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Musik und bildende Kunst

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Die Ausstellung der „M u s i k a 1 i- schen Graphik“ in der Akademie für Musik und darstellende Kunst in der Lothringerstraße, über deren Ziele und Voraussetzungen in der letzten Nummer der „Furche“ von berufener Seite bereits ausführlich berichtet wurde, ist in mehr als einer Hinsicht aufsehenerregend und bemerkenswert. Sie liefert nicht nur den Beweis, daß zwischen den Formen der Musik, ihren „Zeitstilen“, und denen der bildenden Kunst — wie könnte es anders sein — enge Bezüge bestehen; sie zeigt auch eindringlichst, daß das von Musik inspirierte ausdeutende Schaffen, das ihr zugrunde liegt, geeignet ist, Leistungen hervorzubringen, die in den meisten heutigen Ausstellungen nicht nur bestehen könnten, sondern auffallen würden. Dies wiegt um so schwerer, als es sich bei den meist anonym bleibenden Schöpfern um Laien handelt, die entweder gar nicht oder erst später den Weg zur bildenden Kunst fanden, die Frage der Begabung damit sekundär in Erscheinung tritt. Die hervorragenden Blätter zeigen eine oft erstaunliche formale Geschlossenheit und farbige Ausgewogenheit, die einerseits mit der Sensibilität und der Empfänglichkeit ihrer Autoren, anderseits aber damit zusammenhängt, daß sie von bereits Gestaltetem — musikalischen Kunstwerken — ausgelöst und angeregt wurden. Ihre scheinbare „Gegenstandlosig- keit“ in Farbe und Form entspricht in Wahrheit der „Gegenständlichkeit“ der Musik und, wie die Ausstellung beweist, sehr konkret ihrer jeweiligen Form und Klangfarbe und auch ihrer „Räumlichkeit“, die Zuckerkandl nachgewiesen hat. Daß verschiedene Individualitäten durch das gleiche Musikstück zu beinahe identischen Leistungen veranlaßt wurden, scheint zu beweisen, daß es bei konzentrierter Hingabe an das Erlebnis sehr wohl eine objektive Erkenntnis in Hinblick auf den Ausdruck, die Form und den Inhalt des musikalischen Kunstwerkes geben muß. Der überzeugende Wert der „Musikalischen Graphik“, deren Bedeutung noch immer nicht voll erkannt wurde und ausgeschöpft erscheint, liegt nicht allein darin, daß sie geeignet ist, schöpferische Kräfte im Menschen zu wecken oder die Kongruenz zwischen den Künsten erleben zu lassen, das Verständnis der Musik zu vertiefen und bewußter zu gestalten, sondern auch in der heute so wichtigen Tatsache,, daß sie dem Leben und Wesen der Formen nachgeht und sie aus dem scheinbar, Dijparaten in das Gebiet der Anschauung zur Erkenntnis uffd damit in den Bereich einer reineren Humanität hebt.

Die Holzschnitte, Linolschnitte und Lithographien des jungen polnischen Künstlers Stefan S u b e r 1 a k, die in der „Galerie in der Biberstraße“ ausgestellt werden, sind durch ein üppiges dekoratives Gefühl, Fabulierkunst und gekünstelte Primitivität, die mit Elementen der Volkskunst und der „modernen Kunst“ spielt, ausgezeichnet. Märchenhaftes und Allegorisches verbindet sich in seinen allegorischen Figuren, die starken Gobelincharakter tragen.

Die Ausstellung von Herbert Benedikt in der Galerie Fuchs in der Millöckergasse erfüllt in ihren zeichnerischen, formalen und farbigen Leistungen vielleicht die Ansprüche, die heute an einen Dilettanten gestellt werden können, aber kei neswegs die, die an künstlerische Leistungen angelegt werden müssen.

Der junge — in Südtirol geborene und nun in Island lebende — Maler Richard V a 11 i n g o j e r ist in der Galerie Synthese am Graben durch sehr ernst bemühte Landschaftsbilder aus seiner neuen Heimat vertreten. In klaren Farbflächen aufgebaut, versuchen sie einem noch zu sehr plakativen Verhältnis zum Raum zu entrinnen, ln den Bildern „Island X“, „Farröer II, III“ entsteht ein gewisses atmosphärisches Leben, das nun der entschiedenen Umsetzung entweder auf dem schwierigeren Weg wirklicher plastischer Bildhaftigkeit oder in eine verdichtete Zeichensetzung bedarf Auf jeden Fall ist hier eine persönliche und ernste Bemühung zu spüren.

Jörg Ortaer stellt in der „Galerie im Griechenbeisl“ hervorragend gedruckte Graphiken (Lacouriere-Frelant, Paris) aus. Seine Blätter, die der Aquatinta „Dominikaner“ von Herbert Boeckl verpflichtet sind, stellen eine eindringliche Auseinandersetzung mit der Natur und mit Kunstwerken dar und beweisen nicht nur eine nach dem Wesentlichen suchende Begabung, sondern auch Sensibilität. Der von ihm unter großen Opfern herausgegebenen Mappe ist Erfolg zu wünschen, weil er ihn dazu führen müßte, seine Formen noch schärfer, noch eindringlicher zu präzisieren. Ach Jugend, o Wildnis!

Claus Pack

In der Kleinen Galerie (Neudeggergasse) beginnt die Saison mit einem Rückblick und einem Ausblick: Gleichsam als Nachklang des Sommers werden unter dem Titel „Rund um das Mittelmeer“ Aquarelle und Graphiken von Lia von L a r i s c h gezeigt. Die Künstlerin kennt den mediterranen Raum seit Jahrzehnten; sie nahm bereits vor dem Krieg als Zeichnerin an den österreichischen prähistorischen Grabungen im Nil-Delta teil. Ihre Landschaften offenbaren ein Talent das in der Tradition wurzelt und dem ein fast männlicher Duktus der Zeichnung eignet. Mit einer absoluten Ehrlichkeit der Mittel, die sympathisch berührt, erstrebt Lia von. Larisch die Darstellung des Anschaulichen.

Die andere Schau eilt dem Datum im Jahreslauf voraus und ist den Schwedischen Weihnachten gewidmet: Hausrat und Kunsthandwerk in origineller, materialgerechter, oft von der Folklore inspirierter Formgebung. Besonders hübsch der’ tütenförmige, köstlich stilisierte „Jul- tomte“ in Textildruck, ein fröhlicher kleiner schwedischer Weihnachtsmann, der sehr gut in diese ganze Atmosphäre paßt, in der, trotz formaler Wandlungen, noch immer etwas von der Freude am schönen, sinnerfüllten Hauswesen mitschwingt, wie sie aus den Worten und Bildern Carl Lars- sons spricht.

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