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Dienstbare Geister

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Das Mädchen für alles, die Perle, die als guter Geist in Haus und Küche wallet, ist rar geworden. Die Hochkonjunktur und die tiefgreifenden sozialen Umschichtungen der letzten Jahre haben Hauspersonal zum Mangelberuf und damit zum Luxus werden lassen. Nun gut, man paßt sich an — man gibt keine großen Gesellschaften mehr zu Hause (man hat ja auch nicht mehr die Räume dazu), und man richtet seine Wohnung mit glatten Möbelstücken und leicht zu pflegenden Materialien schon so ein, daß die Hausfrau die Arbeit ohne Uberanstrengung leisten kann. Dennoch ist das allein zu wenig, vor allem dann, wenn die Hausfrau nebenbei oder gar in der Hauptsache noch berufstätig ist. Hier ist es nun die vielgelästerte Technik, die uns zwar einerseits immer abhängiger macht, anderseits

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Es ist ein Kennzeichen der heutigen Konsumgesellschaft, daß die technischen Hilfsmittel und alles das, was der Amerikaner als „gadget“ bezeichnet, zum Statussymbol ge-, worden sind. Der logische Schliußpunkt einer solchen Fehlentwicklung ist die chromblitzende Küche, wo die Hausfrau an einem Armaturenbrett nur mehr damit beschäftigt ist, Knöpfe und Schalter zu bedienen; eine Karikatur, wie sie schon vor einigen Jahren in dem Film „Mon Oncle“ sehr amüsant dargestellt wurde. Auf der anderen Seite wäre es aber auch unrichtig, aus falschverstandenem Traditionsbewußtsein alle jene Hilfsmittel, welche die moderne Technik bietet, grundsätzlich ablehnen zu wollen. Der Lebensrhythmus unserer Zeit ist nun einmal ein rascherer und belastet gerade die Frau besonders stark. Wer also nicht das Glück hat oder es sich leisten kann, eine Köchin oder Hausgehilfin, oder auch nur die vornehme „Raumpflegerin“ zu beschäftigen, wird wohl oder übel, und zuletzt auch dankbar, jene dienstbaren Geister anschaffen, die uns die Technik in großer Anzahl zur Verfügung stellt und die noch dazu den Vorteil haben, daß sie stumm sind und nicht sozialversichert sein müssen.

Überlegt wählen

Technische Hilfsgeräte sollen kein Prunkstück sein. Es ist also wichtig, vor der Anschaffung zunächst genau zu überlegen und zu prüfen, was man im eigenen Haushalt nun wirklich benötigt. Es wäre sinnlos, für einen Zweipersonenhaushalt einen Geschirrspülautomaten anzuschaffen, der für eine große Familie vielleicht sehr gute Dienste tut. Und eine elektrische Kaffeemühle hat auch nur dann einen Zweck, wenn in der Familie wirklich Kaffee getrunken wird und dieser nicht etwa aus Gesundheitsgründen verboten ist. Es ist aber nicht nur wichtig, genau zu überdenken, was man anschaffen will, sondern auch zu überlegen, welche Type am geeignet-, sten ist. Waschmaschinen usw. gibt es in den verschiedensten Ausführungen und Größen — es wird sich also empfehlen, sich vor dem Kauf eingehend beraten zu lassen, für welche

Mengen das in Aussicht genommene Gerät geeignet oder notwendig ist.

Alle die technischen Hausgeister haben vor allem den Zweck, Arbeitszeit und Kraftaufwand zu ersparen, uncl sollten auch unter diesen Gesichtspunkten angeschafft werden Keineswegs'darf es aber dazu kommen, daß Großmutter bei.der. Küchenarbeit von einer verwirrenden Unzahl von technischen Dingen umgeben wird, die sie dann doch nicht benützen kann,. Auch hier wird jenen Geräten der Vorzug zu geben sein, deren Bedienung einfach und leicht verständlich ist, und für deren Instandhaltung man nicht einen Mechaniker zu Hilfe rufen muß.

