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Rembrandt als Radierer

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In der großangelegten Reihe „Die Kunst der Graphik“ zeigt die Graphische Sammlung Albertina als sechste Ausstellung bis 28. März Radierungen Rembrandts aus eigenem Besitz. An Hand von 301 Blättern (viele davon die für Rembrandt so wesentlichen „Zustandsdrucke“) und zusätzlichen Doubletten, die im Druck oder im Papier oft ebenfalls Unterschiede aufweisen, wird dabei das Werk eines Künstlers präsentiert, der in der Druckgraphik ebenso Einzigartiges und Geniales geschaffen hat wie als Zeichner und Maler. Daß es in Wien in einer so einmaligen Fülle vorhanden ist, verdanken wir der zielbewußten Sammlertätigkeit des Herzogs Albert von Sach- sen-Teschen und der kaiserlichen Hofbibliothek, die beide gegen Ende des 18. Jahrhunderts, letztere durch den begeisterten Einsatz Adam von Bartschs, diese außerordentliche Sammlung begründeten.

Es war ein kluger und richtiger Gedanke, diese Ausstellung erst in zeitlicher Distanz zum Rembrandt-Jahr zu veranstalten, der neueste Stand der aus ihm resultierenden Erkenntnisse konnte so durch Dr. Erwin Mitsch in der Auswahl, der chronologischen Anordnung und in dem hervorragenden Katalog berücksichtigt und verarbeitet werden. Dem Katalog sind auch die Hinweise auf umstrittene und fragwürdige Blätter zu entnehmen, die hier unter dem Werk aufscheinen, deren künstlerische Gestaltung aber wohl die Hand des Meisters ausschließt (u. a. Große Kreuzabnahme, Großer Lazarus, Ephraim Bonus. J. C. Sylvius usw.). Was diese großartige Ausstellung vor allem gewährt, ist ein bewegender Einblick in das Werden des Menschen und Künstlers Rembrandt, in seine Entwicklung von der kleinen zur großen Form, vom Anekdotischen zum Epischen, zum Geheimnis.

Zu einer Darstellung, in der das Dar- gestellte Welt wird, ein Mann des Volkes zum Verkünder und Mystiker des Seins. Man könnte ohne weiteres, nicht weil es heute modern ist, von Rembrandt als Revolutionär sprechen, nur ist seine Revolution eine Revolution der Vertiefung, der Menschwerdung. Ein wie kühner Experimentator er überdies war, beweisen außerdem gerade die Zustandsdrucke, die mehr als die Bilder und Zeichnungen einen einmaligen Blick auf das künstlerische Empfinden und Weiterdenken am und im Werk dieses Genies freigeben. Eine der wesentlichsten Ausstellungen seit geraumer Zeit, die man oft und eingehend sehen muß. Rembrandts Maßstäbe darf man an die Ausstellung des 1926 geborenen Deutschen Michael Mathias Prechtl in der Wiener Secession nicht anlegen. Prechtl ist zwar ein den allermeisten Wiener Phantasten überlegener Zeichner, adaptiert aber — wie sie ein Eklektiker — für seine zeitkritisch engagierten Blätter, Lithos und Bilder, Stilelemente von Dürer bis Paul Wunderlich, von Be- ham bis Picasso, von Genelli bis zur Pop-Art. Ein Otto Dex Nachgeborener, besitzt er zwar Witz, aber weder dessen anfängliche Härte und aggressive Bitterkeit. Trotzdem eine interessante Ausstellung.

Interessant ist auch die Ausstellung von Amelie Mensshengen-Thern- berg, die mit eigenen Plastiken, Aquarellen und Emaillearbeiten, Zeichnungen und Bilder zeigt, die eine Art medialer Malerei darstellen und durch die spontane Echtheit ihres Ausdrucks, der aus den tieferen Schichten des Unterbewußtseins stammt, frappieren. (Im Atelier, Wien I, An der Mölkerbastei 5.)

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