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Der bekehrte Challe
Was wir damit meinen, läßt sich at ehesten an den Wandlungen d Generals Challe zeigen, über den se: : dem Aprilputsch soviel Unsinn b( richtet worden ist. Challe war keine: 1 wegs ein Verschwörer von Anfan an. Wenn dieser Luftwaffengener; 1;seineräblt'-zuiH'; ai!hf jgfer Salätfs al ; Oberkommandierender in Algerien ei nannt worden war, so deshalb, weil e voll der in Marine und Luftwaff üblichen Urteile über den „reaktic nären Krieg“ der Landarmee in Al gerien war.
vertuscht durch den Umstand, daß Šartre, wie so mancher bedeutende Denker, im Praktischen nicht die Konsequenz aus seinen abstrakten Lehren :og, sondern sich mit dem üblichen, humanitär gefärbten „Progressismus “ aus dem 19. Jahrhundert begnügte Aufschlußreich war auf jeden Fall da: Verhalten des anderen Repräsentanter des Existenzialismus, des wenige: sturen, aber auch unsichereren C a- mus. Wenn dieser sich bis zu seinen brüsken Unfalltod nie Sartres Ver- dammungsurteilen über die Ultras an geschlossen hat, so war daran sicher' lieh nicht bloß die Rücksicht auf sein! in Algerien seßhafte Familie schuld wie man ihm unterschoben hat — zu mindest nicht im oberflächlichen Sinn
Die Überzeugung, daß dem Manne der etwas unbeugsam will, dieses aucl zufällt, gegen jede geschichtlichi Determination, haben die „aktivisti sehen“ Offiziere — die Bezeichnuni „aktivistisch“ hat hier ihren gute: Sinn — aus dem Indochinakrieg un dem in Korea mitgebracht. Dort habe: sie vom Gegner die Methoden über nommen, die sie in den letzten Jahre: in Algerien als „revolutionären Krieg' anzuwenden gesucht haben, diese seit same Mischung von modernen Waffen Guerillakrieg, Propaganda und sozia listischer Planwirtschaft mitten ir Kriege. In diesen jungen Hauptleutei und Obersten ist ein anderer Bestand teil jenes Affektes zutage getreten ,der ebenfalls revolutionär, nicht nac rückwärts gewendet ist. Man könnt ihn als „n a t i o n a 1 b o 1 s c h e w i s t i s c h“ bezeichnen, wenn ma damit vor allem den Stil meint — e schließt nämlich in der Praxis di scharfe Frontstellung gegen den al Hauptfeind geltenden Kommunismu russischer wie chinesischer Prägun nicht aug.
Er war denn auch anfänglich vo jener Mauer eisigen Mißtrauens uw geben, die die aktivistischen Offizier gegen jeden „von außen“ kommende errichten. Diese Mauer schmolz jedoc allmählich, als Challe auf lange Reisen durch das Land diese Offizier näher keanenltrt Er wrtdtekte: da bei, daß sie in ihrer Mehrheit gs nicht idaran dankten; upaiasitäreslnte) essen zu verteidigen; sie hielten sic gewisse „grand colons", die bis dahi Algerien beherrscht hatten, vor Leibe und glaubten, daß man die un geheuren sozialen Probleme dieses Landes nur mit einer sozialistischen Planwirtschaft meistern könne. Er erfuhr, daß sie den Algeriern gegenüber keineswegs von der üblichen Verachtung des „Sidis“ erfüllt waren, sondern dem Kriegsgegner, dem FLN, Respekt entgegenbrachten. Er erlebte, wie Berufsoffiziere mit dem Adelspartikel zusammen mit kommunistischen Soldaten aus dem Mutterlande hervorragende „Kommandos" bildeten.
Er sah, wie sie das Land verwalteten, Schulen organisierten, die Wirtschaft wieder in Gang zu bringen suchten, Algerier als „Hiwis“ gewannen. Kurzum, Challe lernte um über das „reaktionäre Algerienheer“. Von da an war sein Weg bis an die Spitze des Aprilputsches festgelegt.
Zweierlei Franzosen?
Wenige Tage nach dem Plebiszit ; vom 8. Jänner, in dem die Mehrheit i des französischen Volkes de Gaulle 1 die Vollmacht zur Liquidierung Al- i geriens erteilte, sprachen wir mit einem Offizier der Algerienarmee, der i übers Meer in den Urlaub gekommen war. „Ihnen als Ausländer kann ich es sagen: wir dort unten sind eine , andere Rasse als die hier. Es gibt zwei
Arten von Franzosen. Die einen wollen i ihre Ruhe haben und sich nicht beim l Geldverdienen und Gutleben stören ■ lassen. Sie flüchten sich hinter , de Gaulle als ihr Alibi. Warum sieht der General nicht, daß er nur mit uns t etwas bauen kann — nicht mit der
Mehrheit vom 8. Jänner, die ihn im l Stich lassen wird, sobald etwas schief- r geht? Gewiß, wir sind eine Minder- s heit, zahlenmäßig sind wir eine deut- s liehe Minderheit. Aber wir brauchen s uns der Mehrheit der Lauen (,les l mous‘, sagte er) nicht zu beugen, denn wir haben Frankreich auf unserer Seite...“
Das meint nun allerdings General de Gaulle selbst auch. Eines aber hat i jener Offizier sicherlich richtig ge-
sehen: daß die Mehrheit der Fran- e zosen, die mit dem Stimmzettel sich i zu de Gaulle bekennen, sich kaum für i ihn schlagen würde — weil sie näm- i lieh recht andere Wünsche hat als der e einsame Mann an der Spitze des fran-
diesįigii ugjje,!
r ist qrwaus-. rückwärtsgerichtetea unjį Srfvoiiyärg eÄnh., Eleįenfgg
I seltsam gemischte Affekt, der sich auf i der Rechten gegen ihn erhoben hat, i für de Gaulle eine ernsthafte Angelegenheit.
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