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Bücher der Kunst

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Linzer Teppiche. Zur Geschichte einer österreichischen Teppichfabrik der Biedermeierzeit. Von Dora Heinz. Herausgegeben vom Kulturamt der Stadt Linz im Verlage Anton Schroil & Co., Wien^ München. 68 Seiten, 27 einfarbige Bilder, 4 Färb-tafeln.

Die „k. k. Aerarial-Wollenzeug-, Tuch- und Teppichfabrik in Linz“ erzeugte von 1796 bis 1850 gewebte Maschinenteppiche von beachtlicher Qualität, die den Stilwandcl vom heimischen Klassizismus zum Biedermeier und zum zweiten Rokoko in Musterung und Farbenwahl getreu widerspiegeln Zwar wurde die aus einem Privatunternehmen entstandene Fabrik von namhaften Fachleuten geleitet, doch konnte sie sich unter behördlicher Bevormundung niemals frei und voll entfalten; entsprechend dem eigenartigen System der Entlohnung der Weber mußte die Betriebsleitung -. B. auf die Verwendung der neuangeschafften modernen Jacquard-Webstühle wieder verzichten und mit veralteten Maschinert weiterarbeiten. Das Dahinsiechen des Unternehmens bietet ein klassisches Beispiel für die Schwierigkeiten, denen die Führung staatlicher Betriebe begegnet. Es erlag der Krise, die dem Revolutionsjahr 1848 folgte.

Als einziger Rest der einst umfangreichen Linzer Teppichproduktion lassen sich heute noch 3 3 verschiedene Teppiche, zumeist in musealem Besitz, nachweisen. Dora Heinz hat in fleißiger Arbeit über diesen kargen Bestand ein Buch geschrieben, das durch Saubere Diktion und ausgezeichnete Ausstattung zu einer mustergültigen Leistung erhoben wird; die Arbeit eröffnet einige interessante Ausblicke auf andere Teilgebiete des österreichischen Kunstgewerbes, so auf die Raumausstattung des Empire und das Schaffen der Porzellanmanufaktur im Augarten.

Dennoch läßt sich der Gedanke nicht abweisen, daß man mit einem ähnlichen Ausmaß an wissenschaftlicher Arbeit und den gleichen Mitteln statt eines Themas von geringem und bloß lokalem Interesse eines der weltweiten, packenden Probleme der österreichischen Wirtschafts- oder Kunstgeschichte hätte erforschen und angemessen darstellen können.

Alfred Wickenburg. Von Trude A 1 d r i a n. Leykam-Verlag. Graz. Format: 20 zu 15 Zentimeter. 60 Seiten Text und Bildverzeichnisse. 30 Bilder, davon sieben farbig.

Trude Aldrian hat ein sehr kluges kleines Buch als offizielle Festgabe zum 70. Geburtstag des steiri-schen Malers geschrieben, der durch seine Beziehungen zum französischen Kubismus und der Neoklassik des modernen Italien mit seinen Schöpfungen im Ausland weit mehr Verständnis fand und finden mußte als in seiner Heimat, in der das unermüdlich ernste, aber stets experimintal anmutende Streben Wickenburgs nur eine dünne Schicht von fachlich Interessierten fesseln, aber — Hand aufs Herz — die Mehrzahl der geistig Lebendigen nicht berühren konnte, denen die abstrakte. - zumeist dekorative Uniprägung, welche die Natureindrücke in Wickenburgs Gemälden erfahren, als eigenwillig und gesucht, als Spiel und nicht als innerstes Müssen erscheint. Erst wenn das aggressiv Revolutionäre in diesen Mälwerken einmal nicht mehr die Aufmerksamkeit der Betrachter restlos absorbieren wird, dürfte es allgemein einleuchten, welche bannende Gestaltungskraft, welcher künstlerische Ernst hinter diesen scheinbar willkürlichen Formen- und Farb-Spielen steht, welche oft dämonische Stimmungsgewalt in manchen dieser Bilder lauert und daß hinter allen einander scheinbar widersprechenden Stiltendenzen seiner Bilder ein Künstlers steht, der in einer mit sich zerfallenen Epoche schwer um sein eigenes Wesen und dessen künstlerischen Ausdruck gerungen hat.

