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Die Gestaltung akustischer Apparate

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Der Bereich der akustisch-technischen Gebrauchsgegenstände ist sehr groß. Es ist schwierig, all diese Geräte im Hinblick auf die Formgebung auf einen Nenner zu bringen. Angefangen vom Rundfunkempfangsgerät, über Plattenspieler, Magnetophon, Diktaphon bis zum Schwerhörigengerät und Telephon ist alles hier einzureihen. Auch große Anlagen zur Tonübertragung, wie sie etwa in Kinos gebaut werden, fallen theoretisch in diesen Bereich. Jedoch kann der Formgeber in diesen Fällen kaum auf die äußere Form der Geräte Einfluß nehmen, da solche Anlagen fast vollständig eingebaut sind.

Die Funktion dieser akustisch-technischen Geräte besteht im wesentlichen darin, daß ein Ton, sei er aus welcher Quelle auch immer, übertragen wird. Im einzelnen erfolgt diese Übertragung jedoch auf verschiedene Art und zu verschiedenem Zweck. Mit dem Faktum Tonübertragung ist erst ein Teil der Funktion erfüllt. Erst auf die Fragen „Wozu?“ und „Wie?“ läßt sich mit der endgültigen Zweckbestimmung antworten.

Eine grobe, aber wesentliche Einteilung in zwei Gruppen könnte dadurch getroffen werden, daß man fragt: Wie steht der Mensch dem akustischen Moment gegenüber? — In einem Falle besteht dieses Gegenüberstehen in einem rein passiven Aufnehmen des Tones und erfordert keinerlei Betätigung, außer der Regelung der Übertragung. Als Beispiel ist das Rundfunkempfangsgerät anzuführen. — Im anderen Falle - ist eine aktive Betätigung notwendig, da der Impuls zur Übertragung erst gegeben, also der Ton erst erzeugt werden muß. Als Beispiel hierfür gilt das Telephon. Zwischen diesen beiden Polen liegt die Vielzahl der akustischen Geräte. Dieses aktive oder passive Gegenübertreten zum akustischen Moment beeinflußt auch die ersten und grundsätzlichen Überlegungen des Designers. Funktion — Form — Material — Herstellung — das sind die Faktoren, mit denen sich der Formgeber auseinanderzusetzen hat. Er muß Zweck und Form in Einklang bringen, unter Berücksichtigung von Material und Herstellung.

Welcher Situation sieht sich nun der Formgeber gegenüber, wenn er in unserem besonderen Fall an die Gestaltung herantritt?-

Die technische Reife und -Vollkommenheit ist nahezu in allen Fällen gegeben. Der fehlerlose Dienst des Gerätes wird als selbstverständlich hingenommen. Auch der Unterschied in der Qualität bei Geräten gleicher Art ist gering, so daß eine Differenzierung nach diesem Gesichtspunkt für den Laien sehr schwer ist. Demnach bleibt nur die Form selbst, die äußere Hülle, die eine Unterscheidung möglich macht. Vom Formgeber wird nun a priori erwartet, daß er die glückliche Hand hat, alle gleichartigen Produkte auf dem Markt mit seiner Idee zu übertreffen.

Anderseits kann er sich nicht über die gesetzten technischen Begrenzungen hinwegsetzen. In den meisten Fällen sind die technische Ausrüstung und damit alle Folgen für die Gestaltung der äußeren Form unverrückbar gegeben.

Nehmen wir als Extremfall den „passiven“ Pol, das Rundfunkgerät, als Beispiel. Meist soll das Gerät die Weiterführung eines schon vorhandenen Modells sein, an dem technische Verbesserungen vorgenommen werden. Eigentlich ließe ja die Funktion als solche, die doch nur in einer möglichst hochwertigen Tonausstrahlung mit der entsprechenden Bedienungsmöglichkeit besteht, jede mögliche Form offen. Da es aber eine Weiterführung ist, ist die Bahn, in der man sich bewegen kann, vorgezeichnet. Lediglich einschneidende technische Neuerungen, die schon in die Zeit der „bewußten Formgebung“ fallen, geben die Möglichkeit, vom vorgezeichneten Weg abzuweichen. Als Beispiel hierfür kann die Stereophonie angeführt werden. Durch die Forderung, die Lautsprecher möglichst weit voneinander entfernt anzubringen, ergeben sich neue Möglichkeiten. Die Schallwand an der Stirnseite wird überflüssig. Dadurch wird das Gerät niedriger und flacher. Die Skala kann höher und damit leichter lesbar werden usw.

Die Grundforderung, „die Funktion muß sich in der Form manifestieren“, kann beim Rundfunkgerät schwerlich erfüllt werden. Der „passive“ Charakter läßt dies nur sehr bedingt zu. Hierzu ist das „aktive“ Moment notwendig, wie dies beim Telephon am deutlichsten sichtbar ist.

