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Ein Hauch von Alt-Österreich

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Etwa auf halber Höhe auf dem Weg vom Rathaus, mit seinem herrlichen Ausblick auf das Meer und das Schloß von San Giusto, dessen Silhouette der Stadt Triest ihr Gepräge gibt, befindet sich die Villa Sartorio. Dieses alte Patrizierhaus verbirgt hinter einer eher schlichten Fassade die Zeugnisse des diskreten Reichtums der früheren großen Triester Familien. Als letzter Nachkomme eines alten Geschlechts hat die Baronin Anna Sartorio diese Villa der Stadt am Ende der vierziger Jahre geschenkt.

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Etwa auf halber Höhe auf dem Weg vom Rathaus, mit seinem herrlichen Ausblick auf das Meer und das Schloß von San Giusto, dessen Silhouette der Stadt Triest ihr Gepräge gibt, befindet sich die Villa Sartorio. Dieses alte Patrizierhaus verbirgt hinter einer eher schlichten Fassade die Zeugnisse des diskreten Reichtums der früheren großen Triester Familien. Als letzter Nachkomme eines alten Geschlechts hat die Baronin Anna Sartorio diese Villa der Stadt am Ende der vierziger Jahre geschenkt.

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Die Vorfahren der Baronin spielten eine große Rolle im Geschäftsleben von Triest, besonders während der „goldenen Zeit“ dieser Hafenstadt (1815—1915). Eine ganz besondere Persönlichkeit muß Johann Wilhelm Sartorio gewesen sein, denn er war der Gründer des „österreichischen Lloyds“, einer der größten Schiffahrtsgesellschaften des vorigen Jahrhunderts, zudem auch Mitbegründer der „Assicurazioni Generali“, Präsident der Triester Börse und Generalkonsul des Königreiches Sachsen. Dieser Mann war außerdem — und da kommen wir schon zum Thema — ein passionierter Kunstsammler, der in seiner Villa eine stattliche Anzahl von Gemälden aufbewahrte. Diese Kollektion wurde schon 1910 teilweise der Stadt vermacht.

Auf diese Weise — durch Schenkungen und Legate von Privatpersonen sind die „Civici Musei di Sto-ria e d'Arte“ von Triest nach und nach zu beneidenswerten Reichtümern gekommen. Diese Kunstschätze blieben aber größtenteils in den Depots, weil es bis jetzt an geeigneten Aufstellungsmöglichkeiten fehlte.

Unter dem Impuls von Frau Doktor Laura Ruaro Loseri, der jetzigen Direktorin des Museums, wurden die meisten Säle und Salons der Villa Sartorio entsprechend adaptiert, und jetzt kann man dort die Ausstellung „Malerei, Zeichnungen und Graphiken des 18. Jahrhunderts“ besichtigen. (Diese Ausstellung bleibt noch bis Jahresende zugänglich.)

Im ersten Saal wurden einige Bilder aus dem 17. Jahrhundert ausgestellt, darunter „Holländische Kriegsschiffe vor Anker“ des Antwerpener Malers Bonaventura Peeters, sowie zwei kleine Szenen aus der Jonas-Legende, die Paul Bril zugeschrieben werden. — Vom zweiten Saal an befindet man sich ganz im 18. Jahrhundert, hier vor allem mit Schlachtszenen von Francesco Simonini und mit „Bukolischen Landschaften“ von Pieter Mulier, genannt „II Tempesta“, weil dieser Holländer auch als Marinemaler einen großen Ruf genoß. Von

Giambattista Piazzetta nennen wir auch „Der Bub mit dem kleinen Hund“ und „Das Mädchen mit dem Kätzchen“, zwei Werke von faszinierender Ausdruckskraft.

In einem reizvollen resedagrünen Salon wurden fünf Stilleben gruppiert, darunter drei des Venezianers Francesco Guardi. Von Marco Mar-cuola nennen wir „Die Statue des Komturs“ und vier weitere Bilder, die die „Commedia dell'arte“ zum Gegenstand haben. Sechs andere

Werke, die sich ebenfalls in diesem Saal befinden, scheinen von einem „naiven“' Maler ausgeführt und sind dem venezianischen Alltag gewidmet (der Katalog schreibt sie der Werkstatt von Marcuola zu). Obwohl die Pinselführung fast kindlich anmutet, sind diese Bilder durch die Sorgfalt in den Einzelheiten als interessante Dokumente zu werten.