Der Tiroler Bildhauer Franz Santifaller. Von Otto von Lutterot.ti. Inn-Verlag, Innsbruck. Preis 24 S.

Die Existenzberechtigung für dieses Buch sieht der Verfasser darin, daß Santifaller der bedeutendste Tiroler Bildhauer aus der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen war. Und es dürfte schwerfallen, die Wertung zu korrigieren. Der Künstler, eine Art plastischer Partner zur großformig vergeistigten Schaffensweise des gereiften Egger-Lienz, kam in Wien in den Bannkreis Hanaks, dem er sich aber mit starker Eigenwilligkeit rechtzeitig zu entziehen wußte. Ivan Mestrovic und der Franzose Bourdelles, von ihm hoch verehrt, konnten seine schon gefestigte Persönlichkeit nicht mehr formal beeinflussen. In den letzten fahren sah er sich von seinem Standpunkt der monumentalen, aber nicht völlig naturfremden Form aus genötigt, der entpersönlichenden, abstrakten Kunst leidenschaftliche Fehde anzusagen. Es ist ein Verdienst des Verfassers, daß er Seine Arbeit so bald nach dem Tode des Künstlers erscheinen ließ; nur so war es ihm möglich, in Verbindung mit der Witwe des Verstorbenen einen ..umfassenden und zeitlich genauen“ Werkkatalog zusammenzustellen.

Unter den beigegebenen Abbildungen seiner Werke und Skizzen haben die religiösen Themen und Porträtbüsten einen großen Anteil. Alle, die den Künstler selbst persönlich kannten, werden bestätigen, daß seine Persönlichkeit und sein Schaffen richtig erkannt und beurteilt sind.

Das rechte Maß bei Albrecht Dürer. Von Wilhelm Funk. Verlag Glock und Lutz, Nürnberg. Pirk-heimerianum, Bd. 13.

Der Verfasser bekennt sich als ein Schüler Lorenz Reinhard Spitzenpfeils, der ihm als Hauptvertreter der neuesten „Maß“forschung gilt. Die Diskussion um die Bedeutsamkeit dieser Forschung entzündet sich vornehmlich an den theoretischen Schriften Albrecht Dürers, die von den humanistischen Zeitgenossen des Meisters und wohl auch von ihm selbst fast höher gewertet wurden als seine künstlerischen Leistungen, später aber und auch von Menschen heute noch als verlorene Zeit auf das Verlustkonto seiner schöpferischen Kraft gebucht werden. Und Dürer ist. nur der markanteste, aber bei weitem nicht der einzige literarische Vertreter dieser Theorie, die bis auf Plato zurückzuführen ist und erst durch die „darstellende Geometrie“ von Caspar von Monges 1794 abgelöst wurde. „Heute dürfte sich ein Architekt nicht mehr mit dem Zirkel porträtieren lassen, sondern nur mit der Reißschiene oder noch besser mit dem Rechenschieber“ (S. 49). Corbusier spricht von der Zahl als der „Waffe der Götter“. Dieser Wandel bedeutet einen „Verlust der Mitte“ und somit ein Abrücken von den Ideen des Weltbaumeisters, der nach einem schönen Wort von loh. v. Saatz das „Mittel aller Zirkelmaße“ selber ist und der von ihm geschaffenen Natur dieses Gesetz eingeprägt hat. Somit beziehen diese Studien auch die religiöse Sphäre in ihren Bereich. Die Abhandlung wird wohl ganz im Detail nur für den nicht allzu großen Kreis von „Maßforschern“ ganz verständlich sein, fordert aber in ihren durchgehenden Gedanken Künstler und Kunsthistoriker zur Stellungnahme heraus.

Univ.-Prof. Dr. Anselm Weißenhofer

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