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Österreichische Kunst der Zwischenkriesgzeit im Wiener Leopold Museum.

Ausstellungen gelten als besonders sehenswert, wenn sie mit bekannten Namen auftrumpfen. Manchmal sind Ausstellungen aber gerade deshalb reizvoll, weil sie nicht die üblichen Verdächtigen zeigen - oder gar nicht zeigen können, weil sie sich einer Zeitspanne widmen, der Superstars fehlen. So geschehen bei der derzeitigen Sonderschau im Leopold Museum, die sich mit der österreichischen Zwischenkriegsära befasst. Einer Zeit voller Widersprüche, die mit dem Tod von Egon Schiele, Gustav Klimt, Kolo Moser und Otto Wagner im Jahr 1918 auch schon die wichtigsten Wegbereiter der heimischen Moderne verloren hatte. Richard Gerstl war bereits 1908 durch Selbstmord gestorben - einzig Oskar Kokoschka gilt als weltweit renommierter Avantgardist.

In der Zwischenkriegszeit verließen immer mehr Künstler Österreich, um der politischen und geistigen Enge zu entkommen. Die Gebliebenen zogen sich in die innere Emigration zurück, schufen Bilder mit wenig verfänglichen Themen und koppelten sich von der internationalen Moderne ab - so das verbreitete Urteil über österreichische Kunst der Jahre 1918-1938. "Die Zwischenkriegszeit hat einen schlechten Ruf. Im Unterschied zu seinem unmittelbaren Vorgänger, dem Wien um 1900, ist es viel eher unter- denn überschätzt", so der Kunsthistoriker Rainer Metzger im Katalog der Leopoldschau.

Diese Epoche muss, so der heute einhellige Tenor, weit differenzierter gesehen werden und kann nicht einfach mit dem Pauschalurteil, in Österreich habe es keine Avantgarde, sondern lediglich "Bauernmalerei" gegeben, abgetan werden. Das zeigt sich während des Rundgangs durch die Ausstellung mit 150 Bildern, Zeichnungen, Plakaten, Collagen und Skulpturen. Wobei sich gerade die stilistische wie thematische Vielfalt und das Fehlen herausragender Einzelgestalten oder Stilrichtungen aus kulturhistorischer Sicht als besonders reizvoll erweist.

Magischer Realismus (Franz Sedlacek, Rudolf Wacker), expressiver Kolorismus (Jean Egger, Wilhelm Thöny), Wiener Kinetismus (Erika Giovanna Klien, My Ullmann), so die Kapitel der luftig gehängten Schau, die durch das heterogene Bild das Lebensgefühl der jungen Republik Österreich spiegelt, die zwischen dem Ende des Ersten Weltkriegs und der Machtübernahme der Nationalsozialisten um ihre noch fragile Identität ringt. Sie stellt Künstler vor, die mit ihren Werken politische Statements wagen wie Franz Probst und seine "Straßenschlacht b" (1927), die sich mit Landidyllen bewusst von der Moderne abkoppeln wie Oskar Laske und sein "Kirtag im Waldviertel" (1931), aber auch solche, die mit der internationalen Avantgarde locker mithalten können, wie Herbert Bayer und seine surreale Fotomontage "Einsamer Großstädter" (1932).

Der Parcours bietet jede Menge Entdeckungen und Erkenntnisse, vor allem aber einige malerisch-farbliche Highlights, die einen staunen machen, da sich von ihnen Bezüge bis zur österreichischen Gegenwartskunst spinnen lassen. So überzeugt Jean Eggers "Landschaft, um 1928" aufgrund des großzügigen Strichs und der abstrahierenden Natur-Darstellung (eine Art Herbert-Brandl-Vorfahre), Fritz Schwarz-Waldeggs "Selbsterkenntnis" (1920) wirkt aufgrund der "aufgerissenen Brust" und der malerischen Seelen- und Körperanalyse wie ein Früh-Aktionismus-Werk, während Helene Funke mit ihrem Frauen-Gruppen-Porträt "Früchte/Freundinnen" (1918/19) als Wegbereiterin einer feministisch orientierten österreichischen Kunst erscheint, die den weiblichen Körper aus Künstlerinnen-Perspektive analysiert (Maria Lassnig, VALIE EXPORT). In Erinnerung bleiben auch Hans Böhlers gleichermaßen verschwommene wie farbintensive Frauenporträts oder das ironisch-kritische "Selbstporträt" von Herbert Ploberger, das im Hintergrund eine Transportkiste mit der Aufschrift "Vorsicht Bilder" darstellt.

Dass es gerade bei dieser Epoche nicht nur um eine isolierte Betrachtung von Kunst gehen kann, hat man in der Ausstellungsgestaltung zum Glück berücksichtigt. So konzentriert sich ein Raum auf den zeithistorischen Kontext in Form einer Wandinstallation, die politische und gesellschaftliche Zäsuren nennt und zugleich dokumentarisches Filmmaterial vorführt.

ZWISCHEN DEN KRIEGEN.

Österreichische Künstler 1918-1938

Leopold Museum

Museumsplatz 1, 1070

www.leopoldmuseum.at

Bis 28. 1. 2008 täglich 10-18 Uhr,

Do 10-21 Uhr

Katalog im Eigenverlag, 260 S., € 29,90

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