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Der Reifen auf dem Prüfstand

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j Im Laufe der Jahre hat der österreichische Semperit-Reifen trotz und neben der Voreingenommenheit und von Fachwissen ungetrübten Nörgelei einiger heimischer Kraftfahrer Weltruf erlangt. Er wird heute nach harten Prüfungen und Erprobungen nicht nur von VW, sondern auch von Renault und Daimler-Benz an einem Teil der Produktion als Erstbereifung montiert. Gerade diese Firmen aber haben einen guten Ruf zu verlieren, wenn sie nicht erstklassiges Zubehör verwenden, und wenn nichts anderes, dann sollte zumindest diese Tatsache die Zweifler endlich bekehren können. Der Semperit- Reifen besitzt heute eine so hohe Qualität, daß er mit Recht international einen ausgezeichneten Ruf besitzt und, wie die Exporte beweisen, auch praktische Anerkennung findet.

Man kann die Aufgaben, die ein Reifen am Automobil zu erfüllen hat, vielleicht am besten so definieren, daß man sagt, er erschöpft sich im Ausgleichen zahlreicher Negativa so sehr, daß für positive Eindrücke, die der Fahrer von ihm gewinnen könnte, nur mehr wenig übrigbleibt. Er stellt nicht nur in angenehmer Weise den Kontakt zwischen Fahrzeug und Straße her, er muß auch sämtliche Reaktionskräfte, die während des Fährbetriebes auftreten und je nach Gegebenheit und Fahrweise sehr unterschiedlich sein können, aufnehmen. Wenn man bedenkt, daß er viele Male die scharfe Bremsung eines in voller Fahrt befindlichen, ja nicht gerade leichten Fahrzeuges überstehen muß, in einer schnell gefahrenen Kurve ebenso entspricht, wie er jeden Straßenbelag schluckt und noch zahlreiche andere Aufgaben bei äußerst langer Lebensdauer erfüllt, dann ist es schon eine besondere Leistung, wenn er all dies in bestmöglicher Form bewältigt. Wenn man hier die Schuhsohle als einzige Vergleichsmöglichkeit heranzieht, dann muß man sagen, daß sie außerordentlich schlecht abschneidet.

Heute kommt die Schaffung eines Reifens eigentlich schon einer richtigen Wissenschaft gleich. Er kann aber nur dann entstehen, wenn entsprechende Forschungslabors, modernste Maschinen und Herstellungsstätten vorhanden sind und außerdem noch eine finanziell gutfundierte Reifenversuchsanstalt angegliedert ist. Hier erweist es sich als unerläßlich, daß ein relativ sehr großer Wagenpark ständig für die laufenden Versuche zur Verfügung steht und nach Belieben eingesetzt werden kann.

Besondere Bedeutung kommt innerhalb der Versuchsabteilung den in Verwendung stehenden Prüfständen zu, die unsere Aufmerksamkeit erregten, als wir dem Semperit-Werk einen Besuch abstatteten. Vielfach müssen diese kostspieligen Geräte vom Leiter der Abteilung entworfen und vom Werk selbst gebaut werden, da sich eine industrielle Fertigung noch teurer stellen würde. Jeder spezielle Versuch erfordert eine individuelle Konstruktion.

Außer einem eigenen, großen Röntgenraum, in dem nicht nur die eben in Erprobung stehenden Testreifen ständig untersucht, sondern auch Stichproben aus der Serienfertigung sowie eventuell auftretende Reklamationen sorgfältig kontrolliert werden, besitzt das Werk einen Prüfstand, auf dem hohe Geschwindigkeiten erzeugt und deren Wirkung am Reifen untersucht werden können. Auf ihm können Geschwindigkeiten bis zu 400 km h erreicht werden, also weit mehr, als auch sehr schnelle Rennreifen in der Praxis jemals erreichen. Hier werden nicht nur Neuentwicklungen in Versuch genommen, sondern gleichfalls Stichproben aus der Produktion. Bei diesen Versuchen ist interessant, daß ein mit einer Laufgeschwindigkeit von 200 km h rotierender Reifen bei entspre-

ehender Fahrtwindkühlung an der Oberfläche eine Temperatur von nicht weniger als zirka 120 Grad Celsius erreicht, während sie im Reifeninneren, an der Karkasse, sogar um 30 Grad Celsius höher liegt. Aus solchen Werten ist bereits am besten zu ersehen, welch enormen Beanspruchungen ein moderner Pkw.-Reifen vielfach ausgesetzt wird. Eine ganze Reihe amerikanischer Wagen erreicht die 200-km h-Grenze, und man kann sie mit diesen Fahrzeugen auch über lange Strecken halten. Bei solchen Geschwindigkeiten kommt es bereits zu so starken Verformungen, daß sich in Laufrichtung hinter der Auflagefläche eine stehende Welle, die sogenannte Heckwelle, bildet. Bei steigender Geschwindigkeit wird diese Heckwelle immer länger, bis schließlich der Reifen seine gewohnte Rundform einbüßt. Diese ungeheure Beanspruchung muß vom Gewebe des Reifens voll aufgenommen werden. Nur bestes Herstellungsmaterial ist dieser Beanspruchung gewachsen.

