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Motorwandern — auf dem Wasser

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W. : der Motor für den Menschen von heute bedeutet, wird am augenfälligsten im Verkehr offenbar. Der Motor mußte einst die Zeit erobern, aber nun erobert sich die moderne Zeit immer mehr den Motor. Heute ist niemand mehr im Zweifel, daß die Wirtschaft ohne dieses Hilfsmittel undenkbar wäre. Der Mensch hat sich durch ihn an eine raschere Lebensweise 'gewöhnt, und sie macht ihm vielfach sogar Spaß. Nur so ist es verständlich, daß der Motor immer mehr auch in Gebiete Eingang findet, die ausschließlich der Erholung vorbehalten sind. Diese Entwicklung ist sowohl in der Kraftfahrt wie in der Fliegerei und neuerdings auch auf dem Wasser festzustellen. Heute wird mit Vorliebe motorgewandert. Und daß in der Fliegerei der reine Sport noch immer relativ wenig Raum einnimmt, ist keineswegs auf das Desinteresse des Publikums zurückzuführen, sondern auf die Kosten. Die Anschaffung eines eigenen Sportflugzeuges wird namentlich in Oesterreich auch in nächster Zeit nur einer ganz beschränkten Bevölkerungsgruppe möglich sein, denn die Maschinen, die für sportliche Ambitionen in Frage kommen, kosten mindestens 100.000 bis 300.000 Schilling. Hierzu kommt, daß die Ausbildung immer noch weit über 10.000 Schilling und relativ viel Zeit kostet.

Anders liegen die Verhältnisse auf dem Gebiet des Wassersports. Ein gutes Segelboot stellt sich heute teurer als ein Motorboot. Die Kosten eines Motorbootes erlauben heute schon breiteren Publikumskreisen die Anschaffung. Dadurch gewinnt diese gesunde Sportart immer neue Freunde. In Amerika wird sie seit Jahren in großem Stil gepflegt, in der letzten Zeit auch in Deutschland und Italien. Auch auf Oesterreichs Seen gewann das Motorboot im heurigen Sommer „Boden“. Es gab auch Motorbootrennen, die sich größten Interesses und Zuspruches erfreuten! Besondere Pionierarbeit leistete der Motorjachtklub Salzkammergut. Unverkennbar ist damit eine gewisse Werbewirksamkeit für den Fremdenverkehr verbunden, da ja Oesterreich mit seinen schönen großen Seen ein Dorado für motorisierte Wassersportler darstellt.

Man kann beim Motorboot zwischen zwei Arten unterscheiden, dem meist größeren Innenborder und dem allgemein kleineren Außenborder. Der Außenbordmotor wieder kann an ein starres Boot aus Holz oder Plastik, sogar an ein Schlauchboot montiert werden. Letztere Entwicklung hat namentlich in Deutschland an

Boden gewinnen können, und es sei nur intcr-esschalber erwähnt, daß es sogar Schlauchrenn-boote gibt. Das Boot mit Innenbordmotor stellt das klassische Motorboot dar. Es wird im allgemeinen mit Motoren zwischen 40 und 200 PS ausgestattet, ist meist luxuriös und selbstverständlich entsprechend teuer in der Anschaffung. Durch das relativ hohe Eigengewicht ist es in den meisten Fällen nur ortsgebunden verwendbar. Dies bedingt aber wiederum ein Bootshaus, das ebenfalls mit relativ hohen Kosten verbunden ist. Das Boot mit Außenbordmotor hingegen ist ein Produkt der modernen Zeit und wie geschaffen für die moderne Art, zu reisen und sich zu erholen. Es hat den Vorteil, daß es in den weitaus meisten Fällen leicht transportabel ist, denn es läßt sich, wenn schon nicht auf dem Dach eines Kraftfahrzeuges, so doch auf einem kleinen Anhänger mitführen. Man kann es also überallhin mitnehmen und zu Wasser lassen. Es wäre aber weit gefehlt, nun zu meinen, es handle sich hier um ein Mixtum compositum. Vielmehr ist das Außenbord-Motorboot ein vollwertiges Verkehrsmittel beziehungsweise Sportgerät, das, ganz abgesehen von seiner Transportfähigkeit, auch noch andere Eigenschaften besitzt, die es dem Innenborder überlegen erscheinen lassen.

