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Betteln gehen als Alternative

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Die Wiener Albertina gilt als reichste und bedeutendste graphische Sammlung der Welt. Sie ist 200 Jahre alt und beherbergt heute an die 40.000 Zeichnungen und weit über eine Million druckgraphischer Werke. Den Grundstock bildete die Sammlung des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen (1738—1822), der die letzten 25 Jahre seines wechselvollen Lebens im Palais auf der Bastei wohnte und nach seinem Tod seine umfangreichen Sammlungen (an die 14.000 Zeichnungen in 237 Bänden und rund 160.000 Stiche in 884 Bänden) mit der Bestimmung zum Fideikommiß seinem Neffen, Erzherzog Carl, dem Sieger von Aspern, vererbte. Bedeutende Erwerbungen unter Carl und seinem Sohn Albrecht und eine Vereinigung mit dem Kupferstichkabinett der Kaiserlichen Hofbibliothek (etwa eine Viertelmillion Arbeiten) nach 1918, Tauschaktionen und Ankäufe haben die international führende Position des Instituts gefestigt.

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Die Wiener Albertina gilt als reichste und bedeutendste graphische Sammlung der Welt. Sie ist 200 Jahre alt und beherbergt heute an die 40.000 Zeichnungen und weit über eine Million druckgraphischer Werke. Den Grundstock bildete die Sammlung des Herzogs Albert von Sachsen-Teschen (1738—1822), der die letzten 25 Jahre seines wechselvollen Lebens im Palais auf der Bastei wohnte und nach seinem Tod seine umfangreichen Sammlungen (an die 14.000 Zeichnungen in 237 Bänden und rund 160.000 Stiche in 884 Bänden) mit der Bestimmung zum Fideikommiß seinem Neffen, Erzherzog Carl, dem Sieger von Aspern, vererbte. Bedeutende Erwerbungen unter Carl und seinem Sohn Albrecht und eine Vereinigung mit dem Kupferstichkabinett der Kaiserlichen Hofbibliothek (etwa eine Viertelmillion Arbeiten) nach 1918, Tauschaktionen und Ankäufe haben die international führende Position des Instituts gefestigt.

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Den internationalen Charakter weiterhin zu pflegen, hat sich auch Direktor Walter Koschatzky zum Ziel gesetzt. Seine Planung des Albertina - Ausstellungsprogramms bis 1974 zeigt dies: Rembrandts graphisches Oeuvre wurde für Dezember 1970 fixiert, eine Schau mit 150 Werken Dürers aus Albertina-Besitz für 1971, Kokoschkas und Maul-pertschs Schaffen für die folgenden Jahre. Rudolf Hoflehner und Anton Lehmden — und erstmals in Europa — der Südamerikaner Mauricio La-sansky und Leonard Baskin (New York) sind 1971 kleinere Personalen gewidmet.

Hauptproblem: die Albertina ist kein Museum, keine Galerie. Ihre Bestände können nicht in der Weise solcher Institute besichtigt werden. Und ein längeres Ausstellen graphischer Blätter ist durch die Empfindlichkeit von Tinten und Papier, von Farben und Grundieruingen kaum möglich. So ist diese Sammlung „mehr einer Bibliothek zu vergleichen. Sie muß bewahren, erschließen, erweitern“. Aber sie muß darüber hinaus informieren: durch Wechselausstellungen, Publikationen, Vorträge.

Dr. Koschatzky will vor allem den Monumentalausstellungen, die aus wissenschaftlichen Gründen notwendig sind, den „monströsen Showcharakter nehmen, um so gründlicher informieren, wissenschaftlich Bleibendes (auch in Katalogen) leisten. Lebendigkeit der Darstellung, Gegenwartsbezug des Programms und Flexibilität in der Führung des Instituts“ nennt er als Grundsätze.

Eine Hauptsorge ist die derzeitige Orientierung der Sammlung: „Die Albertina darf nicht in Sachen Moderne zu einer reinen Österreichkollektion umfunktioniert werden, in der alle internationalen Akzente fehlen. Es spricht gegen ihre Aufgabe, bedeutete eine mutwillige provinzielle Beschränkung...“

Von der Gründung an war der Sammlung, der Zeit der Aufklärung entsprechend, das Ziel gesetzt, in weitestmöglichem Maße graphische Werke aller Zeiten, Schulen und Künstler, aller Techniken der Zeichnung und Druckgraphik zu einer lexikalischen Kunst-Enzyklopädie zu vereinen. Das System der Sammlungsaufstellung entspricht diesem Ziel: es ist im Prinzip eine chronologische Ordnung der Werke von Künstlerpersönlichkeiten.....Anderseits sind aber heute im Budget kaum noch größere Zuteilungen für wichtige Kunstankäufe im Ausland vorgesehen. Andere Sammlungen leisten sich etwa Graphikabonnements bei den prominentesten Künstlern, wir müßten um jedes Blatt betteln Herzog Albert von Sachsen-Teschen, porträtiert von Chr. G. Walther gehen, weil wir zur Gänze der Gunst und Ungunst des Staatsbudgets ausgeliefert sind.“

Nun versucht man's in der Albertina mit ersten Schritten, Klippen der geradezu kunstfeindlichen Steuergesetzgebung zu umgehen. Eine „Gesellschaft der Freunde der Albertina“ wurde gegründet — laut Koschatzky „absolut kein Snob-Verein, wie manche mutmaßen!“ —; internationale Sammler sind da genauso vertreten wie Studenten. Mitgliederstand: 250. In kürzester Zeitspanne. Und es wurden bereits erste Ankäufe für die Albertina unternommen. Valazza und Opalka. Freilich, das Fernziel zu erreichen, wird noch lange dauern, nämlich daß „die Albertina endlich wieder wie früher auf den internationalen Kunstmärkten, in den großen Auktionshäusern in London, New York, Luzern usw. bei wichtigen Objekten mitbieten kann, international wieder ins Gespräch kommt.“

Mit großen deutschen Galerien ist eine neue Art der Zusammenarbeit angelaufen. Sie senden regelmäßig Auswahlkollektionen, die Koschatzky in Wiener Kleingalerien zeigen will. So eben die erste der Galerie Hartmann in der Wiener Galerie Tao, Mahlerstraße 1. Spitzenarbeiten sollen da mit Hilfe der Gesellschaft erworben werden. Aber es wäre auch an der Zeit, daß private Mäzene, Industrie, Handelskammer Hilfestellung für systematische Einkäufe leisten, wie dies im Ausland selbstverständlich ist. Oder all die Banken, und Realitätengesellschaften, die heutzutage ihr Trachten anscheinend nur noch auf die Demolierung von Kulturgut ausgerichtet haben (etwa im Falle des Ferstel-Bank-gebäudes oder des Tietz-Palais). Und schließlich könnte man vielleicht auch mit der Stadt Wien ins Gespräch kommen, der der Ruf der Albertina mindestens ebenso am Herzen liegen müßte wie manches andere...

Große Pläne hat der Albertina-Chef mit dem Palais selbst: Es soll endlich wieder in den ursprünglichen Zustand versetzt werden. Der Haupteingang könnte wieder auf die Terrasse verlegt und von dort alle Autos verbannt werden. Die berühmten, im Privatbesitz befindlichen Luster des Festsaales sollen kopiert werden und endlich die häßlichein Ampeln des Studiensaales ersetzen, die die Harmonie des herrlichen Raumes stören.

„Ein elegantes kleines Cafe könnte die Albrechtsrampe zu einem herrlichen Erholungszentrum in der Stadtmitte machen.“ Für die Albertina gewiß ein Vorteil.

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