Auf dem gleichen Prüfstand kann auch der Druckzuwachs eines Autoreifens bei ansteigender Temperatur, die ja bekanntlich mit der Geschwindigkeit zunimmt, genau gemessen werden. Bei einem Anfangsdruck von etwa 2 atü steigt sie bei Erreichen einer Geschwindigkeit von 150 km h um 0,6 atü auf 2,6 atü.

Darüber hinaus kann hier aber auch der Rollwiderstand gemessen werden, den sicherlich zahlreiche Kraftfahrer beträchtlich unterschätzen. Er beträgt pro Rad bei 150 km h nicht weniger als 4 PS pro Reifen. Durch Verwen-

dung neuesten Materials und spezieller Kautschuksorten war es dem Semperit-Werk hier möglich, außerordentlich günstige Werte zu erzielen. Gegenüber erstklassigen Konkurrenzerzeugnissen erreichte Semperit hier Einsparungen bis zu 1,6 PS pro Reifen bei der gleichen Geschwindigkeit, und sogar 4 PS pro Reifen bei 170 km h. Hier beträgt der Rollwiderstand des Semperit-Reifens nämlich 6,5 PS, jener namhafter Konkurrenzerzeugnisse jedoch 10,5 PS. was einer Kraftersparnis bis zu 16 PS gleichkommt, die natürlich dem Fahrzeug zur Verfügung stehen bzw. den Kraftstoffverbrauch herabsetzen.

Auf dem Taumelscheibenprüfstand werden besonders starke Deformationen an der Schulter und der Wulstpartie eines Reifens erzeugt, was in der Fahrpraxis einer stetig gefahrenen Achterbahn gleichkäme. Diese Maschine erspart schwierige, wenn nicht unmögliche Versuche auf dep Straße.

Damit wären nur die wichtigsten Prüfstände erwähnt. Das Werk besitzt und benützt jedoch noch eine lange Reihe weiferer Hilfsgeräte, die schließlich und endlich zu dem führen, was wir heute unter dem Semperit-Reifen -verstehen: Ein billiges und dennoch hochwertiges, international anerkanntes Qualitätsprodukt.

Im Scheinwerfer

Die NSU-Motorenwerke AG„ Neckarsulm, arbeiten an einem neuen Automobilmodell. Wie das Unternehmen mitteilte, handelt es sich um einen größeren, wesentlich teureren Wagen, der neben dem kleineren NSU-Prinz gebaut werden soll. Die Fertigung des NSU-Prinz, der, wie das Unternehmen jüngst in einem Aktionärsbrief berichtete, in Deutschland weiter gut nachgefragt wird, soll also durch den neuen größeren und kostspieligeren Wagen nicht berührt werden. Nähere Einzelheiten über den neuen NSU-Wagen wurden nicht mitgeteilt, doch liegt die Vermutung nahe, daß er zur Automobilausstellung im Herbst in Frankfurt der Öffentlichkeit vorgestellt wird.

Mit 19. Mai führte die Steyr-Daimler-Puch- Aktiengesellschaft zum drittenmal eine sogenannte Produktivitätsaktion durch und wendet Angestellten und Arbeitern, die mindestens fünf

Jahre im Unternehmen beschäftigt sind, eine Steyr-Aktie zum Nominale von 100 S zu, was beim heutigen Kurs einer Sondergratifikation von 650 S entspricht. Es kommt jedoch dabei weniger auf den Geldwert an, als vielmehr auf die Tatsache, daß damit den Mitarbeitern ein ideeller Anteil an ihrer Gesellschaft gewährt und so das Interesse an der Arbeitsstätte verstärkt wird.

Die privilegierten Erstkäufer der Volkswagenaktien haben etwa 15 Prozent ihrer Aktien verkauft, schätzen die westdeutschen Banken. Da mit dürfte ein Nominalwert von rund 45 Millionen Mark den Besitzer gewechselt haben. Ein erheblicher Teil dieser Verkäufe ging in das Ausland. Trotz aller Kursschwankungen stand allen Verkaufsangeboten von Volkswagenaktien reichliches Kaufinteresse gegenüber. Von den jetzt freigewordenen Aktien für VW-Werks- angehörige im Nominalwert von 30 Millionen Mark dürften nach Ansicht der Banken etwa 10 bis 15 Prozent auf den Markt kommen. Aus diesem Grunde würde der leichte Kursdruck noch kurze Zeit anhalten, ehe sich die Aktie auf hohem Niveau stabilisiert.

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