6593542-1952_42_08.jpg
Digital In Arbeit

Stadtplanung für Wien

19451960198020002020

Bericht an den Gemeinderat vom Leiter der Stadtplanung Prof. Dr. Karl Brunner. Verlag für Jugend und Volk, Wien 1952

19451960198020002020

Bericht an den Gemeinderat vom Leiter der Stadtplanung Prof. Dr. Karl Brunner. Verlag für Jugend und Volk, Wien 1952

Werbung
Werbung
Werbung

Den mit zahlreichen Abbildungen ausgestatteten, ungefähr 200 Seiten starken Ledstungsberidit zu besprechen, ist eine Aufgabe, die nicht nur intime Sachkenntnis, sondern auch Informiertsein über die Hintergründe voraussetzen würde. Der Lade sieht die Dinge so an, als könne man Fragen wie Stadterweiterung, Verkehrslösung, Wohnungsproblem wie ein Löwe anspringen und gestützt auf die „Wissenschaft" des Städtebaues ähnliche Resultate erreichen, wie sie vor hundert Jahren bei der Ringstraße oder bei den Pariser Regulierungen sichtbar- wurden. Er ist sich nicht bewußt, daß zur Entwirrung Vollmachten gehören, die das Stadtplanungsamt niemals besaß oder besitzen konnte. Wird er sich der faktischen Kompetenzen bewußt, so begreift er, daß für die begrenzte Dauer der „Stadtplanung“ gar kein anderer als der im „Bericht“ ersichtliche Weg gangbar war. Also: die Probleme nur „anzutippen“, diplomatisch vorzugehen, Radikalität zu vermeiden, vieles zu bringen, um manchem etwas zu bringen. Es erklärt sich die Buntheit der angeschlagenen Themen — Verkehr und Stadterweiterung, Schutz des Alten, Modernität der Krankenhochhäuser und der Autobusbahnhöfe usf. Der Mann von der Straße fordert eine feste Steuerung der brennenden Probleme, der Künstler oder Denkmalpfleger Erfüllung ästhetisch betonter Ziele. Jeder sieht etwas anderes als das Wichtigste an, und selbstverständlich sind alle enttäuscht.

Angenommen, es fände sich der Mann, der die Behebung der Wohnungsnot auf dem kürzesten Weg anstrebt, Neuerschließungen ablehnt, Baulücken schließt, die Grünsiedlung zurückstellt. Er säße kaum lange auf seinem Stuhl. Die Politik verlangt ein Eingehen auf den Wunschtraum der Massen. Die „Wissenschaft" des Städtebaues aber ist zweischneidig. Es würden sich Beglücker die Menge finden, welche, gestützt auf soziale Forderung und ausländische Praxis, rundweg der verständigen Lösung den Krieg ansagen. Man darf nicht verkennen, daß in allen Ländern der Städtebau erst darangeht, den sozialen Fortschritt auf seine finanzielle Realisierbarkeit zu untersuchen. Die Londoner arbeiten den Sanierungsplan der Stadt, mit dem nach 1945 eine geradezu ungeheuerliche Propaganda getrieben wurde, bereits heute nach anderen Gesichtspunkten um. In Paris ist von unserer oder der deutschen „unabdingbaren“ Weiträumigkeit nicht das geringste zu verspüren. Italien baut Hochhäuser, Deutschland wird wegen der Zahl der erstellten Wohnungen gelobt, wegen deren Qualität getadelt. Und die Kulturwarner führen wegen des trostlosen Aussehens tiefgründige „Gespräche". Nirgends besteht ein Zustand, welcher Gestaltungs- freiheit, die erste Voraussetzung des Künstlerischen, zuläßt. Es mehren sich in den Zeitschriften die Stimmen, die ein „Versagen des Städtebaus" unverblümt konstatieren.

Sieht man die Sache so an, liest man die kleinen kenntnisreichen, urbanen, leidenschaftslos sachlichen Motivierungen des „Berichtes“ — zum Beispiel über Hochhäuser, Stadterweiterung usf. —, so erkennt man nlicht nur die große, aus der Kenntnis zweier Kontinente geschöpfte überschau des Verfassers, sondern auch die Möglichkeit einer sachten Lenkung der Wiener Nöte, die er gehabt hätte — wenn man ihm Zeit und einige Vollmacht gegeben hätte. In der Gemessenheit seiner Anschauung, mit seiner Bildung und diplomatischen Taktik hätte der in Wien Geschulte, im Ausland Gewachsene sehr wohl wienerische Herzenswünsche erfüllen können. Wien aber mißtraut nicht nur der Radikalität, es mißtraut auch der Kraft. Insbesonders finddt es dort Grund zum Mißtrauen, wo, wie in der umstrittenen Wissenschaft des Städtebaus, eigentlich kein Maßstab besteht.

So betrachtet, kann man aus dem „Bericht hohe Qualität konstatieren und dennoch. — nicht über ihn, sondern über die allgemeinen im Städtebau zutage kommenden Verhältnisse — ein wenig melancholisch werden. Der Elan ist suspekt. Die Diplomatie erzeugt zu viele gleich starke Gegner. Die Bürokratisierung macht alles grau und die die erste Voraussetzung des neuen architektonischen Lebens, die Individualität, erfriert.