Was sie leisten

Naturgemäß hat jede Hausfrau den Wunsch, sich zu allererst die schwere und grobe Hausarbeit zu ersparen. Viel wichtiger als die technischen Spielereien sind daher zunächst Hilfsmittel, die die täglich notwendige Pflege und Sauberltaltung einer Wohnung erleichtern. Nicht zuletzt deshalb gehört der Staubsauger schon seit vielen* Jahren zum unumgänglich nötigen Requisit des Haushaltes, wenn er in Form und Handhabung auch immer mehr verbessert und ausgebaut wird. Der moderne Staubsauger kann viel mehr als nur Staubsaugen, er kann büi'sten, er kann Teppiche mit Shampoo reinigen, und es gibt Zusatzgeräte, die selbst in die letzten Fugen und Ritzen eindringen. Eine elektrische Bodenbürste wird überall dort gute Dienste tun, wo es große Bodenflächen gibt, die man bürsten muß — für den Kleinhaushalt ist ein solches Gerät aber nur bedingt notwendig. Die Waschmaschine dagegen kann kaum früh genug angeschafft werden, denn selbst in einem kleineren Haushalt gibt es viele Dinge, die man nicht zur Wäsche außer Haus geben will,' und die man auch wieder nicht selbst waschen mag. Es bleibt nun den individuellen Bedürfnissen' überlassen, ob man die Waschmaschine nur zum Waschen braucht oder ob man auch ein Trockengerät haben will; wenn Kinder da sind, empfiehlt es sich, eher eine größere Type anzuschaffen, weil die Kinder, und mit ihnen die Wäsche erstaunlich rasch wachsen.

Moderne Herde. Boiler und Warmwasserspeicher usw. gehören schon so sehr zum festen Bestand der Wohnungseinrichtung, daß man sie kaum mehr zu den technischen Haus- j geistern- zahlen- kann. Die Zauberei • beginnt““ l?rSFlTörT7rwo' etwa ein Backrohrspiegel der Hausfrau das wiederholte öffnen das Rohres erspart und es ihr ermöglicht, das Huhn und seine Bräunung sozusagen aus der Ferne zu beobachten. Im übrigen ist man immer mehr davon abgegangen, die Backrohre unter der Herdplatte anzubringen, sondern sie werden in Augenhöhe eingebaut, so daß die häufigen Turnübungen beim Backen nicht mehr nötig sind. Der schon erwähnte Geschirrspülauto-mat und die dazugehörige Trockenanlage stehen wohl in vielen Haushalten noch immer auf der Luxusliste —, wenngleich gerade das Abwaschen eine noch immer sehr unbeliebte Beschäftigung ist. Immerhin sind auch solche Dinge wie automatische Abfallzerkleinerer usw., schon in den Bereich der Möglichkeiten gerückt. Hier allerdings wäre es wünschenswert, wenn die sich immer mehr durchsetzende Kücheneinheit solche Geräte bereits eingebaut mitbrächte und nachträgliche komplizierte Installationen dadurch unnötig würden.

Neue Lebensgewohnheiten

Unsere Lebensweise paßt sich immer mehr dem unvermeidbar gehetzten Tagesablauf des modernen Menschen an. Man mag dies beklagen, sollte aber dabei nicht übersehen, daß damit auch manche Vorteile verbunden sind. Die Notwendigkeit, Speisen rascher zuzubereiten, hat nicht zuletzt zu Überlegungen geführt, die mit dem Wunsch nach einem gesünderen Leben und einer gesünderen Ernährung parallel gehen. Fleisch und Gemüse werden nicht mehr stundenlang gesotten, und die Rohkost ist jetzt geradezu eine Mode geworden. Mit den neuen Lebens- und Eß-gewohnheiten sind auch neue Geräte importiert worden, manchmal aber haben gerade diese neuen Bedürfnisse die Erfindung solcher Geräte notwendig gemacht. Vor 20 Jahren hätte eine Hausfrau beim besten Willen nichts mit einem Grillautomaten anzufangen gewußt, während heute fast alles vorzugsweise gegrillt, verspeist wird. Mit dem angelsächsischen Import des Toast-Essens, kam auch der. Toaster in unsere Küche und ist für viele zu einem unentbehrlichen Gebrauchsgegenstand geworden. Die elektrischen Rührgeräte wer-