Außenbordmotoren kosten etwa 3000 bis 25.000 Schilling. Viele Wassersportler führen nur diesen Motor mit sich — er leistet meist zwischen drei und fünf PS — und mieten dann am See ein gewöhnliches Ruderboot, an dem dann der Außenbordmotor befestigt wird. Der Motor, der um'8 bis 10 kg herum wiegt, kann also auch von LInmotorisierten mitgeführt werden, so daß dieser Sport praktisch jedermann zugänglich ist. Außenbordmotoren gibt es heute mit Leistungen von 2 bis 40 PS; am stärksten gefragt sind — vor allem in Oesterreich — amerikanische Motoren mit Leistungen von 5 bis 10 PS, besonders die Johnson- und Evinrude-Motoren. Ein Motor mit 5,5 PS kostet etwa 9000 Schilling, mit 7,5 PS mehr als 10.000 Schilling, mit 10 PS rund 13.000 Schilling. Diese modernen und leistungsfähigen Maschinen erreichen Geschwindigkeiten bis zu etwa 70 km/h, Leistungen, die natürlich weitgehend von der Art des Bootes abhängen. Wenn diese Geschwindigkeit im ersten Moment als nicht sehr hoch empfunden wird, so ist daran zu erinnern, daß das Tempo auf dem Wasser stets wesentlich höher empfunden wird als etwa im Kraftfahrzeug auf der Straße.

Diese amerikanischen Außenbordmotoren sind zweizylindrige Zweitaktmaschinen mit Wasserkühlung, die eine Drehzahl von 4000 bis 5000 U/min aufweisen. Der 5,5-PS-Motor ist mit Leerlauf-, Rückwärts- und Vorwärtsstellung sowie Drehgas am Knüppel ausgestattet, kann aber durch zusätzliche Adaptierung mit Fernsteuerung versehen werden, wodurch Lenkung und Bedienung des Bootes vom Vorderteil her möglich sind. Die Maschinen ab 15 PS können auch mit elektrischem Starter geliefert werden, während die übrigen mittels Zugseiles gestartet werden. Die Motoren zeichnen sich durch absolute Korrosionsfestigkeit aus und können auch in Salzwasser verwendet werden. Der billigste Motor, nämlich jener mit 3 PS Leistung, weist weder eine Adaptierung für Fernsteuerung noch Leerlauf oder Rückwärtsgang auf, kann aber um 360 Grad geschwenkt werden. Diese Motoren eignen sich ausgezeichnet etwa für Fischer.

Die amerikanischen Motoren sind sehr laufruhig und geräuscharm, wodurch weder die Insassen des Bootes noch andere Erholungsuchende belästigt werden. In einer Entfernung von 20 oder 30 m ist das Boot nicht mehr zu hören. Die sehr gut ausgewuchteten Maschinen und Gummilagerungen sorgen für einen völlig vibrationsfreien Betrieb, so daß es im Boot zu keinerlei unangenehmen Schwingungen kommen kann. Darüber hinaus ist dafür gesorgt, daß der Auspuff in keiner Weise belästigt, da er in das Wasser abgeführt wird. Die Evinrude- und Johnson-Motoren zeichnen sich aber auch durch sehr hübsche Formgebung aus und passen auf jedes Boot. Sie sind von allen Seiten leicht zugänglich. Nur beim 3-PS-Motor ist der Benzintank mit dem Motor verbunden, während vom 5,5-PS-Motor aufwärts der Benzintank stets vom Motor getrennt ist. Vom Tank wird das Benzin über eine entsprechende Leitung durch Ueberdruck zum Motor gepreßt. Der Absatz dieser Motoren war in der letzten Zeit sehr gut. Eine Motorisierung des Wassersports auf breiterer Basis wird aber dennoch nur dann möglich sein, wenn' die Preise für Motoren und Boote gesenkt werden können. Ein Außenbordmotorboot sollte sich nicht teurer stellen als etwa 7000 bis 10.000 Schilling. Auf den Preis der Motoren hat Oesterreich natürlich nur wenig ■ Einfluß. An Booten aber könnte schon die eine oder andere österreichische Werft eine neue unluxuriöse Standardtype schaffen, die auch einfacheren Ansprüchen genügt.

Es gibt nur wenig Sportarten, die es erlauben, die Schönheiten der Landschaft so zu genießen, wie der Motorsport. Gerade das schöne Oesterreich mit seinen unzähligen Seen und Flüssen eignet sich hierzu besonders. Nach den Eindrücken, die sich dem Beobachter während des heurigen Sommers boten, kann man auf eine rege Betätigung in diesem Sport für das nächste Jahr schließen.

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