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Alte Meister, Zeitgenossen

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Vergangene Woche wurde in der Graphischen Sammlung Alberttna die diesjährige Sommerausstellung „Meisterzeichnungen der Albertina“, die bis September geöffnet bleiben wird, dem Publikum zugänglich gemacht. Dabei hat sich ein kleines Pfingstwunder ereignet, denn den Besucher, der vielleicht erwartete, die für diesen Zweck nun schon bekannte Kollektion wiederzufinden, zu deren „pieces de resistance“ unter anderem immer wieder Dürers „Feldhase“, „Veilchenstrauß“, „Jesuskind mit der Weltkugel“ und eines der „Rasenstücke“ zählten, sieht sich nun einer neuen Kollektion, ja sogar einem neuen Konzept gegenüber. Chronologisch so geordnet daß man zuerst einen Korridor mit den Werken des 19. und 20. Jahrhunderts durchschreiten muß, werden diesmal seltener oder nie gezeigte Meisterwerke der Albertina vorgeführt und zwar vorwiegend Großformat und in einer weise begrenzten Zahl von 135 Blättern, die damit die Aufmerksamkeit des Publikums nicht überfordern und gleichzeitig den Bogen der Meisterzeichnungen von Lorenz Ghiberti — und auch das ist eine Neuerung — bis Picasso spannen. Der zu erwartende Fremdenstrom wird auch bei den nun ausgestellten Dürerzeichnungen auf seine Rechnung kommen, sind doch unter den 14 Blättern das „Bildnis von Dürers Vater“, die frühe „Felslandschaft mit Schloß“, der „Hof der Innsbrucker Burg“, und der „Leichnam Christi“ zu finden, die auf das kommende Dürer-Jahr vorbereiten. Wie reich diese erstaunliche Sammlung ist, zeigt sich ferner an den selten oder bisher nie gezeigten Blättern wie dem überraschenden Hans Mielich „Die Auferweckung des Lazarus“, Albrecht Altdorfers „Waldmenschen“, Tizians schöner „Landschaft mit Knaben“, Ghibertis Studien, Lionardos Karikatur, den drei Zeichnungen von Michelangelo und den vier Raffaels, dem „Herrenbildnis“ Clouets und den anderen Arbeiten von denen, als besonders beachtlich, jene von Luca Cambiaso, Bosch, Breughel dem Älteren, Bartholomäus Spranger, Rubens, Jan Liss, J. H. Roos, Lanfranco, Pietro da Cortona, Pittoni, Fragonard, Wille, Hubert Robert Guardi, Menzel, Schindler, Thoma, Romako, Rudolf von Alt, Pettenkofen und Leibi hervorgehoben seien.

Unter den Meistern des 20. Jahrhunderts dominieren eindeutig Renoir, Matisse, Kokoschka, Dix und Picasso — Kandinsky wirkt merkwürdig verstaubt und Cecil van Haanen deplaciert. Eine schöne und erfreuliche Ausstellung der auch viele einheimische Besucher zu wünschen sind.

In der Galerie Seilerstätte zeigt der aus Island gebürtige G. S. Gudlaug-son dekorative schönfarbige Mono-typien die mit ihren dunklen Blau, dem Gelb, Grün und Purpur in ausgewogenen Feldern und vegetabilen Formen manchmal die Landschaft und die hellen Nächte des Nordens suggerieren, wenn sich ihre Elemente nicht in einem freien ornamentalen Spiel bewegen. Mit Aquarellen stellt sich Traudl Pichler in der Galerie Nagl vor. Sie sind in Spanien entstanden und kontrastieren stark mit den früher in Wien gezeigten Bildern der Malerin die einem strengeren Formgesetz huldigten. Hier werden Farbe und Form sehr frei und aufgelöst behandelt, das Atmosphärische tritt in den Vordergrund, und zwischen Kokoschka und Moldovan wird ein spätimpressionistischer Expressionismus an die Grenzen der Gegenständlichkeit getrieben. Sehr reizvoll sind die Bilder des „naiven“ Malers Rudolf Geyer, eines Kupferschmiedes, der vor seiner Pensionierung in der VOEST tätig war und nun Landschaften, Genreszenen, Heiligenbilder und Erinnerungen an seine böhmische Heimat malt. In der Galerie .^Autodidakt?' sind jetzt seine „Holzfäller“ und „Holzführer“, „Melk“ und die „Donau bei Wien“, die köstlichen „Spaziergänger“, die „VOEST“, das „Moldauherz“ und einige „Portraits“ zu sehen, die alle durch ihre Echtheit wie Volkskunst überzeugen.

• Die Internationale Lenau-Gesell-schaft, die im vergangenen Jahr in Temesvar getagt hatte, führte ihr Jahrestreffen 1970 in der Zeit vom 11. bis 14. Mai in Freiburg/Breisgau durch. Auf dem Programm standen u. a. Vorträge von Literarhistorikern aus Klausenburg, Belgrad, Zagreb, Budapest, Breslau und unseres Theaterkritikers Prof. Karl Maria Grimme sowie des Freiburger Germanisten Prof. Gerhart Baumann.

• Die VIII. Internationale filmwissenschaftliche Woche in Wien vom

2. bis 5. Juni 1970 umfaßt drei Fragenkreise: 1. Der Standort der Wissenschaft von den Bildmedien. Dazu dient die Festsitzung „10 Jahre Internationale Vereinigung für Film-und Fernsehwissenschaft“ und die Arbeitsgruppe Filmforschung. 2. Die Kooperation der Filmhistoriker. Dazu dient das Symposion „Anfänge und Entwicklung des Films in den Ländern, die zur Österreichisch-Ungarischen Monarchie gehörten“.

3. Die Neuordnung der Medienerziehung. Dazu dient die Sitzung der Arbeitsgruppe „Film- und Fernseherziehung“. Außerdem begeht das österreichische Filmarchiv die Feier seines 15jährigen Bestandes und zeigt die Ausstellung „75 Jahre Film — Österreichs Beitrag“ in den Räumen des Schlosses Laxenburg.

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