Im Idealfall soll die Form den Benutzer eines Gegenstandes zu einer ganz bestimmten Handlung und damit zum richtigen Gebrauch

führen. Sie darf einfach keine andere Wahl des Gebrauches zulassen. Eine Fehlhandlung muß ausgeschlossen sein. Theoretisch müßte ein Mensch, der wohl die Funktion kennt, aber das Gerät nicht, in eine ganz bestimmte Funktion hineingezwungen werden. Er müßte aus der Form heraus das Gerät richtig gebrauchen. In der Praxis schränkt die Vielfalt der technischen Ausrüstung diese Idealforderung weitgehend ein. Am Telephonhörer finden wir aber eine fast „ideale“ Form vor. (Es wird schwer möglich sein, den Hörer so zu halten, daß das Mikrophon am Ohr und die Hörmuschel vor dem Mund liegt.) Weiter läßt sich dieser Forderung auch bei der Gestaltung des Tonarmes eines Plattenspielers nahekommen.

Die übrigen Geräte aus dem akustisch-technischen Bereich, die zwischen den beiden Polen, hier Radio, da Telephon, liegen, tendieren aus ihrem Charakter heraus mehr gegen das eine oder das andere. Bei ihnen allen aber kann man erkennen, daß die gesamte, große Form sich letzten Endes aus vielen kleinen Einzelteilen zusammensetzt, die selbst alle einer besonderen Gestaltung bedürfen. Sie können in ihrer Form als Einzelstücke möglicherweise über jeder Kritik stehen, müssen aber beim fertigen Produkt durchaus nicht zusammenklingen. In dem Maß. in dem die Form komplex wird, vervielfältigen sich auch die Variationsmöglichkeiten und führen oft zu Verwirrung.

Die Vervollkommnung dieser organisch entwickelten Formen beweist, daß exakte funktionelle Deutung das einzig richtige Ziel ist, die Einheit der Form zu wahren.

SIGNE D'OR INDUSTRIEL, Belgien, hat anläßlich des hundertjährigen Bestehens der Kaufhäuser Bon Marche in Brüssel eine Design-Ausstellung veranstaltet, bei der auch eine Reihe durch das Österreichische Institut für Formgebung empfohlener österreichischer Produkte gezeigt wurde. Bon Marche betont dadurch besonders seine immer schon angestrebte Verbindung von großem Angebot und bester Formqualität im Warenhaus.

PERMINDEX heißt eine neue permanente Handelsausstellung in Rom (im Weltausstellungsgelände), die hauptsächlich Konsumgüter zeigen soll. Es wird sich erst zeigen, ob der Schwerpunkt auf der Vielfalt internationaler Waren oder auf der Formqualität der Erzeugnisse liegen wird. Die guten Erfolge ähnlicher Ausstellungen, die bewußt die Form betonen, läßt jedenfalls erwarten, daß man sich in Rom diese Gelegenheit nicht entgehen lassen wird. *

STAATSPREISE FÜR VORBILDLICHE VERPACKUNG werden auch im Jahre 1960 vom Bundesministerium für Handel und Wiederaufbau in Zusammenarbeit mit dem Österreichischen Institut für Verpackungswesen verliehen werden. Es wird dies die 4. Aktion dieser Art sein, die nach dem Erfolg der vorangegangenen zweifellos größtes Interesse verdient, um so mehr als das Gebiet der Verpackung sehr eng mit der Produktgestaltung und Warenform zusammenhängt. Anmeldungen werden bis zum 15. April entgegengenommen. Auskünfte: Österreichisches Institut für Verpackungswesen, Wien XIX, Franz-KIein-Gasse 1, Telephon 32 84 44.

EIN TEEAUTOMAT, aus dem man nach Einwurf einer Münze eine Tasse frischen Tees serviert erhält, erregt derzeit in England Aufsehen. Die ersten Modelle dieser Art riefen heftige Kritik hervor, der neue „Teamatic“ (Entwurf P. Tierney) von Machine Economy Ltd. findet jedoch in bezug auf Gestaltung und Funktion volle Anerkennung. Und da es sich um Tee handelt, will das in England etwas heißen! *

IM UNESCO-HAUS in Paris trat kürzlich eine Studienkommission von Vertretern aus 21 Ländern zusammen, um über die Möglichkeiten eines wirksamen Schutzes gegen das Kopieren von Designs zu beraten. Viele Staaten (Großbritannien, Italien, die USA, Dänemark, Japan) erwägen bereits neue gesetzgeberische Maßnahmen. Die Kommission versuchte die Grundsätze für einen Minimalschutz, der international anerkannt werden könnte, festzulegen. Im allgemeinen neigt man zu der Ansicht, daß die Neuheit nicht das entscheidende Kriterium (also eine Art Patentschutz) sei, sondern daß ein Musterschutzsystem zu empfehlen wäre. Als

Zeitdauer für die Gültigkeit des Schutzes wurden zehn Jahre vorgeschlagen.

DAS HAUS. INDUSTRIEFORM, Essen, hat vom 3. bis 10. Oktober eine „Woche der guten Industrieform“ im Bereich der Städte Essen, Mühlheim/Ruhr und Oberhausen veranstaltet. Während dieser Zeit wurde durch Vorträge und sonstige Veranstaltungen besonders intensiv für die gute Gestaltung in der Produktion geworben. Dabei wurde zum erstenmal das neugeschaffene „Signet für die gute Industrieform“ (Entwurf Prof. J. Fassbender) vergeben.

DÄNEMARK UND WESTAFRIKA stehen derzeit auf der Besuchsliste des „Council of Industrial Design“. Britische Produkte, die aus dem „Design Index“ — einer Zusammenstellung der durch die Jury gutgeheißenen Waren — ausgewählt wurden, waren dort während des Monats November ausgestellt. Die wirtschaftliche Bedeutung solcher Unternehmungen bedarf keines weiteren Kommentars.

DAS LANDESGEWERBEAMT Baden-Württemberg brachte im November gleich vier Sonderausstellungen heraus: „Das Büro des Einzelhändlers“, „Französische Formgebung“ (technische Geräte aus dem „Institut Technes“ von J. Vienot, Paris), „Haushalt mit Kindern“ und „Frisch verheiratet“, die alle dem Konsumenten formschöne, zweckmäßige Erzeugnisse vorstellen. *

RÄUME VON HEUTE heißt eine Ausstellung, die das schottische „Design Centre“ in Glasgow veranstaltet. Es werden Schlafzimmer, Kinderzimmer, Wohnzimmer und Büros gezeigt. Und, was das wichtigste ist: alle die ausgestellten Dinge gibt es wirklich zu kaufen, und man erfährt sogar, wo.

IN MELBOURNE wurde das Büro des neugegründeten „Industrial Design Council of Australia“ eröffnet. Das Programm dieser Organisation entspricht im großen und ganzen dem englischen Vorbild.

NOVATEX: Das sind Platten mit farbiger Kunststoffoberfläche, die als Bauplatten für Möbel und Wände verwendet werden können. Sie sind kratz- und wasserfest und werden von Säuren, Laugen und Fetten nicht angegriffen. Der zusätzliche Vorteil liegt darin, daß die Kunststoffschichte untrennbar mit der Trägerplatte verbunden ist.

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EISENBAHNUNFÄLLE und ihre Ursachen werden derzeit von der „Britischen Transport

Kommission“ nach den Gesichtspunkten der „Ergonomie“ untersucht. Auch einige Mediziner sind bei der Gruppe von Fachleuten, die feststellen soll, wie weit man das „menschliche Versagen“ von außen verhindern kann. Das besonders häufige Uebersehen von Signalen oder das „Falschsehen“ soll zum Beispiel durch eine entsprechende Neugestaltung dieser Signale (mit dem Ziel einer länger anhaltenden und intensiveren optischen Reizwirkung) ausgeschaltet werden. Man verspricht sich in England mehr von diesen Maßnahmen als von verschärfter Kontrolle und noch größeren disziplinaren Anforderungen an das Bahnpersonal.

MODELLREIHE F ist eine Möbelserie, die mit 30 verschiedenen Typen in Darmstadt herausgebracht wurde. Die von Architekt Kurt Freyer entworfene Serie bietet besonders vielfältige und individuelle Kombinationsmöglichkeiten. Alle Elemente sind auf wenige Grundformen zurückgeführt. Ein ausgezeichneter Typenplan erleichtert auch dem einzelnen Käufer die Vorstellung und Auswahl der verschiedenen Stücke.

BLOCKS OF COMFORT, von Waltman Associates für eine amerikanische Firma entwickelt, sind kombinierte Heiz- und Kühlsysteme, die je nach Bedarf und Raumgröße durch Aneinanderreihen der jeweiligen Einheiten den Gegebenheiten angepaßt werden können. Dies erleichtert die Anschaffung und erhöht die Wirtschaftlichkeit. Ueberdies war man bemüht, eine für alle Zwecke taugliche, unaufdringliche Form für diese „Blöcke der Bequemlichkeit“ zu finden. Für uns vielleicht oder zumindest für den Durchschnittshaushalt noch Zukunftsmusik; doch könnte ein so intensiv durchdachtes Produkt, gerade bei einem ursprünglich kleineren Absatzmarkt, ebensogut am Anfang einer Entwicklung stehen, statt erst am Ende.

EINE WELT-DESIGN-KONFERENZ wird im Mai kommenden Jahres in Tokio veranstaltet, zu der die Spitzendesigner aller Länder eingeladen werden sollen.

DIE FRAU UND IHRE WOHNUNG, die in Wien bereits bestens bekannte Ausstellung im Messepalast, hat wieder eine neue Saison eröffnet. Besonderes Augenmerk wird diesmal dem Thema „Einbauschrank“ gewidmet; mit Hilfe eines Fragebogens will man die Meinung der Besucher'zu diesem Problem erforschend Außerdem wird an einigen Abenden ein „Seminar für praktische Wohnungskunde“ abgehalten. . r.

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