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Hausfrau und Mutter

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Zu den Widersprüchen unserer auf ihre soziale Richtung und Werktätisrkcit stolze Gegenwart zählt die Behandlung der häuslichen Frauenberufe. Wohl läßt rnan die Familie als Keimzelle der Gesellschaft und des Staates gelten, somit als wichtigste Lebensfunktion der menschlichen Gemeinschaft, zugleich aber ist in steigendem Maße eine Unterschätzung der Persönlichkeitswerte, die für diese Funktion einzusetzen sind, und der sozialen Anrechte, die ihnen gebühren, festzustellen. Es ist fast unmodern, von dem sozialen Recht der Hausfrau zu reden. Dieser schlechten Mode muß widersprochen werden. In diesem Sinne veröffentlichen wir den nachstehenden Aufsatz. „Die Furche"

Wenn man bei einem Amt seine Personalien angibt und dann, nachdem der Doktorgrad festgestellt wurde, auf die Frage nach dem Beruf, gestehen muß, daß man „daheim“ ist — man kann auch sagen „Hausfrau", aber dann schreibt der Beamte unweigerlich „Haushalt“, und das tut meinem Sprachgefühl weh, denn eine Lehrerin ist auch keine „Schule“, warum soll ich ein „Haushalt“ sein —, so erregt man nicht selten ein mißbilligendes Kopfschütteln.

Warum? Ist Hausfrau und Mutter kein Beruf? Wir wissen, daß eben durch die Hand der Frauen in dieser Funktion vier ' Fünftel des Volksvermögens gehen. Der Soziologe Th. Brauer sagt in „Christen tum und öffentliches Leben“ von der Arbeit der Hausfrau und Mutter:

„Man muß sidi daran erinnern, wie viele Jahrzehnte vergangen sind, ehe die geistige und immaterielle Arbeit al produktive Arbeit erkannt wurde. Vielleicht packt uns die unerbittliche Faust der Not so fest an, daß die Erkenntnis der wirtschaftlichen Produktivität der kulturellen Leistung der Hausfrau und Mutter schneller eintritt.“

War unsere Not bisher noch nicht hart genug, um diese Erkenntnis zu reifen? Woran liegt es, daß m’n diese Arbeit beiläufig als „beschäftige Müßiggang“ wertet? Zunächst wohl im 'Wesen der Hausarbeit; man sieht sie nicht, beziehungsweise man sieht nur, wenn sie nicht oder nicht gut getan ist. Es ist daher Männern nicht so sehr zu verargen, wenn sie diese Arbeit nicht achten. Leider wird ihnen von berufstätigen Frauen dabei mitunter ein schlechtes Beispiel gegeben. So manche berufstätige jüngere und ältere Mädchen glauben auf die Arbeit ihrer alten Mutter daheim als eine ungelernte“ Arbeit herabsehen zu dürfen und erst, wenn die alte Frau nicht mehr kann,, seihen sie, was es da alles zu leisten gibt, L

Haushalten heute, im Jahre 1948, heißt’, von früh bis spät angehängt sein, ohne Freizeit, ohne Dienststunden, heißt auf sein Eigenleben fast ganz verzichten und mit all der Mühe doch nur eine sehr fragliche Gemütlichkeit für die Seinen fcu schaffen. Daher ist das keio leichter Beruf. Wenn die Gattin und Mutter nicht Hausfrau sein will, ist es zu verwundern, daß fremde Frauen auch nur unter dem Druck äußerster Not zu diesem Beruf greifen? Verwunderlich ist es nicht, aber tief bedauerlich, denn die Kultur eines Volkes fällt und steht mit der Familienkultur und diese ist zu drei Viertel Sache der Hausmutter. Die Frage ob „Hausfrau" ein Beruf ist, ist also nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sozial sehrwichtig.

Vom kinderlosen Haushalt wollen wir ab- sehen. Er ist sicher, so wie der Haushalt der berufstätigen Frau, neben einem Beruf zu führen. Allerdings sollten wir uns klar sein, daß die zusätzliche Haushaltführung immer — in allen Schichten — eine schwere Belastung der berufstätigen Frau ist, die sie dem Mann gegenüber immer in Nachteil bringt.

