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In diesen Tagen ist die erste Nummer der Monatsschrift der Sozialistischen Partei „D i e Zukunft“ herausgekommen. Ein vorläufiges Urteil über die Zeitschrift erlaubt zu sagen, daß sie sich als das Sprachrohr des demokratischen Sozialismus in unserem Lande darstellt.

Wenn man in dem Artikel „Österreich von heute“ am Schlüsse liest, es sei der feste Wille der Sozialisten, daß der Boden der Demokratie gesichert bleibe, während sich der Aufmarsch der Klassen vollziehe — und auch wenn der Kampf um die Macht im Staate beginne, darf man eben diese Worte als ein demokratisches Bekenntnis auffassen, trotz des Wortes vom Kampf der Klassen. Es ist überhaupt sehr viel vom Klassenkampf in der „Zukunft“ zu lesen und der große Aufsatz über „Neuorientierung des Bürgertums“ etwa ist ebenso wie die grundsätzliche Betrachtung „Österreich von heute“ aus der dogmatischen Perspektive des Gegensatzes von Arbeiterklasse und Bürgertum gesehen. Für die sozialistische Partei bleibt auch die ÖVP — dies geht aus allen Betrachtungen der Zeitschrift hervor — die Sache des Bürgertums, der Besitzenden. Über. diesen Punkt wird man mit der SPÖ schwerlich jemals zu einer übereinstimmenden Auffassung kommen können, so klargestellt gerade heute bei der bündischen Gliederung der ÖVP der wahre Sachverhalt ist. Dazu ist die ideologische Befangenheit auf der Linken zu groß. Der dogmatische Marxismus des Blattes wird auch bei der Behandlung des Verstaatlichungsproblem sichtbar. Kein Zweifel. Immerhin ist es ein demokratischer Sozialismus, der uns in dem Organ entgegentritt und man möchte nur wünschen, daß diese demokratische Linie niemals mehr aus der SPÖ verschwindet.

Kaunitz. Die Persönlichkeiten sind recht abenteuerlich geraten, die Ereignisse vollkommen willkürlich behandelt. Tatsachen weggelassen, andere frei erfunden. Die Neubearbeitung hat diese Mängel nicht beseitigen können, dagegen die Erotik des Buches auf' ein erträgliches Maß reduziert. Trotzdem hat das Buch schriftstellerische Qualitäten, die es lesenswert machen. Der Stil ist nicht immer einwandfrei, aber flüssig, oft oberflächlich, aber originell und geistreich. Glänzend schildert der Verfasser das blasierte und doch so kultivierte Milieu des Pariser Hofes. Schriftsteller, Schauspieler, Politiker und Intriganten ersdieinen vor uns. Die Figuren sind — bei aller historischen Untreue — geschickt gezeichnet und fügen sich wie von selbst zu einer geradlinigen und klaren, gut. komponierten Handlung. Die Stärke des heute schon halb vergessenen“ Autors, er starb 1895, lag in der Erzählung. Aber auch für das Dramatische muß man ihm eine gewisse Begabung zusprechen. Es wäre fast verlockend, den vorliegenden Roman ins Französische zu übersetzen und als Gesellschaftsstück zu dramatisieren. In den Haupt- und Nebenfiguren (Frauengestalten, König Ludwig XV.) und im Dialog bietet die Lektüre besonderen Reiz. Der Außenminister Machault ist ein Hofmarschall von Kalb, der preußische Gesandte von Knyphausen erinnert an Galomir in Grillparzers „Weh dem, der lügt!“, das Faktotum Amadeus Meyer kann mit jeder Nestroyfigur konkurrieren — alle Gestalten nicht ohne Kunst stilisiert und doch maßvoll-überzeugend realistisch . gehalten, so daß man etwa an die Art von Eugene Scribe: „Le verre d'eau“ erinnert wird. Hinter den Arabesken der Rokoko- und Sdiäferszenen erscheint ab und zu der glühende Patriotismus des österreichischen Gesandten Graf Kaunitz, der siegesgewiß und lächelnd sein Ziel, den Abschluß des österreichisch-französischen Bündnisses,

erreicht. „ „ ..

Eine Geschichte Österreichs in Einzeldarstellungen steht beim'Styria-Verlag Graz-Wien (Steir. Vcrlagsanstalt) vor dem Ersdieinen. Eine Arbeitsgemeinschaft namhafter Historiker und Pädagogen unter Führung des Direktors des Aka-demisdien Gymnasiums Graz, Dr. Ferdinand T r e m e I, hat es unternommen, die Eppchen der österreichischen Geschichte von der Römerzeit bis zürn Ende der ersten Republik für einen breiteren Lesekreis darzustellen. Die einzelnen Bändchen erscheinen im Laufe des Jahres 1946; im April werden zunächst ausgegeben „Die Zeit der Babenberger“ und „Die erste Republik“. — „Vorgeschichte und Römerzeit“, „Die Besiedlung Österreichs“, „Das Spätmittelalter“, „Glaubensstreit und Türk'ennot“, „Das Heldenzeitalter“, „Maria Theresia und ihre Söhne“, „Kaisertum Österreich“ folgen sodann.

