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Picasso-Ausstellung

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In der vergangenen Woche wurde die mit großer Spannung erwartete Picasso-Ausstellung im Österreichischen Museum für Angewandte Kunst feierlich eröffnet. Es ist in Anbetracht aller Umstände, die heute bereits das Zustandekommen solch großer und repräsentativer Expositionen erschweren, eine erstaunlich reiche und im allgemeinen repräsentative Manifestation des Genies eines Malers geworden, der wie kein anderer die Kunst unserer Zeit und menschliche Schöpferkraft verkörpert. Frau Stadtrat Sandner hatte bei der Presseführung nur allzu recht, wenn sie feststellte, daß wahrschedniMch weder unsere noch die kommende Generation je wieder Gelegenheit haben wird, eine derart umfangreiche und zum Teil — soweit es eben möglich war — erlesene Auswahl aus dem Werk eines großen Meisters wieder zu sehen, der sich noch dazu durch eine imerhörte Fruchtbarkeit nicht nur in der Malerei, sondern auch auf dem Gebiet der Plastik, der Keramik und in der Graphik auszeichnet.

Es hat daher wenig Sinn, auf die sicher schmerzlichen Lücken hinzu- wteisen oder das Fehlen von zahlreichen erstklassigen Bildern und von Hauptwerken zu bemängeln; das essentielle Wesen der Kunst Picassos, das im Eigentlichen nicht so sehr in der Hervorbringung von perfekten Meisterwerken Hegt, als in der immer wieder neu angegangenen und statuierten Lösung eines künstlerischen Problems — der Schaffung einer neuen Perspektive für eine neue künstlerische Integration von Form und Raum — und seine Entwicklung dieses Problems von den Anfängen um die „Demoiselles d’Avignon” bis in die jüngste Zeit kommt, für jeden der sehen kann und zu sehen gewillt ist, in dieser Ausstellung mit genügender Klarheit zum Ausdruck. Betrachtet man die Liste der Leihgeber, so bekommt man eine ungefähre Ahnung von den aufopfernden Mühen der Organisatoren.

Die 76 Gemälde, zwei Plastiken, 22 Zeichnungen und 126 Druckgraphiken stammen aus nicht weniger als 17 europäischen und amerikanischen Museen und der Wiener Albertina, von 29 europäischen und überseeischen privaten Sammlungen. Ja, es ist sogar gelungen, aus Prag, Moskau und Leningrad Leihgaben zu erhalten und geradezu als Ausstellung innerhalb der Ausstellung 22 große Ölbilder aus den Jahren 1963 bis 1965 — dank dem Entgegenkommen von Professor Daniel- Henry Kahnweiler und der Galerie Louise Leiris —, die Picassos Spätstil verkörpern und durch Zeichnungen aus den beiden letzten Jahren ergänzt werden. Österreich, das bekanntlich nicht ein Picasso-Bild in einer öffentlichen Sammlung besitzt, hätte hier noch eine Gelegenheit — aber mit Diskrimination — zuzugreifen. Man hat also allen Anlaß, den Veranstaltern, dem Kulturamt der Stadt Wien und der Graphischen Sammlung Albertina, Dank zu sagen, Dank aber vor afüam auch jenen, die die Ausstellung in mühseliger Kleinarbeit erarbeitet und gestaltet haben. Ihrer Bedeutung entsprechend wird sie an dieser Stelle noch ausführlich gewürdigt werden.

Ebenfalls in der vergangenen Woche wurde im Museum des XX. Jahrhunderts eine große Ausstellung mit Werken von Fernand Leger eröffnet. Auch sie soll in Kürze eine eingehendere Würdigung finden.

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