den nur mehr zu einem geringen Teil zum Verrühren von Teig verwendet. Man begnügt sich auch nicht mehr damit, ganz gewöhnliches Schlagobers zu schlagen, sondern die Hausfrau läßt ihrer Phantasie bei Milchmixgetränken und Frappes aller Art freien Lauf. Damit sind wir aber auch schon beim Paradestück der fortschrittlichen Küche: Der Mixer mit allen erdenklichen Zusatzteilen regt geradezu zum Erfinden neuer und gesunder Speisen an. Die Herstellung von Obst- und Gemüsesäften war früher eine oft recht unappetitliche Manipulation, die sich die Hausfrau dreimal überlegen mußte. Heute genügt ein Druck auf einen Knopf, es surrt und rasselt und die erstaunlichsten Dinge verlassen einen blitzblanken und leicht zu säubernden Trichter. Die Entwerfer solcher Geräte sind unablässig bemüht, die Bedienung und Sauberhaltsung möglichst zu vereinfachen, und auch die Gefahr von Arbeitsunfällen durch richtige und handliche Konstruktion möglichst herabzusetzen. In letzter Zeit sind überdies neue Vorschriften für elektrische Hausgeräte ausgearbeitet worden, die das Sicherheitsrisiko schon von der Erzeugung her ausschalten sollen.

Form und Farbe

Die stürmische technische Entwicklung und auch die starke Konkurrenz haben dazu geführt, daß jedes Jahr neue und verbesserte Modelle auf den Markt kommen. Dabei wird das technische Funktionieren immer mehr zur selbstverständlichen Voraussetzung, und man bemüht sich, den Käufer durch leichtere Handhabung, leichtere Pflege und besseres Service zu gewinnen; Die technischen Hausgeister sollen nicht nur ihren Dienst tun, sie sollen uns auch Freude machen. Einerseits

dadurch, daß sie wirklich leicht und spielend zu benützen sind — das heißt, man soll sofort erkennen, welcher Knopf ein Gerät einschaltet, und nicht in die Lage, des Zauberlehrlings kommen, der es nicht-wieder zum Stillstand bringt. Man soll sie aber auch ohne Kraftaufwand benutzen können, und man soll sie zum Reinigen selbst auseinandernehmen und wieder zusammensetzen können. Anderseits wollen wir aber kl Haus und Küche kein Laboratorium haben, sondern Gegenstände, die ihre technische Herkunft zwar nicht verleugnen, aber in ihren freundlichen Farben und ihrer Form auch unser ästhetisches Empfinden ansprechen. Nicht zuletzt aber erwarten wir von diesen Geräten, daß sie trotz aller Vollkommenheit im Technischen für den Menschen erdacht und ihm angepaßt sind — und nicht umgekehrt. Die Entwicklung des elektrischen Bügeleisens etwa — em Pionier auf dem Gebiet der technischen Hausgeister — zeigt deutlich, wie viele Verbesserungen möglich waren, bis die uns heute geläufige elegante Form, das geringe Gewicht, der an die Hand angepaßte Griff und das gefällige Aussehen erreicht waren.

Noch ahnen wir nicht, was uns vielleicht in wenigen Jahren schon an neuen Erfindungen und Raffinessen ins Haus steht. Wir wollen sie dankbar annehmen, solange sie uns Zeit und Arbeit ersparen, und unseren kritischen Sinn nur dort bewahren, wo sie uns über den Kopf wachsen wollen. Wahrscheinlich aber hat sich die nächste Generation schon längst mit diesen Problemen abgefunden, und der Technik ohne viel Aufhebens im Haus den Platz angewiesen, der ihr gebührt: dem Menschen dienstbar und nützlich zusein.

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