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Ein echter Franzose

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Das Automobil mit dem Achtzylindermotor stellt heute die größte Fahrzeugkategorie dar. Früher gab es eine Reihe von Konstruktionen mit Zwölfzylinder-, in einzelnen Fällen sogar Sechzehnzylindermotoren. Nach dem Krieg jedoch hat sich der Achtzylinder, von Amerika kommend, international durchgesetzt und stellt nunmehr auch die Antriebsmaschine für die repräsentativsten Großraum-Personenwagen dar. Die Steigerung der Leistung von den kleinsten bis zu den Achtzylindermotoren mag hier entscheidend gewesen sein. Heute findet man im Serien-Tourenwagenbau letztere bereits mit einer Leistung von mehr als 300 PS, während es auch Achtzylinder gibt, die 80 PS abgeben. Bei dieser Maschinenkategorie finden sich zwischen diesen beiden Extremen alle Zwischenwerte ebenso wie etwa Hubräume zwischen 2,5 und 6 Litern sowie darüber.

Wir wollen uns heute mit einem „kleinen“ Acbifeylinder befassen, der interessanterweise nicht aus Amerika, sondern aus Europa, und zwar aus Frankreich, stammt. Es ist dies der von Simca gebaute „Chambord“, der hier den Amerikanern vor Augen führt, daß es auch in Europa sehr wohl Achtzylinder gibt, die den Verkehrsverhältnissen dieses Kontinents entsprechen und unserer Meinung nach auch für amerikanische Straßenverhältnisse nachzuahmen wären. Der Chambord weist eine 2,5-Liter-V-8-Maschine auf, die eine Leistung von 84 PS abgibt. Sie vereinigt alle Vorteile des Achtzylinders mit den Vorzügen kleinerer Maschinen, und zwar vor allem in puncto Verbrauch. Der runde, elastische Gang, das günstig liegende Drehmoment und das Temperament der Maschine lassen während des Fahrbetriebes unschwer den Achtzylinder erkennen, während der Verbrauch, der um 10 bis 11 Liter auf 100 km zu suchen ist, eigentlich als echter Verbrauch der Mittelklasse anzusprechen ist und nicht auf einen so großen Motor hinweist.

Die für einen Achtzylinder relativ geringen Abmessungen des Chambord machen ihn nicht nur für den Stadtbetrieb äußerst angenehm, auch auf den oft recht engen österreichischen Überlandstraßen erweist er sich im Fahrbetrieb den Mittelklassewagen durch seine Leistung und den großen Wagen durch seine praktischen äußeren Abmessungen überlegen. Gerade in bezug auf letztere könnte man nun vermuten, daß dieses Fahrzeug nicht so bequem ist wje andere Achtzylinder. Dem ist aber durchaus nicht so. Der Chambord ist vielmehr ein ecrjfer Sechssitzer, weist er doch eine vordere und hintere Sitzbankbreite von fast 1,50 ra aufi so daß also pro Person 50 cm Sitzfläche zur Verfügung stehen, was mehr ist, als international für Theater- oder Konzertsessel vorgesehen ist.

Die Ausstattung und Instrumentierung des Fahrzeuges entsprechen absolut der Luxusklasse, obwohl — und das sei “'•KS ^sonders betont — das Fahrzeug bewußt solide^ und geschmackvoll gestaltet wurde' und füfT'Arigeoer durchaus nicht eine vollwertige Stütze des fragwürdigen Selbstbewußtseins abgeben wird. Vielleicht ist aber gerade diese Tatsache dafür verantwortlich, daß seriöse Kraftfahrer, die einen großen, bequemen Wagen benötigen, der sich aber in Betrieb als äußerst angenehm erweist, den Chambord einer Reihe anderer, ähnlich leistungsfähiger Fahrzeuge vorziehen.

Über den Fahrbetrieb des Chambord kann man nur das Beste berichten. Wir hatten Gelegenheit, einige tausend Kilometer mit ihm zurückzulegen und ihn dabei kennenzulernen: als „echten Franzosen“, der er in seinen ganzen Lebensäußerungen ist. Er hat die beinahe schon sprichwörtlich gute Straßenlage und Kurvenfestigkeit französischer Konstruktionen, besitzt eine ausgezeichnete Lenkung, die in jeder Situation einen einwandfreien Straßenkontakt vermittelt, verfügt über überdimensionierte Bremsen, die ein absolut differenziertes Anhalten auch in gefährlichen Situationen ermöglichen usw. Durch das günstige Drehmoment der Maschine ist jedes Überholmanöver rasch und einwandfrei durchzuführen, obwohl der Wagen nur über ein Dreiganggetriebe verfügt. Die Spitzengeschwindigkeit liegt, wie wir uns selbst überzeugen konnten, bei 150 km/h, und hier müssen wir besonders angenehm vermerken, daß sich der Wagen auch bei einer solchen Geschwindigkeit nicht nur einwandfrei beherrschen läßt, sondern das absolute Gefühl echter Sicherheit vermittelt. Wir kennen eine Reihe von Automobilen, bei denen 120 km/h weit unangenehmer empfunden werden als bei diesem Wagen mehr als 150 km/h.

Die guten Sichtverhältnisse und ausgezeichnetes französisches Licht sind weitere Charakteristika, die den Wagen nicht nur zu einem äußerst verkehrssicheren Gefährt stempeln, sondern die auch den Fahrbetrieb angenehm gestalten. Hervorgehoben gehören noch die Sitze, die wie bei allen Simca-Typen derart angenehm und anatomisch richtig gestaltet wurden, daß auch große Strecken unter maximaler Hintanhaltung von Ermüdungserscheinungen zurückgelegt werden können, wodurch, man dem Chambord nicht nur bezüglich seiner ausgezeichneten Durchschnitte, sondern auch seiner Bequemlichkeit das Zeugnis eines ausgezeichneten Reisewagens ausstellen muß. Ein großer Kofferraum ergänzt den Chambord in dieser Richtung ebenfalls sehr angenehm.

Der Chambord gehört zu den absolut positiven Autokonstruktionen, die dem Kraftfahrer wenig Sorgen machen und dabei maximale Sicherheit und reichlich Bequemlichkeit bieten.

Technische Daten: Wassergekühlter V-Achtzylindermotor, Typ Aquillon, Bohrung 66,6 mm, Hub 85,7 mm, Inhalt 2351 ccm, Leistung 84 PS bei 4800 U/min, maximales Drehmoment 15,5 mkg bei 2750 U/min, Verdichtung 7,5:1. Höchstgeschwindigkeit 160 km/h, Steigvermögen 40%, Verbrauch zirka zehn bis elf Liter auf 100 Kilometer.

Länge 4“50 mm. Breite 1770 mm, Höhe 1450 mm, Gewicht 1245 kg (betankt), Zuladung zirka 500 kg, Wendekreisradius 5,7 m.

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