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DOROTHEUM

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Kunstwerke „Alter Meister" können am 1. März im Wiener Dorotheum ersteigert werden. Spektakulärstes Werk: „Susanna im Bade" von Jan Lievens.

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Kunstwerke „Alter Meister" können am 1. März im Wiener Dorotheum ersteigert werden. Spektakulärstes Werk: „Susanna im Bade" von Jan Lievens.

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Träumen Sie von einem „Alten Meister" an der eigenen Wohnzimmer-wrand? Wer sich diesen Traum erfüllen will, kann ab 18. Februar im Wiener Dorotheum wieder zahlreiche Meisterwerke besichtigen. Bis zur „Alte Meister"-Auktion am 1. März kann zwischen Werken von Lucas van Valckenborch, Christiaen van Couwenbergh, Jan Brueghel, Jan Lievens und anderen Meistern im Josef-Saal des Palais Dorotheum gustiert werden. Mit Spannung wird auch diesmal das Auktionsergebnis erwartet, denn die größte und umsatzstärkste „Alte Meister"-Abteilung im deutschen Sprachraum brachte letzten Oktober in zwei Tagen einen Umsatz von 28 Millionen Schilling. Mit rund 3,1 Millionen Schilling erzielte die Ölskizze „Der Flußgott des Rio de la Plata" von Peter Paul Rubens (FURCHE 39/30. September 1993) den Höchstpreis und gelangte in österreichischen Privatbesitz.

Das interessanteste Werk ist diesmal das viel diskutierte Ölgemälde „Susanna im Rade", obwohl es - finanziell gesehen - nicht der Spitzenreiter der Auktion ist. Denn „eine der kuriosen Erscheinungen unserer Gesellschaft ist, daß die Geschichte eines Bildes viel interessanter ist als das Kunstwerk selbst", erklärt Peter Wolf, Experte für „Alte Meister" im Dorotheum. Ein Bild, das jahrhundertelang als eigenhändiges Werk von Rembrandt gegolten, hat und vor fünf Jahren dem niederländischen Maler aberkannt wurde. Die alttestamentarische „Susanna im Bade" wurde schließlich Jan Lievens zugesprochen und erstmals 1979 im Herzog-Anton-Ulrich-Museum in Braunschweig als seine Arbeit gezeigt.

Werner Sumowski, Kunsthistoriker und Mitglied der vor kurzem aufgelösten Rembrandt-Kommissi-on, publizierte es damals in seinem sechsbändigen Werk „Gemälde der Rembrandt-Schüler" als ein Frühwerk des künstlerischen Mentors und Freundes Rembrandts. In seiner Frühzeit von 1625 bis 1631 arbeitete Rembrandt in enger Künstlergemeinschaft mit Jan Lievens in Leiden. Bei etliche Werken aus dieser Zeit ist die Zuordnung zwischen Lievens und Rembrandt strittig.

Doch „in der Kunstwissenschaft gibt es kein definitives Urteil", definiert Wolf: „Jeder, der etwas von Kunstgeschichte versteht, würde sagen, das ist ein Rembrandt." Es sei nicht ausgeschlossen, daß das Bild zu einem späteren Zeitpunkt wieder Rembrandt zugesprochen wird, meint der Experte.

Als Rembrandt-Gemälde wäre für „Susanna im Bade" mit einem Schätzpreis von rund 30 bis 40 Millionen Schilling zu rechnen, als Lievens bloß mit 900.000 bis 1,2 Millionen Schilling.

DER HÖCHSTE SCHÄTZPREIS

Am höchsten eingestuft wurde ein Bild von Lucas van Valckenborch, Kammermaler von Erzherzog Matthias, Statthalter seines Bruder Kaiser Rudolfs II. in Brüssel: Der Schätzpreis der „Waldlandschaft mit Bauern und Adelsgesellschaft, im Hintergrand die Stadt Mecheln" bewegt sich um vier Millionen Schilling. Das Ölgemälde gilt als Vorbild des später entstandenen Bildes Valckenborchs „Kaiserlicher Waldspaziergang vor dem Schloß Neugebäude in Wien" im Kunsthistorischen Museum in Wien. Wolf verweist auf die „sehr interessante, aparte Sicht" auf das Schloß Neugebäude sowie die Stadt Mecheln, die beide nicht im Vordergrund stehen, sondern durch die Bäume durchschimmern.

