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Kinderbücher

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Es kann dem Beobachter nicht entgehen, daß die Auswahl der Kinder- und Jugendliteratur, die von verschiedenen Verlagen in großer Anzahl herausgebracht wurde, nicht immer von der notwendigen Verantwortung getragen ist. Man sollte nie den Eindruck gewinnen, daß Autoren, die sich zu schwach wissen, ein gültiges Werk für Erwachsene zu schaffen, das „leichtere" Gebiet des Kinderbudies wählen. Audi wenn der gute Wille vorhanden ist, zeigt sich oft eine deutliche Unfähigkeit, sich in die Bedürfnisse des Kindes einzufühlen, und eine von den Erkenntnissen der Psychologie und Pädagogik völlig unbeschwerte Haltung. Dabei ist für das Kind das „Wie" des Gebotenen fast ebenso wichtig wie das „Was". So ist „Kinderwelt“ von E. Iberer, Verlag der Alpenbuchhandlung, Graz, ein traditionelles Kleinkinderbuch, das sowohl in den Bildern von E. Pamberger als in den Reimen einige nette kindliche Einfälle aufweist. Bei den Vier- bis Siebenjährigen dürfte „S c h n a p p u z i, der Schnupfenzwerg" von G. Bret- Schneider, Verlag Wiener Volksbuchhandlung, bald beliebt sein. Humor spricht aus dieser Vers- gesdiidite, die gegen Ende leider Flüchtigkeit verrät. Die leicht verständliche Handlung trägt dem Gerechtigkeitsgefühl des Kindes Rechnung: der übermütige Zwerg macht wieder gut, was er angestellt. Die Illustrationen von M. Doppler, treffend im Grotesk-Märchenhaften, versagen bei der Mensdiendarstellung. In einer netten Vers- gesdiichte, „T e d d y - K a s p e r 1 e“, Verlag Herder, Wien, erzählt H. Baravalle die Erlebnisse eines kleinen Bären. Die vertrauten Figuren des Kasperltheaters sind glücklich verwertet. „D er kleine Engel in Österreich" von H. von K 1 e e b o r n, Amandus- Edition, Wien, stellt einen interessanten und dankenswerten Versuch dar, dem Kinde eine erste Einführung in die österreichische Sagenwelt und in das christliche Brauchtum zu gehen. Es scheint hier die große Schwierigkeit auf, religiöse Gedanken und letzte Lebenserkenntnisse sinnfällig darzustellen. Das Werk muß daher oft in Äußerlichkeiten steckenbleiben, den Schein für das Sein geben oder in einen unkindlichen, lehr- ’laften Ton verfallen. Die Bilder stammen von den Schwestern Edith und Martha Prouza aus der Schule Prof. Cizeks. Wiederum ein sehr bemerkenswerter Versuch, dessen Ergebnis noch nicht abzusehen ist, weil Kinder im allgemeinen Kinderzeichnungen ablehnen und die vierzehnjährigen Schwestern in einem Alter sind, das vorwärtsschaut zu dem begehrten Erwachsensein und das dem eben entronnenen Kinderreich eher Verachtung als Verständnis zollt. Mit ähnlichen

Schwierigkeiten, die aber nicht so glücklich gelöst sind, kämpft das Advent- und Weihnadits- büchlein von R. Seidl, Verlag Herder, Wien: „Zwölf beglückende Gedanken, die sich um die Weihnacht ranke n“. Erlebniseinkleidung wirkt auf das Kind gewiß nachhaltiger als diese, wenn auch noch so liebevolle Belehrung, deren Sprache und Begriffe in der Prosa sich an mindestens Zehnjährige wenden, während die Verse und Bilder für die Kleinsten bestimmt sind. „Der Kinderspiegel" von A. J. G ü n t n e r, erschienen im Selbstverlag des Verfassers — eine schlechte Imitation des „Struwelpeters“ —, wurzelt in einer unwahren, liebelosen Welt, in der es nur überhebliche Belehrung, fraglosen Gehorsam oder Strafe gibt. Da muß das Kind zusammenbrechen, und die Ansätze zu einem freien Menschen werden begraben. Die Bilder von A. Nußbaumer wären besseret Verse würdig. Den Namen des Lyrikers Johann Pilz finden wir nun auf dem Kinderbuch „Unser tägliches Brot im Kreislauf des Jahres“, Ergon-Verlag, Wien. Es ist gewiß ein guter Gedanke, das Werden des Brotes den Kleinen besinnlich nahezubringen und mit Dank und Bitte an Gottvater zu schließen. Doch wirkt das Buch nicht überzeugend. Die Verse sind zu hochtrabend und zu stimmungsvoll gehalten, die sprunghafte und übergangslose Handlung stellt zu hohe Anforderungen an das Vorstellungsvermögen des Kindes. Die Bilder von M. W o 1 a k zeigen Ansätze zu zartem Märdien- kolorit, bleiben aber in der Strichführung sehr unbestimmt.

Die Erfahrung lehrt, daß die Psyche des Kleinkindes von den meisten Autoren besser und sicherer erfaßt wird, als die Bedürfnisse der älteren Jugendlichen. So zweifelt man bei dem Band „H urra, wir fahren in die Schweiz“ von R. Galle, Ergon-Verlag, Wien, ob es nicht besser ein Werk über Kinder für Erwachsene zu nennen sei. Wenn auch stellenweise ein kindlicher Ton getroffen wurde, so ist der Inhalt doch weder fesselnd noch erzieherisch oder lehrreich. Die Illustrationen, die H. R e i- dinger zeichnete, wirken steif und hölzern, worüber auch die gutgewählten Farben nicht zu täuschen vermögen. Eine Bereicherung für den Lesestoff der Älteren bieten die ,,M ä r c h e n und Sagen aus dem ötscherbereich“ von J. Haßlwander, Verlag Missionsdruckerei St. Gabriel, Mödling. Die kräftige, bildhafte Sprache und ein tief mystisch empfundenes Christentum lassen eine gefestigte Persönlichkeit vermuten.

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