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Johannes Itten

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Dem Schweizer Maler und Kunstpädagogen Johannes Itten, der am 11. November 1967 sein 79. Lebens-jafor vollendet hätte, wäre er nicht im März dieses Jahres gestorben, widmet die „Galerie nächst St. Stephan“ eine vor allem entwicktangs-geschlchtlich interessante Aiusstel-ktng. Sie betont besonders die Früh-und Spätphasen des AdoM-Hölzel-Schülers, in denen er seit 1916/17 vorwiegend zu den Vertretern der gegenstandslosen „konkreten“ Malerei zu zahlen war, weniger jene Zwischenzeit in der er sich wieder — wie ersichtlich — oberflächlich dem Gegenstand zuwendete. Ittens Werk wurde nicht nur durch Holzels pädagogisches Prinzip und dessen Farbtheorie (die inzwischen von Aemilius Müller überholt wurde) geprägt, sondern daneben auch durch die Einflüsse Delaunays, Mondrians und Vantongerloos. In frühen Bildern ist auch die Wirkung des Futurismus fühlbar, während die entscheidende Auseinandersetzung des Kubismus mit der plastischen Wirklichkeit keinerlei Spuren hinterlassen hat.

In der Weiterentwicklung der Hölzeischen Prinzipien am Bauhaus, wo Itten von 1919 bis 1923 lehrte, suchte er vor allem nach Gesetzen — der Proportion und der Farbe —, die geeignet waren, eine von der äußeren Wirklichkeit abgelöste Gadanken-oder Gefühlswelt zu ordnen Die dabei entstandenen Bilder fußen wie auch jene des Spätwerkes auf verhältnismäßig einfachen Teilungsmodalitäten (das alte klassische Prinzip des „ewigen Dreiecks“ scheint Itten unbekannt geblieben zu sein) und wenigen Grundformen. Die Farbgebung, die sich erst spät in reineren Harmonien entfaltet, ist nicht von Inversionen frei. Ittens Einfluß bei seinem Wiener Aufenthalt — von 1916 bis 1919 — auf Loos, Alban Beug, Arnold Schönberg und vor allem Josef Matthias Hauer mag sicher beträchtlich gewesen sein. Wie bei seinem Lehrer Adolf Holzel überschattet aber sein pädagogisches Wirken, das seinen publizistischen Niederschlag in den Bänden „Kunst und Farbe“ und „Mein Vorkurs am Bauhaus“ gefunden hat das Werk des Malers, das seltsam gesichtslos und ohne künstlerische Überzeugungskraft bleibt.

In der Galerie Peithner-Lichten-fels ist derzeit eine sehenswerte kleine Ausstellung von Zeichnungen Alfred Kübms untergebracht die neben einigen kapitalen Blättern auch einige schwächere Arbeiten enthält Die Faszination dieses großen, nur mit Ensor zu vergleichenden Außenseiters des Expressionismus, an der dunklen „anderen Seite“ der Erscheinungen der Natur und des Menschen, entfaltet sich auch hier am eindriraglichsten und bleibendsten nicht in den illustrativen Zeichnungen, sondern in der Vermählung der von Unitergiangsstimmung geprägten Weltsicht mit einfachen und lapidaren Themen.

Hubert Dietrich, der junge Vorarlberger Maler, der in der Galerie Würthle Bilder und Zeichnungen ausstellt, hat sich bald nach seiner Lehrzeit bei Wdlü Baumeister in Stuttgart der Gegenständlichen Kunst wieder zugewandt Auch seine neueren Arbeiten, die an die „Neue Sachlichkeit“ und an den „Magischen Realismus“ seines Landsmannes Rudolf Wacker anschließen, sind durch ernstes Bemühen um strenge Form und BilrJaufbau gekennzeichnet. Ihre künstleriscbe Problematik muß bei aller Ehrlichkeit als ein Durchgangisstadtan gewertet werden, der Süeichnung und Formgebung mangelt es trotz der Exaktheit noch an Kraft, Eindringlichkeit und Raumgefühl fehlt. Hervorzuheben sind der .Jnnenlhof“, das „Palais“ als Zeichnungen, die Aquarelle „Still-lefoen mit Hocker“ und „Landschaft 67“ und die CJbilder „Stillaben in Grau I“, „Stilleben mit Messer und Apfel 66“ und „Stilleben mit Krug“.

In der Buchhandlung Nagl (Wien I, Gluckgasse) ist derzeit eine Ausstellung von Druckgraphiken Fritz Hundertwassers zu sehen. An den zu erstaunlich mäßigen' Preisen angebotenen Blättern läßt sich heute mühelos ablesen, welch glücklicher Konstellation Hundertwasser seinen internationalen Erfolg verdankte. Seine unbeschwerten dekorativen Formulierungen, die einer Summe von Anregungen aus Kldmt, Jugendstil, Klee und Prinizhorn noch die „Hundertwasser-Spirale“ hinzufügten, halben den Nerv der modischen Entwicklung spielerisch genau getroffen und in ihrer subjektiven Beschränkung seinen persönlichen Stil entstehen lassen. Eine repräsentative sehenswerte Ausstellung der rührigen kleinen Galerie.

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• Am vergangenen Samstag wurden im Benediktinerkloster Lambach die

in zehnjähriger mühevoller Arbeit freigelegten romanischen Fresken aus dem letzten Drittel des 11. Jahrhunderts in einem Festakt der öffentlichkeit zugänglich gemacht. Dieser einzigartige Freskenzyklus, dessen Themen die Jugendgeschichte und das öffentliche Wirken Christi im Zusammenhang mit der Geschichte der Magier und des Herodes umfassen, gehört seiner Qualität nach zu den bedeutendsten noch erhaltenen Monumentalmalereien Europas im IL Jahrhundert. Die „Furche“ wird darüber noch ausführlich berichten.

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