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Sympathischer Opel Rekord

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Als 1965 für die Modelle des Jahres 1966 wesentliche Änderungen beim Typ Opel Rekord durch den neu entwickelten Motor mit seitlich im Kopf liegender Nockenwelle und eine Verbreiterung der hinteren Spur sowie Retouchen an Wagenfront und Heck durchgeführt wurden, war mit Sicherheit zu erwarten, daß die Rüsselsheitner Stilisten Mittelklassewagen auch ein neues und noch ansprechenderes Gewand geben würden. Im Spätsommer vorigen Jahres war es dann so weit, geräumigere und elegantere Karosserien wurden präsentiert, welche die Zugehörigkeit von Opel zum General-Motors-Konzern betonen, aber auch am Fahrgestell wurden Änderungen vorgenommen, die eine präzisere Achsrführung gewährleisten: Je zwei Längs-lenkerpaa#e übernehmen nun die-Schub- und Bremskräfte der an einem Panhardstab seitlich geführten Starrachse. Die Schraubenfedern dienen ausschließlich als Federele-mente, die Spurweite wurde gegenüber dem Vormodell um fast 5 cm verbreitert.

Begreiflicherweise waren wir gespannt, wie der neue Opel Rekord gegenüber seihen Vorgängern abschneidet. Von den drei Hubraumversionen (1,5, 1,7 und 1,9) erhielten wir für einen Fahrbericht für kurze Zeit den 1,7 „S“ mit Startautomatik, eine viertürige Limousine in Luxusausstattung. Was das Äußere anbelangt, zeigt der Rekord 1967 einen deutlichen „Knick“ über den Hinterrädern, eine Anlehnung an amerikanische Vorbilder, rechteckige Scheinwerfer und waagrechte Zierelemente betonen die Horizontale, die vorderen Blinkleuchten sind auch von der Seite gut sichtbar. Das Gepäckabteil hat einen ganz flachen Deckel bekommen, leider auch einen sehr hohen Quersteg. Im Innern fällt das klar gegliederte Armaturenbrett mit einem schwarzen, nicht blendenden Kunststoffbezug auf, die Lesbarkeit der Instrumente, speziell des Tachometers mit der Kilometeranzeige, ist vorzüglich bei Beleuchtung, weniger deutlich bei Tageslicht.

Auffallend sind gegenüber früher die bedeutend verbesserten Fahreigenschaften. Sie lassen sich auf drei Punkte zurückführen: Da ist einmal die wesentlich verbreiterte Spur, die bereits erwähnte neue Achsführung und schließlich das Bremssystem, welches nunmehr über zwei getrennte Kreise und einen Unterdruck-Bremskraftverstärker verfügt. Die Vorderräder haben Scheiben-, die Hinterräder Trommelbremsen. Das Fahrverhalten bei höherem Tempo ist ausgezeichnet/ ein wenig Neigung zum Trampeln konnte festgestellt werden, die Federung ist spürbar weicher geworden und alle diese Eigenschaften kommen besonders auf schlechter Straße zur Geltung, harte Schläge wurden gänzlich eliminiert. Eine ausgeprägte Tendenz zum Untersteuern ist vorhanden, was für den Normalfahrer bekanntlich kein Nachteil ist, eine bei unserem Probewagen beobachtete Schie-nenempflndlichkeit dürfte wohl auf die Bereifung (wir fuhren natürlich mit Winterreifen) zurückzuführen sein.

Die Lenkuntersetzung ist gerade richtig, der Wendekreis nicht überwältigend klein. Der Vierzylindermotor läuft bis zu einem Tempo von etwa 120 km/h außerordentlich ruhig, von dieser Grenze an wird er etwas laut ebenso wie sich dann Windgeräusche bemerkbar machen, die allerdings auch stark von der Position der Ausstellfenster abhängig sind. Man kann aber die neuen Opel-Modelle auch mit geschlossenen Fenstern fahren, ohne daß die Luft im Wagen stickig wird und die Scheiben anlaufen. Die neue Lüftung und Heizung ist überhat' t eine der erfreulichsten Verbesserungen: Beiderseits der Rückscheibe sind Luftschächte in die Karosserie eingebaut, die durch je einen geschickt eingefügten Grill die Abluft in eine Unterdruckzone am Karosserieheck entlassen. Selbst bei geschlossenen Fenstern läßt sich nunmehr die Durchlüftung des Wageninneren mit Hei-zungs- und Lüftungshebeln am Armaturenbrett nach Belieben regeln. An den beiden äußeren Enden- des letzteren sind übrigens drehbare Frischluftdüsen eingelassen, während Stellhebel unterhalb des Instrumentenbrettes erlauben, einmal das Luftvolumen zu regeln, zum anderen wahlweise von den Düsen im Armaturenbrett auf Auslässe im Fußraum umzuschalten. Das ist zwar ein großer Vorteil, aber warum sind die Hebel in Längsrichtung statt quer zur Längsachse des Wagens angeordnet? Sie bei angelegten Sitzgurten zu bewegen, ist recht mühsam. Auch die Anordnung und Größe des Handschuhfaches hat uns nicht befriedigt: Es ist zwar absperrbar (begrüßenswertes Einschlüsselsystem) und beleuchtet, aber vom Fahrersitz aus hur schwer einschaubar und zu klein. Auch mit den Möglichkeiten einer Ablage konnten wir uns nicht restlos zufriedengeben: Es fehlen Seitentaschen, am Armaturenbrett vom ist nicht allzuviel Platz, helle Gegenstände, wie Karten, Zeitungen, Parkscheiben, spiegeln sich in der Windschutzscheibe.

