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Frohe Wochen, saure Feste

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Vielleicht ist es zuviel verlangt, vom Programm unserer 200-Kino-Stadt eine Bedachtnahme auf österliche Besinnung zu verlangen. So wie sich unsere weithin säkularisierten Lebens- und Berufsanforderungen in fast körperlich schmerzender Weise mit der Stimmung der Karwoche brechen, läuft auch die bittersüße Pflicht des Geldmachens häufig der religiösen Sammlung zuwider. Trotzdem dürfte es, meine ich, nicht so sein, daß unter den angekündigten Festtagsfilmen fast ausschließlich Titel, wie „Als geheilt entlassen“, „Ehe mit dem Satan“, „Mädchen des Lasters“, „Der Bandit von Shorbe“, „Orientalische Nächte“ u. a., erscheinen.

Eine eigenartige Passionswoche stellen auch die sogenannten biblischen Filme dar. Es liegt uns fern, sie in Bausch und Bogen zu verdammen. Daß sjch diesmal unter allen drei; „S a 1 o'rrt o n und die Königin von S a b a“, ,'.K r e u z ü n d Schwert* und „Judith, das Schwert der Rache“ kein weißer Rabe, geschweige denn ein Osterhase befindet, sondern alle drei, einschließlich des weltstarbesetzten erstgenannten, nur einen bösen Exzeß an Blut und Geilheit darstellen, ist mehr als betrüblich. So müssen wir uns nolens volens an die Titelfeier der „O s t e r p a r a d e“ halten, der Reprise eines älteren hübschen und wohltemperierten — Revuefilms mit Fred Astaire und Judy Garland. Auch dem „Micky-Mouse-Festival“ kann, wenigstens für die Kinder noch, mit Nachsicht der Taxen das (nicht steuerbefreiende) Prädikat „ostereiförmig“ zuerkannt werden; für die Kinder jedenfalls geeigneter als der verlogene und verbogene deutsche „Problemfilm“ (Problem = Scheidung, Untreue, Selbstmord) „Ein Student ging vorbei“, den die Wiener Jugendzensur in einem akuten Anfall österlicher Großzügigkeit für jugendfrei erklärt hat.

Doch endet nicht mit Fluch der Sang. Es ragt in dieser Woche wenigstens einer aus dem Flachland: „Unser Mann in Havanna“, trotz einer gewissen Stilbrüchigkeit ein großartiger Spott auf das Handwerk der Geheimdienste, ein wohllautender Dreiklang von Buch, Regie und Darstellung (Graham Greene, Carol Reed, Alec Guinness). Der themenverwandte Franzose „Die Katze zeigt die Kral-1 e n“ geht mit Katzenschweiflänge dahinter ein, im abgeschlagenen Feld von U-Boot-Krieg und Informationen landet „Schlacht im Korallenmeer“. Im Besitze von Originalaufnahmen um „Die letzte Fahrt der Bismarck“ haben es die Engländer leicht, einen fairen,' großartigen Film um dieses Seedrama zu drehen. Wir haben es darin schwerer und können in diesen Tagen, da wir die 15jährige Beendigung des Krieges feiern, nur mit Photos des brennenden und rauchenden Wien aufwarten.

Film schau (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Österreich), Nr. 15, vom 9. April i960: III (Für Erwachsene und reifere Jugend, etwa ab 16 Jahren): „Einesteils der Liebe wegen“, „Maigret kennt kein Erbarmen“ — IV (Für Erwachsene): „Die Katze zeigt die Krallen“, „Unser Mann in Havanna“ — IV a (Für Erwachsene mit Vorbehalt): „Auf den Schienen zur Hölle“, „Der Mörder kam um Mitternacht“, „Noch einmal — mit Gefühl“* „Salomon und die Königin von Saba“ — IV b (Für Erwachsene mit ernstem Vorbehalt): „Ein Student ging vorbei“ — V (Abzuraten): „Gangster Nr. 1“, „Teenager am Abgrund“.

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