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Zinsen statt Zins!

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In Oesterreich setzte schon vor dem ersten Weltkrieg eine weitgedachte staatliche Wohnbauförderung ein, die sich die Entwicklung in England, Deutschland und Nordamerika zum Vorbild machte. In den inneren Stadtbezirken wurde der Hochbau für Verwaltung und Handel gefördert, während für das Wohnwesen die „St ad t- Land-Bewegung“ maßgebend wurde. Die Wohnbaulenkung trachtet, am Stadtrand im Grünen Siedlungen mit Einfamilienhäusern und Gartenflächen zu gestalten, die durch Schnellbahnen mit den Arbeitsplätzen im Stadtkern verbunden werden und mit allen Hilfsmitteln für die Erziehung und Betreuung des Nachwuchses und der Familien ausgestattet sein sollen.

So entstand in Oesterreich im Jahre 1912 als erstes Beispiel die „O stmarksied-1 u h g“ am Küniglberg von Lainz, die noch heute als Mustersiedlung gilt. Dem Angestellten und Arbeiter mit mittleren Bezügen wurde damit die Möglichkeit gegeben, den Traum vom eigenen Hause mit eigenem Garten zu verwirklichen.

Der erste Weltkrieg brachte den Stillstand der Eigenheimbewegung, der zweite ihre völlige Zerrüttung.

So mußte die Regierung nach 1945 die Förderung der „S t a d t - L a n d - B e w e g u n g“ zurückstellen und sich darauf beschränken, nur den Wiederaufbau zerstörter Wohnungen und Geschäfte zu ermöglichen. Das Wohnhauswiederaufbaugesetz vom 16. Juni 1948 und das Wohnungseigentumsgesetz vom 8. Juli 1948 sollten die Mittel dazu bieten. Gegenstand des Wohnhauswiederaufbaugesetzes ist die Wiederherstellung der durch Kriegseinwirkungen beschädigten oder zerstörten Wohnhäuser und der Ersatz durch Kriegseinwirkungen zerstörten Hausrates. Das Wohnungseigentumsgesetz räumt das Recht auf ausschließliche Nutzung und alleinige Verfügung über bestimmte Wohnungen und Geschäftsräume ein.

Der Gesetzgeber war dabei von der Absicht geleitet, Personen, die durch Kriegseinwirkung ihre Wohnungen verloren hatten, eine Entschädigung dadurch zu schaffen, daß sie Eigentümer des ideellen Hausanteiles und der dazugehörigen Idealparzelle werden sollten.

Der Wohnungseigentümer soll nach einer bestimmten Frist zur Verhinderung der Spekulation über die ihm eigentümliche Wohnung verfügen können, so wie der Hausbesitzer über ein Haus. Er soll das Objekt belehnen, verkaufen und im Rahmen der Mictengcsetzgebung auch vermieten können. £ ***f **Sk i'-'M'% Mit der zunehmenden Anzahl der Wohnungen ist mit dem. weiteren Abbau des Mieter Schutzes zu rechnen, weil dieser bei genügendem Wohnung s-angebotiiberflüssigwird.

Von diesen Gesichtspunkten aus erscheint die Erweiterung des Wohnungseigentums an einem Wiederau f g e b auten Haus erstrebenswert, denn der Wohnungseigentümer erhält einen Kredit, der in hundert Jahresraten zurückzuzahlen ist. Er gibt statt Zins Zinsen und schafft sich “so.1 einen respektablen Gegenwert durch einen frei verfügbaren Hausanteil mit einer freien Wohnung.

In beiden Gesetzen ist vorgesehen, daß vor allem jenen A11-m retern Vorzug gewährt werden soll, die ihre Wohnungen durch Kricgserfignisse verloren haben. Nach dem Wohnungswieder-nufbaugesetz hat der Hauseigentümer die Wohn- und Geschäftsräume, die mit Hilfe des Wiederaufbaufonds wiederhergestellt wurden, jenen Altmietern anzubieten, die solche Räume durch Kriegsereignis s e v e r 1 o r en haben. Besteht aber an Wohnungen und Geschäftsräumen, die wiederhergestellt wurden, Wohnungseigentum, so sollte das Recht des Altmieters, diese Räume wieder zu erhalten, nicht geschmälert werden.

Leider hat aber der Gesetzgeber in diesen Belangen versagt.

Sowohl nach dem Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz wie nach dem Wohnungseigentumsgesetz kann das Anbot, sich am Wiederaufbau mit Hilfe des Fonds zu beteiligen, schon vor dem Ansuchen um Gewährung der Fpndshilfe gestellt werden. Hiezu genügt die Abscndung eines eingeschriebenen Briefes an die zuletzt bekannte Anschrift des Altmie.ters. Er muß binnen 30 Tagen das Anbot annehmen, sonst ist seine Optionsfrist erloschen. Leider enthält das Anbotschreiben auch die Bedingung, daß. der annehmende Altmieter gleichzeitig den Preis für den ideellen Grundanteil zu erlegen hat. der auf die Wohnung im Verhältnis zu den anderen Wohnungen im Hause entfällt. In den meisten Fällen ist er dazu nicht imstande. Die dreißigtägige Optionsfrist läuft ab und der Anspruch, Wohnungseigentümer zu werden, ist erloschen!