Die österreichische Malerei des 18. Jahrhunderts ist unter anderem in dieser Ausstellung durch Martin Johann Schmidt (Kremser-Schmidt) vertreten. Allerdings sind es keineswegs religiöse Bilder, wie man es von ihm gewöhnt ist, sondern Szenen aus der Mythologie: „Bacchanale

“ mit Silenen“, „Merkur bringt Bacchus zu den Nymphen“, „Orpheus und Eurydike“. Zwei dieser Bilder waren übrigens bei der Kremser Kunstausstellung von 1971 zu sehen. — Einige Meter weiter entdeckt man zwei Gemälde von Angelika Kauff-mann, typisch dekorative Stücke, die ursprünglich oberhalb von Türen als reine Zierde angebracht waren, obwohl sie fast theatralische Akzente besitzen.

In einem eigenen Salon wurden verschiedene Porträts angeordnet, darunter ein anonymer „Voltaire“, sowie ein „Joseph II.“ im Stil von Amigoni. Auf den ersten Blick ist dieses Porträt des österreichischen Kaisers sehr dekorativ, aber beim näheren Betrachten stellt man fest, daß der unbekannte Maler sehr laienhaft gearbeitet hat und nicht einmal als guter Kopist in Frage käme. Der Katalog betont übrigens,

daß dieses Porträt nur als Beispiel (für schlechte Malerei) ausgestellt wurde. .. “ ' , , .,

Als Abschluß dieser Gemäldegalerie gibt es noch eine große Auswahl von Werken des Giuseppe Bernar-dino Bison (1762—1844), der dreißig Jahre lang in Triest arbeitete. Bison hatte offensichtlich eine Vorliebe für Tempera, weil er diese Technik in zahlreichen seiner „Phantastischen Landschaften“ angewandt hat. Er hat auch einige Ölgemälde dem Ausklang der napoleonischen Ära gewidmet, so „Fürst Schwarzenberg meldet den Alliierten Monarchen den Sieg in Leipzig“.

*

Das Kunsthistorische Museum von Triest ist berechtigterweise sehr stolz auf seine Sammlung von Tiepolo-Zeichnungen, eine der größten, die es gibt. Eine Auswahl daraus ist bei der besagten Ausstellung in einem Saal untergebracht. Bei diesen Skizzen und Studien erkennt man sehr eicht Teilstücke aus späteren Ge-nälden und Deckenfresken des Meimers. — Außerdem hat der Triester Verlag „La Editoriale Libreria“ leuer mit Unterstützung des Museums einen Neudruck der „Disegni iel Tiepolo“ herausgebracht. Es ist sin grundlegendes Kunstbuch, mit mehr als 250 Abbildungen der Zeichnungen in Originalgröße.

Wenn wir von schönen Büchern reden, sollten wir auch den Katalog äer hier behandelten Ausstellung nicht unerwähnt lassen.

Die dritte und letzte Abteilung der Ausstellung in der Villa Sartorio ist ien graphischen Künsten gewidmet. Hier sind alle Genres vertreten, von äen monochromen und farbigen Radierungen bis zu den Aquatinten und Kupferstichen. Von den Künstlern seien besonderes J. M. Moreau d. J., Nicolas de Launay, Louis Marin Bonnet, Francesco Bartolozzi (ein Florentiner, der lange Zeit in London lebte), Stefano Tofanelli und Raf-Eaelo Morghen erwähnt. — Frappierend ist außerdem die reiche Auswahl von Werken des Malers und Kupferstechers Daniel-Nicolas Cho-äowiecki: Illustrationen, die bestimmten Büchern zugedacht waren, wie der „Theorie der bildenden Künste“, der „Nouvelle Heloise“ oder „Gil Blas de Santillane“.

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