Prof. Dr. Friedrich Lehmann

Gewaltenteilung im modernen Staat. Von

Ernst vonHippel. Verlag Deutsche Glocke, Köln 1951. 59 Seiten.

Nach einer soziologischen Interpretation der „Gewaltenteilung" Montesquieus und einer vernichtenden Kritik der formalen Demokratie Rousseaus, die in Verbindung mit der Französischen Revolution eine „Tyranni6 der Quantität“ wurde, schlägt der Verfasser, Ordinarius für Staatsrecht an der Universität Köln, eine neue „Gewaltenteilung" vor. Er versucht, die „Quantität der politisch Mündigen“ mit der „Qualität der kulturell Reifen" friedlich zu verbinden. Mittel hiefür ist ihm die Dreiteilung des Staates in einen politi schen, kulturellen und wirtschaftlichen Bereich mit Selbstverwaltung usw. Wie heute schon neben dem Parlament, dem eigentlichen politischen Bereich, Kammern des wirtschaftlichen Bereiches maßgebend getreten sind, so sollen nunmehr auch Kammern des kulturellen Lebens gebildet werden, um die Grundwerte der Gesellschaft gegen die Vorherrschaft des Eingeweides und Fußballs zu sichern.

Univ.-Prof. Dr. August M. K n o 11

Dokumente zur Austreibung der Sudetendeutschen. Herausgegeben von der Arbeitsgemeinschaft zur Wahrung sudetendeutscher Interessen. Einleitung und Bearbeitung Doktor Wilhelm Tumwald. Im Selbstverlag der Arbeitsgemeinschaft. 590 Seiten.

Seit 1938 wurden in Europa Völkerschaften dezimiert, materiell schwerstens geschädigt, zum Teil ausgerottet. Millionen von Juden, Polen, Holländern, Norwegern, Serben wurden hingemordet oder ihrer Heimat und ihres Eigentums beraubt. Die Nachkriegszeit setzte diesem Greuel kein Ende, sondern verlängerte sie nur. 15,000.000 Ostdeutsche mußten ihre

Heimat verlassen. Nur 12,000.000 kamen in ihren neuen Wohnsitzen an. Alle verloren ihr Hab und Gut. Uber die Tragödie eines Teiles dieser Ostdeutschen, der Sudetendeutschen, gibt vorliegende Dokumentensammlung erschöpfend Aufschluß. Wenn die Potsdamer Konferenz bestimmte, daß die Ausweisung der Volksdeutschen in humaner Weise vor sich gehen solle, dann beweisen diese Dokumente, daß diese Anweisung fast nie eingehalten wurde. Im Gegenteil: eine grauenhafte Liste von Elend, Gemeinheit, Not, Verbrechen zeigen diese Dokumente auf. Mit Recht hat die UNO den Völkermord gebrandmarkt. Wer diese Berichte liest, wird außer tiefstem Mitleid mit den Betroffenen sich nicht der Tatsache verschließen können, daß alles getan werden muß, um solche Greuel für immer unmöglich zu machen.

Dr. Raimund Schiffner

Schrift und Typographie. Von Prof. Alfred J. Ludwi g. Graphische Lehr- und Versuchsanstalt, Wien 1952.

Diese inhaltlich weit ausholende Mappe ist kein Fachbuch dm herkömmlichen Sinn. Die typographisch immer verschieden gestalteten Doppelblätter sind durch ihre bildliche Daroder Gegenüberstellung einprägsamer als der kurze, aber das Wesentliche klar heraus- arbeiitende Text. Besonders liebevoll befaßt sich der bekannte Pädagog und erfolgreiche Praktiker mit dem uns zur Verfügung stehenden Formenreichtum der 26 Buchstaben, die dem flüchtigen Gedanken und Wort erst Dauer verleihen. Erst durch Einfühlen in das Wesen der Schrift kann man jedem Druckwerk bei der Wahl der Type gerecht werden. „Schrift und Typographie“ sagt dem Laien viel, dem Fachmann noch mehr.

Josef W a z ek

Die Türkei. Von Karl Krüger. Safari- Verlag, Berlin. 322 Seiten mit 70 Photo6 auf Kunstdrucktafeln, 13 Karten und Statistiken.

In der Reihe „Bücher der weltgeographi schen Völkerkunde" bringt der Safari-Verlag diese umfassende Überschau über ein Land, das wegen der Eigenart seiner staatspolitischen und soziologischen Entwicklung wie wegen seiner geopolitischen Lage das Interesse jedes Beobachters der Weltereignisse dauernd auf sich zieht. Hier findet der Leser in wissenschaftlich ungebundener, aber kein wichtigeres Gebiet außer acht lassender Behandlung Aufschluß über alle Momente, die ihm ein sachlich gegründetes eigenes Urteil ermöglichen sollen. Die Erfolge wie die Mißerfolge des für den wirtschaftlichen Neuaufbau der Türkei maßgebenden Staatskapitalismus werden in objektiver Weise angeführt.

Carl Peez

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung