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Außenseiter

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Dem Stuttgarter Nervenarzt und Filmaußenseiter Dr. Ottomar Domnick wird von Schaumschlägerei bis Genialität so gut wie alles Böse und Gute nachgesagt. Die Wahrheit liegt wie immer nicht in der Mitte, sondern näher dem einen Pole zu, hier einem originellen Filmdenken und einem überdurchschnittlichen handwerklichen Können. Wie Domnicks erster Film „Jonas“ spielt auch „G i n o“ auf mehreren Rängen, realen und irrealen, in der Wirklichkeit und in Träumen, die letzteren wieder untergeteilt in den Sportehrgeiz eines 16jährigen Jungen und den Romanhöhenflug einer reifen Frau und Schriftstellerin (in ihren Stilbocksprüngen scheint uns der Film am hohlsten zu klingeln). Zwischen den beiden, die der eifersüchtige geschiedene Gatte der Frau ungewollt einander in die Arme treibt, liegen nicht nur 30 Jahre, sondern viel, viel mehr und anderes, was die vereinsamte, leidenschaftliche Frau überspringen mächte. Das ,Ende ist tratsch, wie es sich für einen AvaHtgardefilm gehört (Optimismus ist nicht schick). Das hübscheste arr deffl'RIm ist das natürliche Spiel und entzückende italienische Radebrechen Ginos (Jörg Plevas). Daneben gibt es auch schwulstiges Gerede und kindische Geheimnistuerei. Trotzdem: im ganzen ein eigenbrötlerischer, nicht uninteressanter Film, an dem nicht alles, aber manches ernst zu nehmen ist.

Noch besser, beinahe sehr gut geht's in dieser Woche mit Humor. Eine österreichische und eine deutsche Gaunerkomödie wandeln auf uralten filmliterarischen Spuren: auf Sacha Guitrys mit frechem Tricheur-Amoralismus brillierenden Spuren der österreichische „Mit Himbeergeist geht alles besser“ mit einer Bombenrolle O. W. Fischers, auf luftiger Balance zwischen Chaplins „Pilgrim“ und „Don Camillo“ wieder die deutsche Dorfkomödie „Der Gauner und der liebe Gott“ mit einer Bombenrolle Gert Fröbes. Der Dritte im Bund: „Bei mir nicht, liebes Fräulein“; es sollte eine charmante Selbstparodie des alternden Clark Gable sein und ist ungewollt ein schmerzliches Requiem für den toten geworden.

Ein zweiter Dreckspritzer der nouveau vague: „Heiß auf nackten Steinen“ (französisch-englisch). Geschichte eines Flittchens aus gutem Haus von unbeschreiblicher Frechheit und Abgebrühtheit (dem Äußeren nach sichtlich aus der Aufzucht der Bardot stammend). Da 6ich die Geschichte jugendproblematisch gebärdet, muß sie es sich wohl oder übel gefallen lassen, daß an der Stelle, da die Stiefmutter dem Früchtchen eine Saftige hinüberreicht, ein hörbares Aufatmen durch das Publikum geht: das wäre die Lösung der lugendfrage ...

„S c h 1 a g e r r a k e t e n“ ist ein hübscher deutscher Revuefilm, wenn auch nicht alle dieser feurigen Dinger zünden.

Ein eindrucksvoller, nett eingekleideter Kulturfilm „Zauberhaftes Grönland — Wo die Berge segeln“ kommt aus Dänemark. In manchen Bildern zeigt der alte Löwe die Krallen, verstehe: exerziert Dänemark klassische Kamerakunst.

F i 1 m s c h a u (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Österreich): III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Junge Liebe — große Gefahren“, „Schlagerraketen“, „Für eine Handvoll Geld“ — IV (Für Erwachsene): „Der Gauner und der liebe Gott“, „Der rasende Teufel“ - IVb (Für Erwachsene mit ernstem Vorbehalt): „Mit Himbeergeist geht alles besser“, „Der nackte Spiegel“ — V (Abzuraten): „Heiß auf nackten Steinen“.

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