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Aus der Welt der Kirche

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Man kann das heutige öffentliche Leben in Frankreich und seine großen geistigen Strömungen nicht verstehen, wenn man nicht um die aus den tiefsten Brunnschächten des französischen Katholizismus in den letzten Jahrzehnten hervorgebrochenen und heute schon überall bemerkbaren Strömungen weiß.

„M ission de Paris“ nennt sich eine zu Anfang 1944 ins Leben gerufene katholische Organisation zur Missionierung der Pariser Arbeiterwelt, die ihren „Sitz“, sofern man überhaupt von einem solchen reden kann, in Paris-Montreuil hat, der eigentlichen Hauptstadt des französischen Kommunismus. Gegenwärtig setzt sie sich aus siebzehn Priestern und etwa vierzig jungen Leuten zusammen, die sich zwar größtenteils ausschließlich Apostolatsauf-gaben widmen, äußerlich aber in völliger Armut einzeln das Leben der Arbeiter teilen. Die Priester unterscheiden sich weder in Haltung noch Kleidung von gewöhnlichen Proletariern, mit denen sie auch die Freizeit verbringen. Ursprünglich entstammen sie vorwiegend intellektuellen Kreisen. Einer der beiden Hauptbegrüjider ist Abbe G o d i n. Von ihm stammt das weitverbreitete und vieldiskutierte Buch „France, Pays de Mission“ sowie verschiedene Arbeitergebetbücher.

In materieller Hinsicht verlassen die Mitglieder sich einzig und in unbedingtem Vertrauen auf die Vorsehung Gottes, die ihnen aus jeder Verlegenheit hilft. Sie besitzen nach dem Beispiel der ersten Christen ihr Weniges gemeinsam und stellen es ihren katholischen und kommunistischen Kameraden zur Verfügung. Zusammen bilden sie jedoch nicht einen Orden, um nicht durch bestimmte Regeln in irgendeiner Weise sich abzusondern oder zu beschränken. Hingegen we den wichtigere Entscheide immer von allen und nach gemeinsamer Beratung gefällt.

Das Unternehmen, dessen Plan der kirchlichen Autorität unterbreitet und von ihr anerkannt worden ist, weist erfreuliche Zeichen des Wachstums auf; bereits haben sich über hundert Priester um Aufnahme beworben, doch wird strenge Auslese geübt und auf organisches Wachstum größerer Wert gelegt als auf ein überstürztes. Die Entdeckung von Priesterberufen ist in diesem militant kommunistischen Milieu keine Seltenheit. Die Begründer dieser „Mission de Paris“ haben die Erfahrung gemacht, daß das

Christentum einen um o durchschlagenderen Erfolg hat, je radikaler es verwirklicht wird. Die Priester, in ihrer Umgebung durchaus als solche bekannt und anerkannt, verkehren persönlich selbst mit den Führern der kommunistischen Partei und nehmen gelegentlich an deren Versammlungen und Diskussionen oft auch aktiv teil, obwohl sie die marxistische Doktrin als unhaltbar ablehnen.

Das bischöfliche Ordinariat in Berlin hat, wie der Vatikansender meldete, beschlossen, alljährlich am 5. November einen Gedenktag für die Berliner Opfer der nationalsozialistischen C h r i s t e n v e r f o 1 g u n g zu begehen. Der 5. November ist der Todestag des Berliner Domprobstes Lichtenberg, den die Gestapo um seines Glaubens willen unter erschütternden Umständen hinrichtete und der heute schon als Blutzeuge für die Grundsätze des Christentums und wahrer Menschlichkeit verehrt wird.

P. Pierre-Celestin L o u Ts e n g-Ts i a n g, ehemaliger chinesischer Gesandter in Bern, der vor kurzem in der Abtei St. Andreas bei Brügge zum Abt gewählt wurde, ist bekanntlich von Kardinal T i e n nach China zurückberufen worden, damit er an der Christianisierung des einheimischen Mönchtums mitarbeite. P. Lau sprach vor kurzem über seine Mission, die er in seiner Heimat zu erfüllen habe, folgendes: „Ich grüße mit tiefer und dankbarer Verehrung den wahren Retter Chinas, 'den Präsidenten und Generalissimus C h i a n g-K a i - S h e k. Ihm verdankt die ganze Welt, daß China während vierzehn Jahren der totalitären Macht die Stirne bot. Durch ihn war es den Vereinigten Nationen möglich, zu siegen. Meine Worte, meine Gefühle, meine täglichen und stündlichen Opfer gehören China. Wenn ich den Willen und die Kraft hatte, in den Orden einzutreten, hier zu verbleiben und mein Glück zu finden und mich hier ganz in den Dienst der Geistigkeit zu stellen, so verdanke ich das nach Gott an erster Stelle meinem Vaterland. Ich habe nie aufgehört, in Liebe für dasselbe zu leben und zu arbeiten. Das Christentum ist die Krönung des Konfuzianismus. Ich hege nur einen Wunsch: China — und damit dem ganzen Fernen Osten — das zu geben, was Gott mir selbst geschenkt hat.“

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