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Neue Wagen - neues Service

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Die österreichischen Generalimporteure ausländischer Marken haben in der letzten Zeit eine ganze Reihe von neuen Typen vorgestellt, die man zwar auf den verschiedenen Herbstsalons gesehen hat, die praktisch auszuprobieren jedoch nur in seltenen Fällen möglich war. Bei den Präsentationen in Österreich konnten zwar auch keine wirklich Aufschluß gebende, umfangreiche Testfahrten unternommen werden, immerhin hatte die Fachpresse die Möglichkeit, ihre erste Bekanntschaft mit neuen Typen hier im Lande zu vertiefen. Hatte man anläßlich der Frankfurter Ausstellung die Möglichkeit, Fahrzeuge der deutschen Produktion in Hockenheim zu probieren, wo es leider nur Ebene und keine Steigungen gibt, so waren die Hänge des Wienerwaldes in manchen Fällen eine willkommene Gelegenheit, ein bereits bekanntes Fahrzeug auch auf Steigungen und in Gefällen zu fahren.

AUDI

Das galt zum Beispiel von einem der interessantesten Wagen der letzten Zeit, vom „Audi“, einer Neukonstruktion, hervorgegangen aus der Zusammenarbeit zwischen Ingolstadt und Untertürkheim. Vollkommen neu an diesem Fahrzeug ist das Herzstück, ein 72-PS-Mitteldruckmotor von Daimler-Benz, in welchem jahrelange Entwicklungsarbeiten stekken. Der Vierzylinder mit einem Hubraum von 1,7 Liter gibt seine Höchstleistung bei 5000 U/min ab. Dieser Mitteldruckmotor unterscheidet sich von den heute üblichen Serienmotoren durch das höhere Druck- und Temperaturniveau während des Arbeitsprozesses. Da der thermische Wirkungsgrad wesentlich von der Höhe der Verdichtung abhängt, wird bei höherer Kompression auch ein höherer Prozentsatz des Treibstoffes in mechanische Arbeit umgewandelt als bei normal verdichteten Motoren. So verbessert zum Beispiel eine Verdichtung von 1:11,2, wie sie der Mitteldruckmotor hat, gegenüber einer Verdichtung von 1:7 bei verschiedenen Serienmotoren den Wirkungsgrad um etwa 16 Prozent, also um ein Sechstel. In der Praxis bedeutet das u. a. eine Verringerung des Brennstoffverbrauchs. Leider setzt das Klopfen des Motors mit allen schädlichen Erscheinungen an Kolben und Ventilen der angestrebten hohen Verdichtung gewisse Grenzen. Die Mercedes-Neukonstruktion umgeht diese Schwierigkeiten, indem durch einen Wirbel der einströmenden Luft das Gemisch auch im Augenblick der Zündung einen Drall um die Zylinderachse bekommt, so daß unverbrannte Gasreste, sonst die Ursache des Klingeins, bei gleichzeitiger Erhöhung der Durchbrenngeschwindigkeit weggespült werden, bevor sie plötzlich zünden. Weiter wurde bei diesem Motor der Brennraum so günstig ausgelegt, daß dessen Oberfläche möglichst klein blieb. Außerdem wurde ein großer Teil des Brennraums in den Kolben verlegt, so daß dieser Infolge seiner höheren Temperatur dem Verbrennungsgas weniger Wärme entzieht.

Die Testfahrten mit dem neuen Motor zeigten ein sehr elastisches Verhalten, bereits ab 1000 U/min hat er ein kräftiges Drehmoment. Es ist ein Vergnügen, ihn aus niedriger Geschwindigkeit zu beschleunigen. Straßenlage, Bremsen, Sicht, Heizung und Belüftung, Lage der Bedienungsorgane, Sitzposition, alles ist beim Audi erstklassig, das Kleid des Wagens — es ist das gleiche wie beim DKW F 102 — ist ansprechend, und so dürfte das Fahrzeug trotz seines relativ hohen Preises (65.850 Schilling für den zweitürigen Typ, 4000 Schilling mehr für die viertürige Ausführung) auch bei uns in Österreich seinen Weg machen.

