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Und was bleibt?

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Die Festwochen boten — und bieten noch — einen Ueberfluß an interessanten und gelungenen Ausstellungen. Doch was bleibt von all dem, was wir gesehen haben? Im Sieb der Erinnerung sind die Eindrücke haften geblieben, die das eine oder andere Bild in diesen Ausstellungen hinterlassen hat; von diesen Bildern soll hier gesprochen werden.

Da sind zwei Holzschnitte von Karl Heinz Hansen, Sao Paolo (Kollektion im Künstlerhaus), im Gedächtnis' geblieben; der eine zeigt ein Mädchen, das eine Katze in den Armen hält, das andere einen Mann, der einen Papagei im Käfig betrachtet. Das Gesicht des Mädchens und das des Mannes aber haben sich verwandelt und den Ausdruck der Katze und des Papageis angenommen; der Umgang mit Tieren, die tropische Atmosphäre hat sie in seltsamer Weise verwandelt. Auch die Holzschnitte aus den Totenhäusern haben Spuren hinterlassen.

Aus der lahresausstellung der Künstlergruppe „Der Kreis“ (Künstlerhaus, Französischer Saal) ist es vor allem anderen ein Oelbild, „Das Uhrwerk“ von Ernst Höffinger, eine in schönes Blau gebettete Konstruktion, in der Zahnräder, Zahnradsterne und der Halbmond ineinandergreifen, Sternzeit und Weltzeit in eins fügend. Von Ferdinand Stransky. zu dessen 50. Geburtstag „Der Kreis“ eine kleine Sonderschau veranstaltet, fallen die abstrakt-dekorativen Temperablätter auf, die eine neue Periode des Künstlers ankündigen. Von Leo Tichatschek kann der „Tänzer“ (Feder laviert) besser überzeugen als die „Brücke unter dem schwarzen Mond“. Von Hilda Sapper bleiben die Fragmentstickereien in Erinnerung, so die „Weiße Lilie“ und die „Pompejanische Impression“. Von den Gästen hinterlassen Andre Enard, Henri Laurens, Gottfried Goebel, Greta Freist, lohn Koenig und Jean Milo mit ihren Arbeiten (Lithos, Gouaches, Siebdrucke), die alle einen Zug ins Kunstgewerbliche haben, den stärksten Eindruck. Von den Oesterreichern müssen noch Paar, Moser, Schmitt und Baminger genannt werden. Das einzige, was an der Ausstellung stört, sind die mitunter häßlichen Rahmen, durch die manch ein Bild entscheidend verliert. Beim Altwarenhändler erstandener Ramsch wird auch dann nicht schöner, wenn man ihn weiß überpinselt.

Die „österreichische Landschaftsmalerei von Schindler bis Klimt“ (Akademie) entwickelt sich vom großformatigen, komponierten Landschaftsbild, das von realistischem Pathos erfüllt ist, zu den nicht-perspektivischen, dekorativen Gemälden Klimts. Viele Bilder, die auf dem Wege dieser Entwicklung entstanden sind, werden bleiben. Der „Nebelige Morgen“ von Jacob Emil Schindler oder seine „Pappelallee bei Plankenberg“; vielleicht die an Schindler geschulte „Holländische Straße“ von Tina Blau, einer Künstlerin, die neben ihrer Zeitgenossin Olga WisingerFlorian zu oft vernachlässigt wird; die steifen exotischen Schwärmereien eines Leopold Karl Müller, einst viel bewundert, sind heute längst zerfallen und zur Opernkulisse geworden. Von Theodor von Hörmann wird die leichte, duftende Impression „In den Tuilerien“ bleiben, von Carl Moll vielleicht die „Winterlandschaft“ oder der „Olivenhain, Rapallo“. Von Gustav Klimt alles: vom frühen „Föhrenwald“ (1903) bis zur späten, unvollendeten „Gartenlandschaft“; von den „Obstbäumen“ (1902) bis zum „Gasthof Litzelberger-Keller am Attersee“ (1916). Dieses und das andere Atterseebild, das pointillistisch gemalte „Schloß Kammer“ zeigen in ihrem Ineinander und Gegeneinander von See und Bäumen, die duich das Ufer nicht mehr getrennt, sondern aus „demselben Stoff gemacht“ sind, das Ornamental-Dekorative der reifsten Phase in Klimts Schaffen.

Alte und neue chinesische Farbholzschnitte sind in der Galerie des Kunstverlags Wolfrum (Eingang Lobkowitzplatz) zu sehen. Vorlage der Holzschnitte waren Aquarelle, die durch mehrfarbigen Holztafeldruck vervielfältigt wurden. Die Ausstellung zeigt Oiiginale aus dem „Lehrbuch der Malerei aus dem Senfkorngarten“ der Brüder Wang (um 1700) und Blätter nach Aquarellen des heute 94jährigen Chi Pai-Shih. Von den „Teichrosen“ bis zu den „Heuschrecken in Blüten“ spannt sich eine zarte Welt, in der man leben kann.

In der Neuen Galerie (Grünangergasse 1) läßt uns Louise Maria Autzinger einen Blick in die Werkstatt einer Gobelinweberin tun. Sie webt „ohne festen Entwurf, gleichsam mit den Wollfäden“ malend, um „aus dem Wesen der Farben erst das Motiv entstehen zu lassen“. Gobelinweben muß eine Arbeit sein, die viel Freude macht; denn von allen gezeigten Arbeiten strahlt Freude aus, wie sie ein Frühlingstag geben kann; eine der schönsten von ihnen heißt auch „Frühling“. Daneben, hängen farbige Skizzen: Gobelinentwürfe.

Die Secession beherbergt derzeit drei Ausstellungen: eine ist Paul Klee gewidmet, eine der Kunst-gewerblerin Frau Prof. Emmy Zweybrück, die in New York als Art Director der „American Crayon Company“ (die übrigens vierteljährlich die Zeitschrift „Everyday Art“ herausgibt) tätig ist, und die dritte der „Wienet Secession — Zwei Generationen“. Die poetischen Titel, die Paul Klee seinen Bildern gab, sind auf die so anders gearteten Künstler der Secession nicht ohne Einfluß geblieben: Paul Meissner nennt eine Komposition „Denkmal der gefangenen Vögel“, Gerhard Swoboda seine Figuren „Wappen der Sphinx“, Arnulf Rainer seine Flächenkonstruktion „Architektur des Abends“. Rudolf Richlys „Häusermeer“ ist umgekehrt im Charakter, nicht in der Namensgebung von Klee beeinflußt. Von Do-browsky hängt das bewegte „Große Erntebild“, von Albert Paris-Gütersloh ein „Stilleben“ mit schillernder Oberfläche, von Egon Haug die Monotypie „Slowakischer Hirte“, von Lois Pregartbauer das Pastellbild „Genua“, in dem sich Turner und Dufy begegnen. Man muß noch mehr Namen nennen: Staudacher, Mikl, Kosel, Zülow, Beschorner, Szeni... Der „Verwundete Büffel“ von Elisabeth Turolt, eine Terrakottaplastik, hinterläßt nachhaltigen Eindruck.

Wiener Festwochenausstellungen... Aber was bleibt? Wieland Schmied

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