Diesen kleinen Unzulänglichkeiten stehen allerdings große Vorteile gegenüber. Da sind einmal in erster Linie die ganz ausgezeichnete Sicht, ein wichtiger Sicherheitsfaktor, und die sehr guten Flatzverhältnisse zu erwähnen. Die heuen Modelle präsentieren sich mit einer nur um zwei Zentimeter vergrößerten Länge (455 cm) und einer von 169 auf 176 cm angestiegenen Breite. Der Radstand hat ebenfalls um drei Zentimeter gegen früher zugenommen und mißt jetzt 267 cm. Der etwas reduzierte Kofferraum trägt auch zum größeren Innenraum bei. Der Rekord ist daher zum typischen Vertreter der geräumigen Mittelklasse geworden. Besonders markant ist die Verbreiterung der Schulterbreite um fast 4 cm vorn und hinten. Die Hüftweite weist ebenfalls eine Zunahme dieses Ausmaßes, hinten sogar 56 mm auf. Die Kopffreiheit auf den Vordersitzen ist auch etwas vergrößert worden. Die Sitzverstellung, auch während der Fahrt, ist ausgezeichnet, sowohl kleine wie große Personen können beim Lenkrad die optimale Position einnehmen, die Lage der Pedale (kurzer Weg vom Brems- zum Gaspedal, ebenfalls ein wichtiger Sicherheitsfaktor) ist sehr gut, man kann auch Gas geben und bremsen zugleich, die notwendigen Fußkräfte sind infolge des Bremskraftverstärkers sehr gering.

Begeistert waren wir von der Startautomatik. Obwohl der Wagen bei strenger Kälte viele Stunden im Freien stand, sprang der Motor immer ohne jede Schwierigkeiten an. Da auch die Heizung, wie erwähnt, ausgezeichnet und rasch funktioniert, gab es auch kein langwieriges Reinigen angelaufener Fensterscheiben, speziell im rauhen Winterbetrieb erwies sich der Opel Rekord der neuen Serie als außerordentlich bequem in der Wartung. Alle Teile des Motors sind leicht zugänglich, und es gibt eine ganze Reihe von Details, die das Fahren und die Bedienung des Wagens angenehm machen: Der Kofferdeckel springt, automatisch auf und eine Beleuchtung schaltet sich ein, beim Füllen mit Treibstoff wird man daran erinnert, auch den Pneudruck zu kontrollieren, ein Täfelchen mit den für verschiedene Belastungen notwendigen Reifendrucken erinnert an diese Pflicht, denn bekanntlich sollte man längstens bei jedem Tanken auch den Pneudruck überprüfen. Das Reserverad steht handlich hh Kofferraum, Ölbehälter für die Zweikreisbremse und die Servozylinder unter der Motorhaube sind, ebenso wie die Batterie, leicht zugänglich. Angenehm macht sich auch ein Haltegriff für den Beifahrer bemerkbar, dagegen finden wir, daß die Betätigung der Ausstellfenster etwas stramm geht, was allerdings auch nur eine Eigenheit des uns für den Fahrbericht zur Verfügung gestellten Fahrzeuges sein kann.

Im großen und ganzen gesehen, bietet die neue Opel-Rekord-Serie gegenüber früher außerordentlich viele Vorteile, sie verbindet die sprichwörtliche Zuverlässigkeist, welche die Opel-Wagen immer schon ausgezeichnet hat, mit neuen Elementen und Faktoren, und man kann ohne Übertreibung sagen, daß speziell dieser Mittelklassewagen eine ideale Verbindung zwischen dem ist, was man gerne als „Familienkutsche“ bezeichnet, und einem Fahrzeug, welches auch dem Lenker Freude machen kann, der flinkes Fahren schätzt. Diese Serie ist also ein Gebrauchswagen allerersten Ranges, gegenüber früher sind Fahreigenschaften, Komfort und Fahrsicherheit außerordentlich gestiegen, und den Vorwurf, den man früher Opel-Wagen machte, sie seien „unpersönlich“, wird man nunmehr nicht mehr machen können. Der Rekord ist ein anspruchsloser, sehr verläßlicher, außerordentlich sympathisch wirkender Wagen geworden, der durch die neuesten technischen Verbesserungen gegenüber früher stark aufgewertet wurde und diese Konzeption wahrscheinlich Jahre hindurch beibehalten wird, daher auch einen hohen Wiederverkaufswert darstellt.

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