Ford-Corsair

Ein anderes Fahrzeug, welches in der letzten Zeit in Österreich vorgestellt wurde, ist der aus England kommende Ford-Corsair, der gleich in zwei Varianten kam. Es hat sich bekanntlich bei vielen Fabriken in der letzten Zeit die Tendenz gezeigt, neue Modelle im großen und ganzen äußerlich wenig zu verändern, dafür aber um so mehr innere Verbesserungen anzubringen. Dieser Trend kann nur begrüßt werden, früher einmal, und in seltenen Fällen auch noch heute, ging man den umgekehrten Weg, ließ alles beim alten und änderte bloß unbedeutende Äußerlichkeiten. Aber der Kunde von heute weiß die echten, manchmal unsichtbaren Verbesserungen zu schätzen. Diesen ehrlichen Weg ist auch die britische Ford-Tochter mit dem Cor-sair 1966 gegangen. Abgesehen von den Luftauslaßschlitzen an den hinteren Dachstreben, behielt er seine bisherige Form unverändert bei. Dagegen hat sich im Innern des Fahrzeuges und im Motor einiges geändert: Jetzt ist der Corsair mit einem V-4-Motor ausgestattet, der in zwei Versionen (1,7 und 2 Liter) gebaut wird. Auf diesem Gebiet hat Ford in den USA bereits vorgearbeitet und viel geleistet, bekanntlich ging auch die deutsche Ford-Gesellschaft in Köln bei ihren letzten Typen den gleichen Weg. Und nunmehr folgt die britische Tochter. Erfreulich die Feststellung, daß neben technisch-wirtschaftlichen Überlegungen auch Kundenwünsche für die-isen Umschwung maßgebend gewesen sind. Man verlangt eben mehr Lebensdauer, größere Leistung und höhere Wirtschaftlichkeit, das sind Forderungen, denen das V-Prinzip im Motorenbau voll entspricht. Je zwei Zylinderpaare sind hier in einem Winkel von 60 Grad zueinander geneigt, das gibt eine kürzere, steifere Kurbelwelle, Schwingungsfreiheit und Lagerschonung. Als Ultrakurz-huber ist der V-Motor der neuen Corsairs gegen Verschleiß wenig anfällig, die Lebensdauer wird verlängert.

Neu an diesen Motoren sind ferner die plangeschliffenen Zylinderköpfe und die Aussparungen in den Kolbenkronen. Die sogenannten „Heron-Köpfe“ bedeuten einen kompakten Verbrennungsraum, womit weitere Vorteile wirtschaftlicher Natur erzielt werden. 72 DIN-PS bei 4750 U/min und 82,5 DIN-PS bei der gleichen Umdrehungszahl sind die Maxima der beiden neuen Motoren. 145 km/h und 155 km/h sind die Spitzenleistungen, je nachdem, ob man im 1,7-Liter- oder im 2-Liter-Modell sitzt. Verbesserungen am Fahrwerk vermitteln ein angenehmes Fahrgefühl, speziell die Kupplung, eine neuartige Diaphragma-Federkupplung, verlangt nur noch die Hälfte des gewohnten Pedaldruckes. Für beide Modelle ist eine Borg-Warner-Automatik lieferbar. Der Corsair de Luxe ist mit einer vorderen Sitzbank und Lenkradschaltung, der Corsair GT mit Einzelsitzen, Mittelkonsole und sportlicher Knüppelschaltung ausgestattet. Außerdem weist das größere Modell serienmäßig einen Drehzahlmesser auf. Neuartig ist auch das Gaspedal mit stets gleichbleibender Winkelstellung, was besonders von Damen mit höheren Schuhabsätzen geschätzt wird.

Oldmobile-Toronado

Das dritte Fahrzeug, welches uns in der letzten Zeit „in natura“ vorgeführt wurde, ist von besonderer Art: Der Oldsmobile-Toronado hat seit seiner europäischen Premiere auf dem Pariser Autosalon mehr als jedes andere Fahrzeug die Aufmerksamkeit der Fachpresse auf sich gezogen. Es ist der einzige amerikanische Frontantriebswagen, er setzt die Tradition des Cord aus den dreißiger Jahren fort. Immer ergeben sich bekanntlich Probleme, wenn die Antriebsachse zugleich auch eine gelenkte Achse ist. Hier kommt noch dazu, daß es sich um ein mehr als 2 Tonnen schweres, fast 5,5 Meter langes und fast 2 Meter breites Fahrzeug handelt, bei dem die Gewichtsverteilung etwa 60 Prozent vorn und 40 Prozent hinten beträgt.

