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DAS WERK WILHELMSBURG der Oesterreichischen Keramik A.' G. (entstanden aus einer Vereinigung des genannten mit dem Werk Gmunden-Engelhof) lud anläßlich seines 75jäh-rigen Bestehens die Presse zu einer Besichtigungsfahrt ein. In Wilhelmsburg werden zum großen Teil sanitärkeramische Artikel aus Kristallporzellan (Austrovit) erzeugt; man ist aber im Begriffe, sich dem durch den fortschreitenden Wiederaufbau bedingten Sinken der Nachfrage auf diesem Gebiet durch erhöhte Produktion von Geschirr aus Hartsteingut und Porzellan anzupassen. Der Betrieb ist ein typisches Beispiel für die fortschreitende Industrialisierung und Mechanisierung eines ursprünglich handwerklich basierten Unternehmens, die sich hier in allen Phasen verfolgen läßt und den Beweis für die absolut vorhandene Aufgeschlossenheit der österreichischen Unternehmer für diese Notwendigkeit liefert. Eine neue Halle von 6000 m2 Fläche wird eben eingerichtet, neben den älteren Gasöfen sind auch ganz moderne elektrische Brennöfen im Betrieb und Drehereimaschinen ersetzen in der Geschirrerzeugung allmählich den Handbetrieb. Gerade dieses Nebeneinander läßt auch die Probleme erkennen, denen der Unternehmer gegenübersteht — und dazu gehört auch die Formgebung: Es läßt sich genau beobachten, daß es viel leichter ist, bei ausgesprochenen Zweckgütern — wie es etwa die sanitärkeramischen Waren sind — die Entwürfe zu verbessern, weil diese nur nach praktischen Gesichtspunkten eingekauft werden.

EIN SICHERHEITSAUTO (Cornell Liberty Safety Car) wurde in den Vereinigten Staaten auf Betreiben einer Versicherungsgesellschaft gebaut. Einerseits wurde auf möglichste Fahrsicherheit geachtet, um die Gefahr eines Unfalles überhaupt zu verringern. Sollte aber doch ein Zusammenstoß erfolgen, sollen 50 verschiedene Sicherheitsvorrichtungen die Insassen des Wagens vor Schäden schützen: Die Sitze sind knapp den Körperformen angepaßt und ebenso wie alle Kanten gepolstert, alle Griffe sind versenkt, das Lenkrad ist durch Horizontalgriffe ersetzt, die Skalen leuchten nur im Falle von Normalabweichungen auf, der Tachometer hat eine bewegliche Skala und einen fixierten Zeiger, versenkbare Haltegurte und besondere Vorrichtungen zum Schutz des Kopfes sind an jedem Sitz angebracht, usw. Allerdings dürfte 3iese Sicherheit sehr teuer kommen, und es bleibt fraglich, ob Hersteller und Käufer — trotz ler großartigen Entwurfes — nicht doch lieber das Risiko eines Unfalles auf sich nehmen werden...

PORZELLAN AUS SELB wurde von der Landesgewerbeanstalt in Nürnberg gemeinsam mit der „Neuen Sammlung“ (München) ausgestellt. Es wurden durchweg nicht einzelne, persönliche Gestaltungsversuche gezeigt, sondern gut durchgebildete Formen für die verschiedensten Verwendungszwecke. Eine Softderschau „Der gedeckte Tisch“ war angeschlossen, die das neue Tafelporzellan in der ihm gemäßen Umgebung zur Geltung brachte.

„WOHNEN“ nennt sich eine ständige Ausstellung des Deutschen Werkbundes in Berlin. Sie soll in einem Turnus von etwa acht Wochen die besten Beispiele zeitgemäßer Wohnkultur zeigen. Die Finanzierung erfolgt durch die Herstellerfirmen, die Auswahl der Exponate wird durch eine Jury getroffen. Besonderer Wert wird auf gute Serienerzeugnisse gelegt.