Zwei Gemälde waren bis zuletzt im Rheinischen Landesmuseum in Ronn ausgestellt: „Racchartal" von Christaen van Couwenbergh und „Vanitas" von Johann Hulsmann. „Bacchanal" (Schätzpreis: 1,6 bis 1,8 Millionen Schilling) ist das Hauptwerk des holländischen Caravaggi-sten Couwenbergh, ein bedeutender Figurenmaler, der die Paläste des Hauses Oranien ausstattete. Huls-manns „Vanitas" zeigt „die Frau Welt" als Symbol für die Vergänglichkeit der irdischen Güter. „Dieses Bild durfte in einer christlich orientierten Gesellschaft des 17. Jahrhunderts nicht nur der reinen Schaulust dienen, sondern bedurfte noch einer moralischen Rechtfertigung, der Darstellung des jüngsten Gerichts

Lucas van Valckenborch, Waldlandschoft mit Bauern und Adelsgesellschaft, im Hintergrund die Stadt Mecheln, Öl auf Holz als Mahnung an den Betrachter", erklärt der Experte.

„Zwei Juwelen dieser Auktion", so Wolf, sind die Bilder „Die Jagd des Meleager und der Atalante" und „Der Tod des Meleager" des österreichischen Malers Johann Georg Platzer. Er war einer der wenigen bedeutenden deutschsprachigen Maler im 18. Jahrhundert, der in Anlehnung an die französische Malerei elegante, profane Gesellschaftsszenen malte.

„Ein sehr köstliches Bild", so Wolf, ist die „Allegorie auf die Unzulänglichkeiten und Anfechtungen des Menschen" von Maerten van Heemskerck. Außergewöhnhch sind die Maße des manieristischen Werks mit rund 26 Zentimeter Breite und einer Länge von rand 1,7 Metern. Obwohl ein Ölbild, soll es dem Betrachter ein Relief vortäuschen.

FÜR DAS KLEINE BUDGET

Der zweite Teil der Auktion ist für Einsteiger oder Kunstliebhaber mit kleinerem Budget geeignet: für 30.000 bis 60.000 Schilling können dabei „Alte Meister", wie etwa eine Ansicht Venedigs im Stil von Giaco-mo Guardi, eine reiche Palette an religiösen Bildern, wie ein Ölbild des bekreuzigten Christus aus dem Umkreis von Giandomenico Tiepolo oder ein Bildnis der Marienkrönung von einem österreichischen Meister um 1750 ersteigert werden. „Günstig bekommt man immer Bilder, die nicht die große Masse will, wie religiöse Themen oder Gemälde des Neoklassizismus", rät der Experte. Mit wenig Geld könne man schöne Stücke kaufen, die vielleicht bald wieder modern sind und gute Preise erzielen. Groß in Mode sind hingegen derzeit - neben den angeführten Werken mit spektakulärer „Geschichte" - Blumenstilleben, Landschaften oder italienische Veduten, wie Ansichten von Venedig.

Aber auch die „kleineren" Bilder haben ihre Geschichten. Das „Bildnis einer Dame, wahrscheinlich Margaretha Catharina Beck" von Martinus de la Court stammt aus der Sammlung Dollfuß - Verwandte des ehemaligen österreichischen Bundeskanzlers - in Paris. Es wurde während des Krieges von Reichsmarschall Goering beschlagnahmt und dem Gauleiter Legrelle in Brüssel übereignet. Nach dem Krieg wurde es wieder an den rechtmäßigen Besitzer zurückerstattet.

Seit Jahrhunderten galt „Susanna im Bade" als Werk Rembrandts. Vor fünf Jahren wurde das Bild Jan Lievens zugesprochen

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