Der Toronado wurde in sechsjähriger Arbeit von Oldsmobile, einer Tochtergesellschaft der General Motors, entwickelt. Er ist mit einem 385-SAE-PS-V-8-Motor und einem automatischen Turbo-Hydra-Matic-Getriebe und mit Servolenkung ausgestattet. Weitere interessante technische Details sind das Differential, das als Planetengetriebe ausgelegt ist, ferner die Drehstäbe für die Vorderräder, je zwei homokinetische Antriebsgelenke auf den Antriebsachsen und die Verwendung von vier Stoßdämpfern an der Hinterachse. Der Toronado wird in Österreich zur Zeit noch nicht zum Verkauf angeboten, ein Demonstrationswagen aber fuhr durch die Bundesländer und konnte von der Fachpresse kurz gefahren werden. In Kottingbrunn (Reifengelände von Semperit) hatten wir Gelegenheit, dieses außergewöhnliche Fahrzeug näher kennenzulernen: äußerlich unterscheidet es sich nur wenig von anderen GM-Modellen der Luxus-klaisse. Kennzeichen des Hardtoptyps sind das Fließheck, die sehr niedrige, flache und lange Motorhaube und eine betont luxuriöse Innenausstattung. Steigt man in den zweitürigen Wagen ein, und nimmt man in den bequemen Sitzen Platz, dann fällt zuerst einmal das nach Distanz und Höhe verstellbare Lenkrad auf. Lautlos, mit leichtem Druck auf ein Knöpfchen hebt, senkt und verschiebt sich der Sitz, bis man die richtige Sitzposition gefunden hat. Auch die Fenster lassen sich durch Druckknöpfe elektrisch betätigen. Wie jeden anderen Wagen mit Automatik, setzt man auch den Toronado durch den an der Lenksäule angeordneten Wählhebel in Gang. Auffallend und fast ein wenig befremdend ist das relativ kleine Lenkrad, von anderen Amerikanern ist man es anders gewöhnt. Die Segnungen der Servolenkung sind unverkennbar. Mit zwei Fingern kann man den schweren Wagen beherrschen, welch ein Unterschied gegenüber seinem Vorgänger vor dreißig Jahren, den wir ebenfalls gefahren sind und der uns — ehrlich gesagt — nicht sehr imponiert hatte. Nach einigen Minuten der Gewöhnung fühlten wir uns im Toronado zu Hause, sein Fahrverhalten unterschied sich kaum vom Verhalten anderer leichterer Fahrzeuge dieser Antriebsart, obwohl an diesem Tage nicht gerade günstiges Wetter herrschte und die Piste stellenweise vereist und schneebedeckt war. Den amerikanischen Konstrukteuren ist — soweit man das auf einer flachen Versuchspiste unter nicht idealen Witterungsverhältnissen beurteilen kann — offenbar das Kunststück gelungen, die vielen PS, die der Motor hergibt, auch bei einem Frontantrieb optimal auszunützen.

Neue Servicestellen

Nicht nur neue Wagen wurden in der letzten Zeit vorgestellt, auch neue, sehr beachtliche Kundendienststationen konnten aus der Taufe gehoben werden: In Anwesenheit des englischen Botschafters Pilcher, des Generaldirektors der Jaguar-Werke, Mr. England, und dessen Exportdirektors Morgan, zahlreicher Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens, darunter des Altbundeskanzlers Gorbach, wurde in der Tigergasse im 8. Wiener Bezirk ein neues, modern ausgestattetes Reparaturwerk mit angeschlossenem Ersatzteillager der österreichischen Jaguar-Vertretung feierlich eingeweiht und von einem Priester gesegnet. Da sich diese Marke „nach Katzenart“ auch hierzulande stark vermehrt, ergab sich die Notwendigkeit, aus den engen Räumen in der Sternwartestraße nicht nur näher an das Stadtzentrum heranzurücken, sondern auch mehr Platz für das in Großbritannien geschulte Personal und für die Hochleistungsprüfstände, ferner für die optischen Spurmeßgeräte, die Reifenwuchtmaschi-nen, Hebebühnen usw. zu schaffen. Unter anderem können die Wagen hier, ohne sich vom Fleck zu rühren, in ihren Funktionen bei 200 km'h getestet werden. Die zur Eröffnungsfeier gebetenen Gäste konnten sich überzeugen, daß in den zwei neuen Hallen von 500 und 600 Quadratmeter alles getan wurde, um den Eigentümern von Daimler- oder Jaguar-Wagen soliden Kundendienst zu bieten und die in den Bundesländern liegenden Servicestellen von der Wiener Zentrale aus mit Ersatzteilen prompt zu versehen. Daß dieses neue Heim ausgerechnet in der „Tigergasse“ liegt, mag — wie die Firmenchefin, Frau Janoschik-Koch, ausführte — zwar ein Zufall sein, jedenfalls ist es nur einen Katzensprung vom Zentrum entfernt.

Auch der Peugeot- und Rover-Kundendienst wurde durch eine ganz besonders modern und fortschrittlich angelegte Servicestation in Simmering vergrößert. Der wachsende Verkaufserfolg dieser beiden Marken hat die Firma Carl Jeschek vprnlaRJ, Over Kapazität bedeutend zu erhöhen. Seit fast eineinhalb Jahrzehnten ist die Firma Ring-hoffer GmbH, Trägerin eines im österreichischen Autowesen sehr bekannten Namens, Vertragspartner von Jeschek. Sie hat vor zwei Jahren auf der Simmeringer Hauptstraße umfangreiche Erweiterungsbauten durchgeführt, kürzlich wurde die Anlage ihrer Bestimmung übergeben. 7000 Quadratmeter wohldurchdachter und bestens organisierter Fläche sind darauf ausgerichtet, auch dem Kunden Zeit und Geld zu sparen. Eine moderne Lackiererei für Kunstharzlacke hat eine Tageskapazität von 40 Wagen, im eigentlichen Personenwagenservice sind 13 Unterflurstationen, vier Taktstände und fünf Hebebühnen untergebracht. Leistungs- und Bremsprüfstände, Dieselprüfgeräte und viele andere modernste Apparate sind hier Selbstverständlichkeit. In der Mitte einer Halle befindet sich ein zentraler Kommandostand, der über Telephon, Gegensprachanlage und Rohrpost alle Arbeitsvorgänge von der Annahme bis zur Auslieferung koordiniert.

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