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Die „Grazer Sezession“

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Die „Grazer Sezession“ — deren Ausstellung in der Galerie Würthle viel Interesse erweckt — ist radikaler, diskussionsfreudiger und temperamentvoller als ihre Wiener Schwestervereinigung, wenn auch unausgeglichener in ihren Leistungen. Man merkt, daß es diesen steirischen Malern todernst um ihre Kunst ist und daß sie auch dort, wo sie sich vereinzelt ins Abstruse stürzen, dies um, der Sehnsucht nach der Wahrheit willen und nicht der Spielerei halber tun. Ernst besitzen alle, Gewichtigkeit einige, Anmut drei: Alfred Wickenburg zeigt sie in seinen Blumenbildern und seinen ornamental-abstrakten Aquarellen, Axel Leskoschek in sehr dekorativen Gouachen und Hans Nagel-m u e 11 e r in empfindsamen Zeichnungen. Hans Fronius hat einige seiner bekannten und wie immer vorzüglichen Zeichnungen ausgestellt; allmählich freilich wünschte man, Fronius möchte seinen Motivenkreis etwas erweitern und von der Illustration weiter abrücken, um Wiederholungen zu vermeiden. Ungewöhnlich begabt scheint Herbert Feiice zu sein; seine Ölbilder sind zwar grob, aber interessant in ihrer echten Freude am Farbigen und selbst Bunten. Edith F e 1 i c e s Tonplastiken gehören in die Kategorie des reizvollsten Kunstgewerbes ebenso wie die etwas, absonderlichen und liebhabermäßigen Aktbildchen Oskar Schmäh. Unter den Arbeiten Ernst Paars fallen wieder die feinen Zeichnungen auf. Von besonderer Art sind die Ölbilder Kurt W sb e r s : verkrampft, daß es den Augen weh tut, und doch gleichzeitig talentiert. Was dieser Maler bei entsprechender geistiger Lockerung leisten kann, zeigt sein Aquarell „Der kleine See“. Indiskutabel sind eigentlich nur die eiskalten Abstraktionen A d u a t z', während sich Franz R o g 1 e r vorderhand in Surrealismen, Drahtkompositionen und Schnurdekorationen austobt, ein enfant terrible, von dem man noch nicht recht weiß, was aus ihm werden soll.'

Im ganzen eine Ausstellung, an deren Objekten zwar vielleicht hier und dort etwas auszusetzen sein mag, die aber doch höchst ansprechend und sympathisch ist. Wir hoffen, daß dem ersten Gastspiel der „Grazer Sezession“ auf Wiener Boden bald weitere folgen werden; es ist ohnehin betrüblich, daß in Wien so wenig von dem Kunstschaffen der österreichischen Länder gezeigt wird.

Das Kunsthistorische Museum hat neuerlich eine Reihe prachtvoll restaurierter Säle seinen Schätzen und Besuchern zur Verfügung stellen können. Sie enthalten einen Teil der Sammlung gotischer Plastiken und vor allem herrliche Beispiele der niederländischen Malerei von Geertgen über Meinung bis Rubens. Hier bleibt weiter nichts zu sagen oder zu wünschen. Doch — eines: daß das Wiener Publikum, durch die wunderbaren, Berichte von den Erfolgen der Auslandsausstellungen des Kunsthistorischen Museums neugierig gemacht, dessen ungemeine Schätze endlich selbst häufiger und zahlreicher besuchen möge.

Schließlich bleibt noch eine kleine Verkaufsausstellung der „Neuen G a 1 e r i e“ zu erwähnen, vor allem eines frühen Faistauer-Bildes halber, das eine merkwürdige Mischung von Faistauerscher Innigkeit und Gauguin-Komposition zeigt und für die Kenntnis dieses bedeutenden österreichischen Malers von Wichtigkeit ist. Die graphischen Blätter Alexander R u t s c h s haben einige hübsche formale Einfälle, bleiben aber im effektvoll Gemachten ganz und gar stecken.

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