Je höher und differenzierter die Berufsausbildung war, desto schwerer entschließt sidi die Frau, auf die Ausübung des Berufes zu verzichten. Allen gleich schwer ist wohl das Opfer wirtschaftlicher Selbständigkeit. Ich weiß, wie schwer uh es die ersten Jahre empfand, nicht mehr über „selbstverdientes“ Geld zu verfügen. Später findet sich aber doch etwas Zeit zu beruflicher Gelegenheitsarbeit. Viel schwerer ist der Tausch von geistiger, vielleicht führender Arbeit, zu ungewohnter körperlicher Hausarbeit. Auch da wird die Schwere oft noch durch falsche Auffassung der Hausarbeit erhöht. Deshalb glauben viele Frauen, es ihrer Geistigkeit sthuldig zu sein, daß sie die Hausarbeit verachten. Selbst eine Politikerin sprach kürzlich von der „geistlosen" Hausarbeit, die, wohl zum Unterschied vom öffentlichen Leben, keine geistig regsame Frau erfüllen und befriedigen könne. Das ist eine schiefe Schau. Hausarbeit, recht aufgefaßt, als Mittel zum Ziel: der Schaffung einer Grundlage für die Entfaltung wirklicher Familienkultur, die allein die B a S i s a 1 le r K u 11 u r einesVolkes i s t, kann eine geistig regsame Frau wohl befriedigen. Die gesund empfindende Frau, sofern sie sich nicht aus religiösen Gründen zur Jungfräuiichkit berufen fühlt, wird in keinem anderen Beruf so viel Befriedigung finden. Im Hinblicke auf die vielen Frauen, denen der furchtbare Krieg den zukünftigen Ehepartner geraubt hat, ist das traurig, aber es wird nicht besser, wenn man versucht, den vielen unerreichbaren Aufgabenkreis herabzusetzen. Vor langen Jahren sagte mir eine Kollegin einmal: „Ich arbeite eigentlich für 25 Schilling monatlich, alles andere schlucken die Hausangestellten, aber ich hasse die Hausarbeit.“ Mit solchen Ansichten dürfte man nicht heiraten. Wenn heute viele Frauen in allen Ländern auf die Ehe verzichten müssen, dann müßten die anderen, die zur Ehe kommen, auch volle Hingabebereitschaft mitbringen. Schon vom Standpunkt höherer Verpflichtung aus müssen sie das Kind, nein mehrere Kinder bejahen, Mutterschaft aber kann nicht im „luftleeren“ Raum geübt werden. Sie setzt einen geordneten Haushalt voraus. Mag sein, daß andere Erdteile für die Kinder berufstätiger Mütter ausreichend sorgen, bei uns fehlt es immer noch daran. Nur ein kleiner Bruchteil dieser Kinder ist in Kindergärten und Horten zufriedenstellend untergebracht. Für die Bedürfnisse der Arbeiterkinder ist noch besser gesorgt als für die Kinder der Intelligenzberufe. Die Anstalten, in denen solche Kinder gegen volle Bezahlung untergebracht werden können, leiden ständig unter Überfüllung. Dabei ist man doch nur richtig Mutter, wenn man sein Kind selbst pflegt und erzieht und nicht diese Aufgabe fremden Händen überläßt. Haushalten ist mehr als kochen, waschen, putzen, es ist „Atmosphäre“ schaffen.

Ich will nicht leugnen, daß heute der Verdienst des Mannes sehr oft nicht zur Haus- haltführung ausreicht und die Frau für den Unterhalt der Familie sorgen muß. Dann ist die Berufsarbeit der Mutter eben nötig, aber auch nur dann. Wir sollen die Ehrlichkeit aufbringen, die Verdrängung der Frau aus ihrem hauswirtschaftlichen Beruf durch ökonomische Verhältnisse als das zu sehen und žu bezeichnen, was sie sind, als sozialen M i ß s t a n d und nicht als „Fortschritt“ oder gar „Befreiung“ der Frau, i '

Ist diesen Mißständen njeht abzuhel en ? Zahlreiche Versuche wurden schon gemacht. Die erste Voraussetzung ist, die Überwindung der individualistischen Einstellung unserer Gesellschaft und die Durchsetzung des Familienlohnes, die Steuer- p o 1 i t i k, hat die Familie als Realität anzuerkennen, auch Ausgleichskassen können helfen.

Das sind praktische, materielle Fragen. Primär ist aber immer die Idee. Es geht um die Erkenntnisse der breiten Öffentlichkeit, daß die Tätigkeit der Hausmutter produktiv, also ein „anerkennenswerter" Beruf ist. Wenn es auch bei uns noch nicht so weit ist, wie Schriftsteller aus den zwanziger Jahren aus Rußland berichteten, daß die nicht berufstätige Hausmutter überhaupt keinen Anspruch auf Lebensmittelkarten hatte — heute hat man sich dort längst von solcher Praxis abgekehrt —, so fragt man sich doch vergeblich nach logischen Gründen, warum die gleiche Arbeit, von einer familienfremden Person verrichtet, eine Zusatzkarte verdient, für die die Hausmutter, wenn sie sie selbst verrichtet, nur die Normalkarte bekommt, denn sie „arbeitet“ nicht.

