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Japanische Heldenromanze: Das Hllentor

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Sinnfällig und stilvoll erfüllte die Wiener Erstaufführung des neuen japanischen Großfilms „D a s H ö 11 e n t o r“ der Glanz einer repräsentativen Matinee. Mehr noch als „Rashomon“ hat nämlich „Das Höllentor“ den Charakter einer rituellen Handlung, nicht einer kommerziellen Routinedemonstration. Alte kultische Unterströme, echter und tiefer als der romantische Zauber von Bayreuth, scheinen sich im japanischen Film von heute mit modernster amerikanischer Technik zu mischen. Das Ergebnis ist vielversprechend und beeindruckt die westliche Welt tief: Der Große Preis von Cannes ist nur ein Ausdruck dafür.

Am“ Höllentor beginnt und endet das Schicksal des Kriegers Moritö. Von hier weg trägt ihn der Ruhm, an der Niederschlagung einer Revolution Anteil gehabt zu haben, hoch in die kaiserliche Gunst hinauf. Hier beginnt aber auch sein Verderben: seine wahnsinnige Leidenschaft zu Kesa, der verheirateten Hofdame, die treu zu ihrem Gatten hält und diese Treue und Reinheit durch einen ungewöhnlichen Opfertod besiegelt. Durch das Höllentor aber geht ein geläuterter Büßer, der im entsagungsvollen Klosterleben seine Verblendung sühnen wird.

Mag sein, daß uns diese alte Ritterlegende in dieser oder jener Logik des Handelns etwas ferne liegt (nicht ferner als König Artus und die Gralssage): die tiefe Achtung ist der strengen Sitte dieser Heldenzeit auch in unserer Zeit und Zone sicher. Selten noch hat übrigens die Farbe des Films (East-mancolor) Zeit und Umwelt so leuchten lassen wie hier; die schwelgende Pracht der Kleidung und der Bauten, Mondnächte im magischen Licht und die adelige Geste eines maßvollen Weintrunkes vereinigen sich zu einem zauberhaften gleich heroischen wie lyrischen Epos. Das expressive Spiel des Hauptdarstellers und die vornehme Statik der Darsteller Kesas und ihres Gatten heben sich deutlich vom modernen „Unterspielen“ des westlichen Films ab, entbehren aber jeglichen bohlen Pathos. Ein großer Film. Eine neue große Filmnation im Weltorchester.

Ein vielbeschriebener Jugendvorfall stand Modell zu einem eindrucksvollen Kurzfilm über das Jungarbeiterdorf Hochleiten bei Gießhübl, den die Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Wien unter dem Titel „Jungarbeiterdörfer — Der neue Weg“ herstellen ließ. Hier wird tatsächlich ein neuer Weg gegangen, in Selbstverwaltung, Kameradschaft und Toleranz: wie ein Sinnbild erhebt sich im Dorf die eine Kirche der Katholiken und Protestanten.

Aus der heute wohl rührigsten Wiener Kultur-filmproduktion Ann H. Matzner stammt ein Kurzfilm über das weitgespannte Lebenswerk Clemens Holzmeisters. Kamera, Musik (A. Witeschnik) und Sprechtext (Hans Thimig) vereinigen sich zu einem begeisternden „Dreiklang der Künste“.

Ueberaus begrüßenswert ist die Wiederaufführung von Ernst Marischkas Film „M atthäuspas-sion“ durch die Wiener Urania.

Noch einmal, nach „Marty“, entdeckt der amerikanische Film, in „W as der Himmel erlaubt“ das „kleine Leben“, hier einer Witwe, die mit den eigensüchtigen Kindern und „Freunden“ um eine Handvoll Glück kämpfen muß. Saubere Tendenz, anständige Haltung, kleine Längen. — Etwas abgespielt der Abenteuerstil in „Die purpurrote M a s k e“, ermüdend und stellenweise unkindlich das Trickfilm-Sammelsurium „Zwei Stunden mit Tom und Terry“.

Deutschland stellt zwei Heimatfilme von Durchschnittsqualität : „Das Forsthaus in Tirol“ und „Das Erbe vom Pruggerhof“.

Oesterreich schüttelt und rüttelt Eisrevue und quälende Story zu einem leidlich genießbaren Lustspiel zusammen: „Symphonie in Gold“: der anspruchsvolle „Cosmopol-itismus“ einer geachteten heimischen Produktionsfirma rutscht in dem Lustspiel „Ein Herz und eine Seele“ tief ab; von der Maßabteilung in die Konfektion, ein Herz und eine Seele: D-Mark und Schilling.

Immer wieder blitzen in dem Film „Die Frau vom Fluß“ (italienisch-französisch) Züge einer echten Dorfgeschichte auf; immer wieder reißen sekundenlang größere Hintergründe auf: bitterer Reis — bitteres Schilf: bittere, grausame, menschenmordende Poebene! Immer wieder aber drückt diesen großangelegten Film eine unvorstellbar vulgäre Sexualität ganze Strecken lang auf das Schmierenniveau. Dies überrascht nicht von der Hauptdarstellerin (Sophia Loren). Was sich aber die Kamera dabei stellenweise leistet, überschreitet wohl das übliche Maß an Getue um die mehr oder minder reizvollen Bestandteile von Skandalstars.

F i 1 m s c h a u (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Oesterreich), Nr. 12 und 13 vom 24. und 31. März 1956: II (Für alle zulässig): „Der weiße Hengst“, „Zwei Stunden mit Tom und Terry“ — III (Für Erwachsene und reifere lugend): „Symphonie in Gold“, „Was der Himmel erlaubt“, „Die pmpurrote Maske“ — IV (Für Erwachsene): „Im Zauber von Paris“, „Das Höllentor“, „Doktor auf hoher See“ — IV a (Für Erwachsene mit Vorbehalt): ..Ein Herz und eine Seele“, „Ueberfall in Texas“ — IVb (Für Erwachsene mit ernstem Vorbehalt): „Dal Bekenntnis der Ina Kahr“, „Callaghan schlägt zu“. „Studentin Helen Willfuer“, „Die Frau vom Fluß“ — V (Abzuraten): „Mädchen verschwinden“.

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