück vom Himmel“, „Die fidelen Detektive“, „Flamenca — ein Amerikaner in Spanien“, „Die große Chance“ — IV (Für Erwachsene): „Fenster ohne Vorhang“, „Mit Rosen fängt die Liebe an“, „Schlucht des Verderbens“, „Zähl bis dTei und bete“, „Am Rande der Straße“, „Banktresor 713“, „Eva küßt nur Direktoren“, „Die Nacht der Rache“, „Revolverplatte“, „Der Sheriff von Lincoln City“ — IVa (Für Erwachsene mit Vorbehalt): „Villa Borghese“, „Lachendes Wien“ — IVb (Für Erwachsene mit ernstem Vorbehalt): „Gehetzte Frauen“.

Jeden Sonntag um 10 Uhr wird das Kreuzkino fn Wien unter dem Titel „Film-Art im Kreuzkino“ Sondervorführungen interessanter Filme mit anschließender Diskussion veranstalten. Dia Leitung hat der bekannte Filmfachmann Hang Winge. Es lind Zyklen vorges hen, wie „Der Neoverismus und seine Folgen“. „Die Tänzer Fred Astaire und Gene Kelly“, „Die Film-Schönheiten (Von Greta Garbo bi? Elvis Presley)“, „Verknurrter Nachwuchs“ u. a. Die Aufführungen beginnen am 12. Jänner mit ..Sciuscia“.

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