S o w ii rde das gutgemeinte Gesetz in nur zu vielen Fällen nur c i n e H i 1 Fe f Li r S p e k ü1 ante n. die bemüht waren, verbomb'te Grundstücke zu- erwerben und dann ihren Vorteil im Wiederaufbau mit dem zinsenfreien Kredit des W i ed e r a u f b a u f o n d s und dem Verkauf des Wohnung s-e i g e n t u m s , s c h o n vor Zuteilung des Bankkredites erblicken.

So widersinnig es klingt: der Wert vollkommen verbombter Grundstücke stieg dadurch so, daß er den eines intakt gebliebenen Wohnhauses um ein Vielfaches überwog. Die Hausbesitzer betrachteten es als ein Unglück, wenn ihre Mieter die Kriegsschäden aus eigenen Mitteln behoben und so verhindertem daß das Haus zur Ruine wurde. Sie sahen sich um den Gewinn gebracht, den sie erhalten hätten, wenn das Haus vollständig zerstört worden wäre.

.So ist es kein Wunder, wenn sich nun die Kriegsgeschädigten gegen diese Gesetze wenden.

Vor allem dürfen die verbombten Altmieter nicht schlechter behandelt werden, als die Hausbesitzer, die nach der gegenwärtigen Gesetzgebung vollkommen schadlos gehalten werden.

Diese Gleichstellung ist unschwer zu erreichen. Es ist durch das Gesetz lediglich auszusprechen, daß die ausgebombten Altmietcr den Hausbesitzern, die durch Kriegseinwirkung den Hausbesitz verloren haben, in Bezug auf die Fondshilfe gleichgestellt werden, wenn sie das lastenfreie Eigentum an einer baureifen Gartenbauparzelle nachweisen und erklären, auf dieser ein Einfamilienhaus mit so viel Wohnräumen errichten zu wollen, als sie durch Kriegseinwirkung verloren haben.

Gelingt es einem verbombten Altmieter, einen Baugrund mit G a r.t e n für die Errichtung eines Einfamilienhauses zu er werten, oder erlangen mehrere verbembte Altmieter den Gartenbaugrund' für ein Mehrfamilienhaus, so sollen diese ebenso der Förderung durch den Wohnhauswieder-. aufbaufonds für ein Objekt mit der gleichen Zahl'-von Wohnungen oder Geschäft's lo-kaLen t'e i 1-haftig . werden, wie die Hauseigentümer, deren Miethaus zur Bombenruine geworden war und die den Kredit auch für ein gleichartiges Miethaus erhalten.

Eine derartige gesetzliche Regelung würde keine Mehrbelastung für den Staatshaushalt bedeuten, denn es soll dadurch nur eine andere, aber gerechte Verteilung des Wohnhauswiederaüfbaufonds erfolgen.

Neben dem Ansuchen der Altmieter sollen alle jene Wohnungsuchenden unter der gleichen Voraussetzung (Besitz eines lastenfreien, verbauungsfähigen Gartenbaugrundes) berücksichtigt werden, die einen erheblichen erlittenen Kriegsschaden aufweisen, und schließlich sollen diesen beiden Gruppen ebenfalls unter der gleichen Bedingung alle Neuye r m ä h 11 e n gleichgestellt werden.

Der größte Teil der verbombten Häuser ist dank der Unterstützung durch die Gemeinschaft und die Initiative unserer Regierung wieder aufgebaut. Der Wohnbaufonds aber bleibt weiter bestehen, ebenso gehen die Zuschüsse für diesen weiter ein. Seine Verwendung zur Förderung von Eigenheimsiedlungen am Rande unserer Städte wäre eine soziale Großtat.

Zu diesem Zwecke wäre noch eine Bestimmung in das künftige Gesetz aufzunehmen:

Gegenwärtig wird der Wiederaufbaufonds von einer Kommission beim Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau verwaltet, die aus ei.nem Vorsitzenden, einem Stellvertreter und zehn Mitgliedern besteht.

In Zukunft sollen mindestens d re i Mitglieder aus dem Kreiis verbombter A11-mieter nach eijiem. Vorschlag, der Kriegsges c, h.'ä d i g t e n - O-r g a-n i s a t i o n e -n durch den Herrn Bundesminister für Handel und Wiederaufbau ernanntw'erde nv damit sie bei Vergebung der Fondsrhittcl das Interesse der verbombten Altmieter vertreten. '

..Wo. s.o.! I. d i e .S i ed.] e r.b.e w e g u n g ansetzen? An e i n e r S c h-n e 11 b a h n ! Es liegen bereits für Baugründe an der Südbahn und auch der' Nordbahnstrecke Vorschläge vor. Wohin sich das Interesse zunächst wenden soll, hängt aber letzten Endes von den Wünschen der Bauwerber ab.

Lim das zeitgemäße Siedlungshaus genau kennenzulernen, ist ein Baugrund an der Triester Straße vor dem Ortseingang der Stadt Bad Vöslau sichergestellt. Dort wird nach den Plänen des Architekten Professor Brenner ein Einfamilienhaus mit ungefähr 800 Quadratmetern Gartengrund errichtet. So sollen an einem praktischen Beispiel die Gestehungskosten für Bau und Errichtung festgestellt werden.

Hilft die Gemeinschaft, so wird das Z i e 1 : D a s Eigenheim im G r ii n en, auch in Oesterreich erreichbar sein.

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