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Italienische Kunst

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Eine für Wien wirklich bedeutende Ausstellung ist derzeit in der Akademie der bildenden Künste am Schillerplatz zu sehen: „Italienische Kunst der Gegenwart“ aus der Sammlung E s t o r i c k, die die gesamte Kunstentwicklung Italiens in der Malerei und Plastik seit der Jahrhundertwende in einer so einzigartigen Dokumentation umfaßt, wie man sie selbst in den größten Museen nicht findet.

Während das 18. Jahrhundert in Venedig immerhin noch zwei so bedeutende Maler wie Pietro Longhi und Francesco Guardi hervorbrachte, setzte im 19. Jahrhundert in Italien auf dem Gebiet der bildenden Künste eine Periode äußerster Unfruchtbarkeit ein, ein bürgerlicher Provinzialismus par ex-cellence, der vielleicht durch die Gestalt des italienischen Makart, Giovanni Boldini, am besten gekennzeichnet erscheint. Sein Ideal einer romantisch-sentimentalen „Bellezza“ erfüllt auch den Bildhauer Medardo Rosso, der in dieser Ausstellung den Beginn der zeitgenössischen Plastik anzeigt, und dessen technische Virtuosität man nicht mit Rodin, sondern eher mit Eugene Carriere in Verbindung bringen kann.

Gegen den uferlosen Provinzialismus der italienischen Kunst wendete sich nach 1900 vor allem die Bewegung des Futurismus, der Werke zu schaffen versuchte, die der anbrechenden Zeit der Technik, der Geschwindigkeit und der Großstadt angemessen sein sollten. Über das bildnerische Mißverständnis dieser Richtung, die sich immerhin am frühen Kubismus und an Paris orientierte, kann hier nicht gesprochen werden. Er. der Futurismus, ist in der Sammlung Estorick mit wesentlichen Werken von Balla, Boccioni, Carra, Severini und Soffici vertreten. Ein Risorgimento der italienischen Tradition in der Malerei zeichnete sich damals in der Pittura Metafisica' oder den Valori Plastici ab, die mit einem deutlichen Griff in die Vergangenheit einen mythischen Klassizismus predigte. Hier muß von den drei ausgestellten Chiricos die berühmte „Melancholie“ erwähnt werden, die trotz aller kompositioneller Schwächen ein äußerst eindringliches Bild ist. Sehr pariserisch, mit leichten Anklängen an Pascin, Negerplastik und Botticelli, dokumentiert sich Modigliani, dessen ausgestaltete Zeichnungen stärker sind als das „Bildnis Doktor Brabander“. De Pisis ist mit einem „Mädchenkopf“ überraschend schön vertreten und Morandi ein weit unterschätztet Maler, vor allem mit seinen Muschel-und Lampenstilleben. Von den jüngeren Malern interessieren Afro mit einer sehr sensiblen Abstraktion, Sironi mit einer Stadtansicht, die seiner sonstigen Konfektion widerspricht, Fausto Pirandello und Ennio Morlotti. In der Plastik ist, trotz des Vorhandenseins bekanntester Namen, wie Greco, Manzu und Mario Marini, die alle mit vielen für sie bezeichnenden Werken vertreten sind, wenig Erregendes zu melden. Am interessantesten vielleicht ist der Kopf von Mastroianni, der viel Kraft, aber wenig geistige Ordnung verrät. Als Gesamteindruck zeigt sich in der italienischen Kunst kaum original Schöpferisches, eine Tatsache, die vor allem durch die Arbeiten der jüngeren Generation bestätigt wird. Ihr großes Plus besteht in dem Fortwirken einer alten Traditio;, und einer Geschmaokskultur, die selbst noch das geringste Werk — vielleicht mit Ausnahme des fürchterlichen Guttuso — auszeichnet. Den Veranstalter — dem Institut zur Förderung der Künste iri Österreich und Mr. Eric Estorick — soll für das Zustandekommen dieser für Wien historisch bemerkenswerten Ausstellung Dank gesagt werden.

Besucher der Akademie sollten es keinesfalls versäumen, die Gemäldegalerie dort im Haus zu besichtigen und damit die Sonderausstellung der „Italienischen Malerei des 14. bis 16. Jahrhunderts“, die, wenn auch keine Meisterwerke“, so doch einen interessanten Querschnitt dieser in Wien nur spärlich vertretenen Epoche zu bieten hat.

Eine neue und reizvolle Privatgalerie hat sich im „Griechenbeisl“ etabliert. Sie zeigt zu den Festwochen zwei junge schottische und einen englischen Maler. Der jüngste, Alexander McNeish. fällt durch seine sensiblen Tuschfigurationen auf. Es ist eine nette Ausstellung von Bildern des internationalen Jargons, die Hoffnungen für die Zukunft offenläßt. Man muß dieser Galerie alles Gute für die fernere Zukunft wünschen.

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