EINE ARBEITSGEMEINSCHAFT „VORFERTIGUNG“ wurde vom Leiter des Hamburger Bauzentrums, Gerhard Grützmacher, vorgeschlagen. Trotz des Widerstandes mancher Architekten gegen eine vermeintliche „Standardisierung“ dürfte sich dieses Unternehmen durchsetzen, wie es auch in anderen Ländern mit viel Erfolg geschah. Das Gebiet der vorgefertigten Baubestandteile bietet dem Formgeber ein bisher noch viel zu wenig beachtetes Arbeitsfeld. Es ist dies ein Fach der industriellen Produktion, das immer mehr an Umfang zunimmt und in dem das zweckbedingte Planen guter Formen vom Entwerfer her entscheidend zur Entwicklung der Architektur beitragen kann.

„MR“ (Motivational Research), eine Zeit hindurch das Modeschlagwort auch auf dem Gebiet der Formgebung, wird nun ebenso übertrieben von manchen Entwerfern zum Schreckgespenst gestempelt. Zumindest in England, wo man sich mit der Motivationsforschung schon längere Zeit beschäftigt. Sie fürchten eine Einengung des schöpferischen Prozesses, eine Herabwürdigung auf das Niveau des Ausführenden irrationaler Publikumswünsche. Zweifellos könnte das geschehen. In vernünftigen Grenzen kann die von Dr. Dichter in den USA den dortigen Verhältnissen entsprechend groß herausgestellte

Wissenschaft — sofern sie eine solche ist — dem Formgeber nur von Nutzen sein. Schließlich ist das „Gefühl“ für das, was der Käufer wünscht, auch nichts anderes als eine weniger analytisch betriebene Motivationsforschung — und das gibt es schon lange.

DIE GEPLANTE ÜBERALTERUNG, die von manchen amerikanischen Firmen betrieben wird, bezeichnete der Entwerfer Henry Dreyfuß vor der Society of Plastics Industry in Chikago kürzlich als ungesundes Prinzip. Erstens würde der Käufer in diesem hektischen Wettlauf unsicher und verzichte häufig genug überhaupt auf den Kauf, um gleich das Modell des folgenden Jahres abzuwarten. Und zweitens gäbe es genug Möglichkeiten für eine „echte“ Ueber-alterung, die sich nicht auf das Stilistische, sondern auf die tatsächliche Verbesserung der Form oder Funktion beziehe.

TEXOPRINT ist ein neues Plastikmaterial, das in den USA herausgebracht wurde und sich besonders für Druckbehandlung eignet. Noch bestehen gewisse technische Schwierigkeiten, doch die Tatsache, daß das Material abwaschbar ist, macht es besonders für Buchumschläge, Gebrauchsanweisungen usw. geeignet. Es kann in vielen Fällen, überall dort, wo starke Beanspruchung besteht, Pappe und ähnliche Stoffe ersetzen.

ARCHITEKTUR UND WOHNFORM, eine bei A. Koch in Stuttgart erscheinende Fachzeitschrift, bringt eine ständige Seite „die gute industrieform“, die von Dr.-Ing. Heinz Pfaender, Darmstadt, redigiert wird. In einem der letzten Hefte wurden Türgriffe und -drücker nach Entwürfen von Prof. Wagenfeld und Dr. Hentrich-Petschnigg-Kappen behandelt, die als Beweis für die Anstrengungen der deutschen Beschlägeindustrie gelten können, die hergebrachten und zum größten Teil unzulänglichen Formen durch neue zu ersetzen. Außerdem gibt dieses Heft einen umfassenden Ueberblick über die im vergangenen Jahr in Berlin veranstaltete „Interbau“. Die gut ausgewählten Bilder einiger interessanter Innenraumgestaltungen der wichtigsten Objekte (Gottwald, Jaenecke, Aalto) sowie Beispiele von der Industrieausstellung — es seien nur die BMZ-Möbel genannt — .sind ihrerseits wieder ein wesentlicher Beitrag zur Formgebung. Die saubere graphische Gestaltung trägt dazu bei, die Grundhaltung inhaltlich und formal zu unterstreichen.

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