Der Herausgeber sagt im Geleitwort: Die „Geschichte Österreichs“. .. will keine neuen Forschungsergebnisse an die Öffentlichkeit tragen, sie will nur die österreichische Geschichte vom österreichischen Standpunkte aus, zeichnen; sie will ehrlich bestrebt sein, die Wahrheit zu sagen, denn die österreichische Geschichte hat es nicht nötig, die Vergangenheit zu beschönigen; wir Wollen' nur das' Bild der Heimat vom Sdimutze befreien, mit dem es Unverstand und Haß beworfen haben. Wir wenden uns vor allem an die Jugend, denen unsere Hefte Behelf für Schule und Leben sein wollen, wir wenden uns an die Lehrer aller Schulgattungen, denen wir eine Grundlage für ihren Unterricht zu bieten streben, wir wenden uns aber auch an alle Erwachsenen, von denen wir glauben, daß sie Interesse an der Geschichte haben.

Schweizer Neuerscheinungen 1945/46

Biographien und Memoiren

„Leben und Schriften Ulrich Bräkers, des armen Mannes in Tockenburg.“ Dargestellt und herausgegeben von Samuel Voellfcny. 3 Bände, Halble inen Franken 9.—, Harbleder Franken 18.—. Verlag Birkhäuser, Basel.

Emil Erma tinger: „Jahre des. Wirkens“. 364 Seiten, Leinen Franken 12.50. Verlag Huber & Co., Frauenfeld.

Alfred S t u c k i : „Johann Friedrich Oberlin. Der Vater des Steintals“. Leinen

Franken 4.80. Verlag Friedrich Reinhardt A. G., Basel.

Alexander Puschkin: Briefe. Leinen Franken 14.—. Bühl-Verlag, Herrliberg-Zürich.

Georges C a 11 a u i : „General de Gaulle. Leben und Bedeutung“. 200 Seiten, Franken 6.50. Verlag Josef Stocker, Luzern.

Friedrich Muckermann: Wladimir S o 1 o-w l o w. 212 Seiten) Leinen Franken 7.20. Verlag Otto Walter A. G., ölten.

Friedrich Schlotterbeck : „Je dunkler die Nacht, desto heller;die Sterne“. 'Erinnerungen eines deutschen Arbeiters 1933 bis 1945. Leinen Franken 14.—. Europa-Verlag, Zürich.

Maxim G o r k i : „Erinnerungen an Tolstoi“.“ Pappband Franken 6.—. Verlag Oprec.ht, Zürich.

Geschichte

Benedetto Croce; „Die Geschichte als Gedanke und als Tat“. Übersetzt von F. Bondy. Einführung von H. Barth. 519 Seiten, Leinen Franken 15.— (Band 1 der Sammlung „Mensch und Gesellschaft“). A. Francke A. G. Verlag, Bern.

W. O. Kljutschewskij: Russische Geschichte. Von Peter dem Großen bis Nikolaus I. Übertragen und in zwei Bänden herausgegeben von Waldemar Jolles. 800 Seiten, Leinen

Franken 28.80, Halbleder Franken 65.—.

Artemis-Verlag, Zürich.

Fritz Lieb: „Rußland unterwegs. Das russische Volk zwischen Kommunismus und Christentum“. 474 Seiten, Leinen Franken 14.50 (Band 4 der Sammlung „Mensch und Gesellschaft“). A. Francke A. G. Verlag, Bern.

Werner N ä f : „Die Epochen der neueren ' Geschichte. Staat und Staatensystem vom Ausgang des Mittelalters bis zur Gegenwart.“ Zwei Bände. Band 1 gebunden Franken 20.—. Verlag H. R. Sauerländer & Co., Aaarau.

Philosophie

Hans Barth: „Wahrheit und Ideologie“. Untersuchungen über die geistige Maskierung und Demaskierung der Macht von Napoleon bis zur Gegenwart. Leinen Franken 13.—. Manesse-Verlag Conzett & Huber, Zürich.

John St. M i 11 : „Die Freiheit“. Neu übersetzt und herausgegeben von Dr. Adolt Grabowsky. Leinen Franken 12.50. Pan-Verlag, Zürich.

Stanislaw W a r y n s k, i : „Die Wissenschaft von der Gesellschaft“. Ubersetzt von K. Malecki. Geleitwort von K. Farner. 327 Seiten. Leinen Franken 11.50 (Band 2 der Sammlang „Mensch und Gesellschaft“). A. Francke A. G. Verlag, Bern.

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