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Zufall, Schicksal, Wirklichkeit
„Interview mit dem Zufall“ nennt ein hochtrabender Werbeslogan den neuen deutschen Film „Straße der Verheißung“ und versucht uns allen weiszumachen, daß der Mensch seinem vorherbestimmten Schicksal nicht entgehen kann. Der Film demonstriert diese These an der Figur eines Matrosen, der durch einen Zufall die Bekanntschaft einer jungen Entkleidungstänzerin macht, sie heiratet und glücklich wird. Allerdings läßt ihn der Gedanke nicht los, was gewesen wäre, wenn er damals nicht in die linke Seitengasse eingebogen wäre, in der er dem Mädchen begegnet ist, und ■ der Film zeigt, was ihm widetfahren wäre, hätte er sich damals für die andere Richtung entschlossen. Und nun versucht der Streifen, die Schicksalshörigkeit des Menschen, deutlich zu machen, indem er diesen Matrosen --naeh einigen;. Eskapaden-“ mit ,«ineti;a!)der<nj.„Dame“: zaletzt wieder in die Arme dieser naiv liebenden Entkleidungstänzerin gelangen läßt. Abgesehen von diesem billigen Drehbuchtrick, verstimmt bei dem Film besonders die branchenbedingte Neigung, ein pseudo-philoso-phisches Getue stets in dem düsteren Milieu von Kaschemmen, Halbwelt und Triebhaftigkeit anzusiedeln — als ob hier zu den Begriffen von Leben, Liebe und Schicksal besonders viel auszusagen wäre. Trotz einer gute» Kameraführung bleiben die Gestalten verlogen und leer, und der Dialog, der Mario Adorf, Karin Baal und der völlig fehlbesetzten Johanna von Koczian in den Mund gelegt wird, ist billigster Kolportagejargon.
Wesentlich ernster zu nehmen ist ein anderer deutscher Streifen, zu dem der große Routinier Somerset Maugham mit seiner Komödie „The breadwinner“ den Stoff lieferte. „M ein Mann, der G o I d e s e 1“, mit Gert Probe, ist ein amüsanter Komödienstoff mit einem bestürzenden Hintergrund, denn die Aussage ist von schockierender Konsequenz: Eine einundzwanzigjährige Ehe scheitert, weil die Familie in dem Gatten und Vater nur den geduldeten Geldgeber sieht, dessen ehrliches Bemühen und vernünftige Bescheidenheit als altersbedingte Rückständigkeit angesehen wird. Inmitten dieses komödienhaften Spiels vollzieht sich die Tragödie eines Menschen, der nun das Leben und die Seinen plötzlich in ihrer ganzen mühsam verhaltenen Lieblosigkeit erlebt, daraus die Konsequenz zieht und sie verläßt. Es wäre gefährlich, das Ganze nur als ein heiteres Spiel zu nehmen, wozu der leichte Ton vielleicht verführt. Es ist bei aller Frivolität und Direktheit mancher Szenen und Aussprüche eine eiskalte Demaskierung konventioneller Fehlhaltungen, allerdings wird auch die Ehe an sich in bedenklicher Verallgemeinerung abgewertet, wodurch zuletzt ein deprimierendes Fazit bleibt. Gert Fröbe bietet trotz einiger karikierender Züge eine eindrucksvolle Studie eines alternden Menschen, der nach einundzwanzigjähriger Ehe eine erschütternde Bilanz ziehen muß.
Filmschau (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Österreich):
II (Für alle zulässig): „Südseezauber“ —
III (Für Erwachsene und reifere Jugend): „Patricia und der Löwe“, „Zorro, der blutrote Adler“ — IV a (Für Erwachsene, mit Vorbehalt): „Mein Mann, der Gold-esel“ — IV b (Für Erwachsene, mit ernstem Vorbehalt): „Straße der Verheißung“, „Die teuflische Maske“, „Frühehe“.
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