Die Hausmutter schreibt heute nach geltender Übung auf alle Formulare, mit denen unser heutiges Leben so reich gesgnet ist, unter die Rubrik Beschäftigung: „ohne“.

Gerade der Beruf, der keine Dienststunde, keine Freizeit, eigentlich auch keinen wirklichen Urlaub kennt, gerade der ist offiziell „ohne Beschäftigung". Es wäre an der Zeit, daß unsere Behörden, wenn nicht jeder Ehefrau, so doch mindestens jeder Frau, die mit Kindern ihren Haushalt allein oder von vier Kindern an ihren Haushalt mit einer Hausgehilfin führt oder als Kinderlose einen oder mehrere Haushalte mit mehr als drei Personen führt, zubilligen, daß sie „beschäftigt“ ist.

Im Mai kommt wieder der Muttertag. Da werden die „Mütter“ wieder einen Tag lang gefeiert. Dann aber sind sie wieder 364 Tage die „Beschäftigungslosen“ mit Beruf: „ohne“, Drohnen, die gerade noch eine „Normalverbraucherkarte“ verdienen.

Es geht aber weniger um die Kalorien, so wichtig sie sind, es geht um die Wertung der Arbeit einer — Gott sei Dank — gar nicht so kleinen Zahl von Frauen, es geht um soziale Gerechtigkeit.

Für die Schüler der 2. und 3. Stufe (mit Ausnahme des letzten Jahrganges) besteht jährlich eine vierwöchige Arbeitspflicht in Industrie, Handel, Landwirtschaft usw.

Ausdrücklich ist vorgesehen, daß Schüler aller Konfessionen gemeinsam unterrichtet werden; sämtliche Schulen werden in Hinkunft Staatsschulen sein.

Praktisch ist dieser Zustand in der Slowakei, die früher ein sehr gut ausgebautes konfessionelles Schulwesen besaß, bereits seit 1945 verwirklicht; hier wurden nach Auflösung des selbständigen slowakischen Staates über 1500 konfessionelle Schulen aufgehoben, darunter allein 1111 römisch- katholische. Für die böhmischen Länder be-, deutet das neue Schulgesetz die Aufhebung auch der wenigen hier noch bestehenden konfessionellen Schulen.

Die Stellungnahme der Kirche dazu ist eindeutig: noch im Jänner dieses Jahres überreichten die Bischöfe der Tschechoslowakei der Regierung eine Denkschrift, in der sie die Notwendigkeit einer Schulreform. anerkannten, aber der damit verbundenen Aufhebung der in der bisher geltenden Verfassung, wie auch in der Kasch- auer Part eien Vereinbarung anerkannten Lehrfreiheit entgegentreten:

„Auf der Bischofskonferenz im Herbst 1946“ — so heißt es in dieser Denkschrift — ,,haben wir in einem Memorandum die Regierung um eine gereihte und dem ., kritische Lösung der Schulfrage gebeten. Darauf wurde uns überhaupt keine Antwort gegeben. Die Resolution von der Kundgebung der katholischen Bevölkerung im Mai 1947 haben wir uns gleichfalls der Regierung vorzulegen erlaubt. Auch auf diese Entschließung wurde nicht geantwortet. In einem gemeinsamen Hirtenbrief von der vorjährigen Bischofskonferenz unterstrichen wir die Befürchtungen, mit denen wird die Vorarbeiten am neuen Schulgesetz verfolgen. Auch darauf wurde nicht reagiert. Wir erkühnen uns daher, neuerlich zu schreiben, beinahe in zwölfter Stunde.“

Der Kommunismus setzt mit dieser Umgestaltung des Schulwesens sein Erziehungsprogramm vollständig durch. Es darf hier daran erinnert werden, daß die Leistung der böhmischen Schule noch aus der Zeit des alten Österreich auf hoher Stufe stand und mit dem besten Schulv esen Europas in Wettbewerb treten konnte. Nun wird mit diesem Erbe Schluß gemacht. Der Kommunismus ist konsequent. Alles Westliche muß vernichtet werden, um dem neuen Geist Platz zu machen.

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