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Zehn Jahre Kunst in osterreich

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Im Parterre des Wiener Künstlerhauses ist zur Zeit der Festwochen die Ausstellung „Zehn Jahre Malerei und Plastik in Oester-r e i c h“ zu sehen, deren Zustandekommen dem Institut zur Förderung der Künste, das damit erstmalig als Veranstalter einer Ausstellung vor die Oeffentlichkeit tritt, zu danken ist. Diese Ueber-schau, die 130 Nummern umfaßt, zeigt Arbeiten von 117 lebenden österreichischen Künstlern. Dreizehn Künstler sind mit je zwei Arbeiten vertreten, dreizehn Werke wurden prämiiert. Eine solche Ueberschau kann natürlich nur einen Querschnitt legen durch das, was heute in Oesterreich an Kunst geschaffen oder dafür gehalten wird. Sie kann die Vielfalt der Bestrebungen aufzeigen, aber keineswegs kann sie einen Ueberblick über die Entwicklung der letzten zehn lahre geben; dies schon deswegen nicht, da die Künstler ja beinahe ausnahmslos nur mit je einem Werk vertreten sind und so Vergleichsmöglichkeiten fehlen. Vom Art-Club bis zum Wiener Künstlerhaus, von der Innsbrucker „Arche“ bis zum Wiener „Kreis“, vom Werkbund Graz bis zum Neuen Hagenbund und der Wiener Secessfon wurden alle wesentlichen Künstlervereinigungen zur Teilnahme an dieser Ausstellung eingeladen; auch einige vereinslose Künstler wurden nicht übersehen.

Das Institut zur Förderung der Künste hat eine beträchtliche Summe — 65.000 Schilling — zur Auszeichnung einzelner Werke zur Verfügung gestellt. Man darf mit der Jury, der die in Wien wirkenden zuständigen Professoren und Galeriedirektoren angehörten, in der Beurteilung der ausgezeichneten Werke und Künstler beinahe ausnahmslos konform gehen; ein Fall, der so selten ist, daß er verdient, festgehalten zu werden. Im einzelnen wurden prämiiert: die großartige „Heilige Theresa“ von Herbert Boeckl, das farblich reizvolle „Blaue Stilleben“ von Gerhild Dfesner, ein feirinerviges „Bildnis“ von Gustav Hessing, die „Fundamente“ von Ernst Höffinger, die Impression „Herbsttag“ von Wilfried Kirschl, das impressionistisch-bunte Oelbild „Paris, Hdtel de Ville“ von Sergius Pauser, das geometrisch gebaute „Nächtliche Stilleben“ von Heribert Potuz-nik, eine „Abstraktion“ von Johanna Schidlo, der „Blaue Falter“ von Werner Scholz, die einfach gegliederte. Bronzeskulptur „Michael“ von Elisabeth Turolt, der aus braunen Formen zusammengesetzte „Herbst“ von Max Weiler, der melancholische „Männliche Kopf“, Bronze, von Fritz Wqtruba. Die erwähnte Ausnahme, die uns nicht ganz uberzeugen konnte: das „Selbstbildnis“ von Erhard Amadeus-Dier. An dessen Stelle hätte wohl eine der reizenden kleinen Keramiken von Hans Adametz, der „Zauberer“ mit den vorgestreckten Händen oder das „Wassertier“, das sich aufgerichtet hat und von dem noch spürbar das Wasser abrinnt, eine Prämie verdient. Oder eine der Plastiken von Otto Beckmann, Wander Bertoni oder Heinz Leinfellner: die Eisenplastik „Werdende Form“, der Marmor „Sen-sualitä“ oder die Bronze „Kleine Liegende“. Oder das „Nilpferd“ aus Naturstein von Oskar Bottoli. Oder die „Wildkatze“ (Bronze) von Alois Heidel. Oder das Oelbild „Der Heilige und die Schöpfung“ von Fritz Fröhlich, das kindlichen Scharm hat. Oder eine der Kompositionen oder Konstruktionen von Johann Fruhmann, Josef Mikl oder Fritz Riedl. Oder die Oeltempera „Landschaft mit Menschen“ von Anton Lehmden: oder die ein wenig in naiver Art gemalte „Wallfahrtskirche“ von Agnes Muthspiel; oder die gelbe, insektenförmige „Sphinx“ von Gerhard Swoboda; oder der „Schlaf der Gefangenen“ von Grete Yppen. Oder... Aber über den Geschmack läßt sich nicht streiten. Nur über die Qualität. Und die haben die meisten der gezeigten Bilder; nicht alle. Aber es mußten eben die verschiedensten Vereinigungen berücksichtigt werden.

Einige Namen, die wir vermißten: die Maler Albert Paris Gütersloh, Werner Berg und Gustav K. Beck; von der jüngeren Generation: Fritz Hundertwasser und Wolfgang Hutten die Plastiker Josef Pillhofer und Rudolf Hoflehner. Von Oskar Kokoschka hing das Bildnis „Bundespräsident Theodor Körner“ außer Konkurrenz.

Es ließe sich viel über einzelne Bilder sagen; über die österreichische Kunst heute läßt sich nach dieser Ausstellung nichts sagen. Ebensowenig, wie sich etwa über die französische Malerei des fin de siecle etwas sagen ließe, wenn man neben je ein Bild von Renoir und Cezanne, Pissarro und Monet, Gauguin und Rousseau an die hundert Werke begabter, aber letzlich unbedeutender Zeitgenossen in eine Uebersichtsausstellung hängte; wenn uns das heute, sechzig Jahre später, trotz allem auch noch leichter erscheinen mag.

Trotzdem mußte diese Ausstellung als sehr notwendige Bestandsaufnahme begrüßt und dem Institut zur Förderung der Künste gedankt werden. •

Das Bild dieser Ausstellung wird abgerundet durch einige Einzelexpositionen: durch die Kunstausstellung in der Staatsdr ackeret, die Blätter des genialen Dilettanten Friedrich Herz-manoysky-Orlando zeigte (leider nur viel zu kurz); durch drei größere Kollektiven in der Secession, die den Künstlern Josef Dobrowsky,. Siegfried Fischer und Pepo Grabner gewidmet waren, die sich alle längst durchgesetzt haben, und durch eine Ausstellung von Graphik und Keramik von Angela Varga und Ida Varga in der sehr rührigen Neuen Galerie in der Grünangergasse.

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