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Für das Leben der Welt

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„Es geht ein Grauen um auf unserer Erde; es geht ein Zittern um auf allen Straßen der Zeit; wer wird uns retten, wenn der Tod kommt?“ Gertrud von le Forts Worte der Kongreßhymne, vertont von Joseph Haas, zu mondänen Bildern aus den Straßen von München bilden den Auftakt des großen Farbfilms „Pro m u n d i v i t a“ (Für das Leben der Welt), den die Filmkommission des Eucharisti-schen Kongresses München 1960 (Vorsitz Prälat Joseph Thalhamer) unter der Regie Rudolf Reissners im Bunde mit drei Filmteams (Bavaria. Greven-Film und Katholisches Filmwerk Rottenburg) gedreht hat. Ich kenne keinen religiösen Dokumentarfilm, der das an sich statische und ziir Schablone neigende Thema eines Kongresses so hinreißend bewegt und mit so moderner Bild- und Sinnbildsprache dargestellt hat wie dieser. Et schlägt Funken aus so starrem Gestein wie der Via Appia, dem Kolosseum und der Domitilla-Kata-kombe, er tastet die Randveranstaltungen, den Chansonabend Abbe Duvals, die Agapefeiern, die Una-sancta-Kundgebung, die Missionsausstellunig u. a. delikat und ehrfürchtig ab und stößt mit Wucht ins Zentrum, dae liturgischen Feiern vorn Mittwoch bis zum Sonntag. Die Höhepunkte: die Weihe der Todesangst*Chr,isti.K pelle in Dachau, die abendliche Kreuzesfeier bei Blitz und Donner und Wolkenbruch, die Samstagabendmesse nach byzantinischem Ritus und der feierliche Haupt- und Schlußgottesdienst vor eineinviertel Millionen Gläubigen mit der Gruß- und Segensbotschaft des Heiligen Vaters (zur Gänze in der Privatbibliothek des Papstes aufgenommen). Der Wiener Kopienschnitt ist besonders am Schluß robust. Nichtsdestoweniger hinterläßt der einzigartige Film einen überwältigenden Eindruck. Er läuft ab 2. März im Apollo-Theater zu Wien. Prädikat in Deutschland: „Besonders wertvoll“; in Österreich: „Wertvoll“. *

Vor einem Vierteljahrhundert ging mit „San Franzisko“ wie eine Rakete ein Filmtypus auf. der auffällig aus der religiösen Show Cecil B. De Milles bog. Vielleicht erinnert uns der jüngste Film dieser Gattung, „Der Teufel kommt um 4“, schon deswegen an ihn, weil Spencer Tracy wieder höchst eindrucksvoll den Priester spielt, dem es inmitten einer Naturkatastrophe auferlegt ist, einen an die Welt Verlorenen (damals Clark Gable f, diesmal fast gleich großartig Frank Sinatra) 2u Gott zurückzuführen. Ein Vierteljahrhundert liegt dazwischen. Erdbeben und Vulkanausbrüche sind noch perfekter, noch atemberaubender verfilmt, noch deutlicher aber drückt sich der Fortschritt in der differenzierten, brüchigen Gestalt des Priesters aus, einer Graham-Greene-Figur, die nichtsdestoweniger die Kraft und die Herrlichkeit Gottes widerspiegelt. Ein großer, herrlicher Film.

Im Humor der Woche ist die amerikanische „Heiratsmaschine“ über den französischen Leichenhumor von „Blonder Charme und schräge Schatten“ zu stellen. Fast unerlaubt und gesetzeswidrig von natürlicher Sitte „abgetrieben“ Ist ein wieder einmal verunglückter deutscher Problemfilm, „I c h kann nicht länger schweigen“. Unter den Reprisen der Woche mutet „Verdammt in alle Ewigkeit“ weniger verstaubt als „Der Fall Cicero“ an. Roman Herle

Filmschau (Gutachten der Katholischen Filmkommission für Österreich): III (Für Erwachsene und reifere Jugend, etwa ab 16): „Der Teufel kommt um 4“ *). „Der Schatz der Balearen“ — IV (Für Erwachsene): „Schlagerrevue 1962“, „Das Rätsel der roten Orchidee“ — IV a (Für Erwachsene, mit Vorbehalt): „Blonder Charme und schräge Schatten“ — IV b (Für Erwachsene, mit ernstem Vorbehalt): „Begierde am Meer“ — V (Abzuraten): „Ich kann nicht länger schweigen“. — *) = sehenswerte Filme.

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