Werbung
Werbung
Werbung

Das Museum der Moderne in Salzburg ist eröffnet: Seine Architektur wie seine Sammlung sind voll von geglückten Überraschungen.

Salzburg hat endlich sein Museum der Moderne. Nach nur dreieinhalbjähriger Bauzeit wurde es mit einer großen Präsentation zur Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts eröffnet. Mehr sein als scheinen darf als Charakteristik dieses Museums der Münchner Architekten Friedrich, Hoff und Zwink gelten, das als streng langgestreckter Kubus dem Mönchsberg wieder einen Akzent verleiht. Seine eigentliche Architektur entfaltet sich erst im Innern. Über dem S-förmigen Grundriss entwickelt sich der Bau analog zur Geologie des Geländes schichtweise in vier Etagen aus der Tiefe nach oben. Man ist überrascht vom spannungsvollen Kontrast zwischen schlichten Ausstellungsebenen und den von oben lichtdurchfluteten Treppen, zwischen geschlossenen und mit unerwarteten Ausblicken in die Natur sich öffnenden Räumen, in denen Landschaft gleichsam als Bildausschnitt einbezogen wird.

Mit der Premiere will Direktorin Agnes Husslein-Arco den hohen Anspruch an das MdM Mönchsberg für die Zukunft anmelden. Ihre "Vision einer Sammlung" geht zum einen vom Bestand im eigenen Hause aus, d.h. auf den von Friedrich Welz und später vom Gründungsdirektor des Rupertinum, Otto Breicha, erweiterten Fundus mit den Schwerpunkten vor allem expressionistischer Graphik und Werken der klassischen Moderne sowie auf die in den 1980er Jahren aufgebaute Abteilung für Fotografie und Medienkunst. Zum anderen entsteht Dank prominenter und langfristig gebundener Leihgeber (u.a. Sammlung Thyssen-Bornemisza, Batliner Art Foundation, Sammlung Ploil) ein hochkarätig bestücktes Sammlungsprofil. Die in manchen Bereichen sehr dicht gehängte Ausstellung ermöglicht vergleichende Betrachtungen unterschiedlicher künstlerischer Positionen.

Die klassischen Gattungen Porträt, Landschaft, Stilleben am Beginn der Moderne bilden den Auftakt. Hier begegnet etwa Gustav Klimts "Attersee" von 1915 dem "Haus in den Rosen"(1925) von Claude Monet und der kristallinen "Sommerlandschaft" (1923) von Adolf Erbslöh oder das Nagel-Objekt "Malträtierter Wald, Mein Aquarell"(1984) von Günther Uecker den Landschaften der Brücke-Künstler. Mit dem "Mädchenbildnis" von Oskar Kokoschka tritt das nur wenig jüngere Gemälde "Kind mit Puppe" von Alexej Jawlensky in Dialog. Neben solchen und anderen Werken von Amadeo Modigliani, Giorgio de Chirico, von Emil Nolde und August Macke, von Erich Heckel und Ernst Ludwig Kirchner oder von Max Beckmann und Pablo Picasso haben es die gezeigten österreichischen Künstler hin und wieder schwer sich zu behaupten.

Den vorzüglichen Eigenbestand beweist die Schau im Bereich Aktionismus und Körper-Kunst etwa mit der großen "Kreuzigung" von Alfred Hrdlicka, mit "Das letzte Abendmahl" von Hermann Nitsch oder Arbeiten von Günter Brus, bereichert u.a. um eine jener "Anthropometrien" (Körperabdruck) von Yves Klein aus dem Jahr 1960.

Sammlungsschwerpunkt des Rupertinum war stets das künstlerisch hinterfragte Bild des Menschen. Daraus erklärt sich ein größerer Nachholbedarf bei der abstrakten Kunst. Hier zeigt die Ausstellung u.a. Werke der russischen Avantgarde, herausragend "Schwarzer Kreis" (1915), eines der Hauptwerke von Kasimir Malewitsch, entstanden im Zuge seiner radikalsten Reduktionen. Imi Knoebels "Figurenbild" (1989/98) gegenüber ist ein vorzügliches Geschenk an das neue Museum. Hinter der dämonischen Metall-Figur von Alexander Calder öffnet sich die Sicht auf die Skulpturen-Terrasse mit Bildwerken von Fritz Wotruba und Henry Moore; Karl Prantls grün schimmernder Serpentin-Ring setzt einen Akzent an der Südseite des Hauses.

Im obersten Stockwerk finden sich "Metamorphosen der Pop-Art", Kunst im Diskurs mit Konsum. Zu den Maschinenskulpturen von Sylvie Fleury und Bruno Gironcoli gesellt sich Max Ernsts kleiner Maschinenmensch "Loplop" (1930). Die Rückkehr der Künstler seit den 1980er Jahren zum Bildgegenstand, zur Frage nach dem Selbst und der Welt repräsentieren großformatige Bilder von Alois Mosbacher, Gunter Damisch oder Hubert Scheibl, daneben Francis Bacons "Sitzende Figur" von 1960.

Die geplante Positionierung des Museum der Moderne wird überzeugend gelingen, wenn vor allem aus dem eigenen Sammlungsprofil heraus neue Perspektiven gewonnen und auf hohem Niveau dargestellt werden. Gleiches möchte man auch für das weitere Programm des Rupertinum wünschen. In der Auseinandersetzung mit dem Menschen, seinen Sehnsüchten und Ängsten findet die bildende Kunst eines ihrer Hauptthemen, vergleichbar jenen auf den Bühnen von Theater, Domplatz und Festspielhaus. Eine codierte Anspielung ist die Fassade des neuen Museums: sie "atmet" in der Verteilung der Luftschlitze in einem Rhythmus, dessen Struktur die Partitur von Hauptarien aus Mozarts "Don Giovanni" widerspiegelt.

Vision einer Sammlung

Museum der Moderne Mönchsberg, Mönchsberg 32, 5020 Salzburg.

www.museumdermoderne.at

Bis 6.3.2005 Di - So 10 -18, Mi bis 21h

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung