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Emanzipation für Hausfrauen

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Das Thema „Gleichberechtigung“ - immer wieder hochgespielt von den Medien und einseitig auf die Arbeitswelt zugeschnitten, hat auch Aspekte, um die sich bisher keiner so recht gekümmert hat. Und je mehr man sich damit beschäftigt, desto größer scheinen die Probleme, der Bruch zwischen Idealvorstellung, Tradition und Realität. Vor allem unter den Frauen selbst ist eine Kluft entstanden, die alle Bemühungen um Solidarität zu gefährden scheint. Da gibt es die Berufstätigen, schon Emanzipierten, die geringschätzig auf die Frauen herabsehen, welche die Erziehung ihrer Kinder für wichtiger halten als Bürojob oder Fließbandarbeit. Und auf der anderen Seite bezeichnen sogenannte Nur- Hausfrauen die Berufstätigen verächtlich als „Emanzen“.

Um diese Kluft zu überbrücken, entstand an einer Volkshochschule in Wien ein Vormittagskurs für Hausfrauen, deren Kinder im Kindergarten oder in der Schule sind. Für Frauen, die durch die vom Katholischen Familienverband und von den Frauenbewegungen der Parteien organisierten Mütterseminare nicht erfaßt werden.

Acht Frauen fanden sich ein. So unterschiedlich ihr Alter, ihr Auftreten, ihre Bildung und ihr Milieu waren, sie hatten doch Wesentliches gemeinsam. Sie empfanden den Haushalt als Selbstverständlichkeit, waren von der großen Bedeutung der Kindererziehung überzeugt, hatten keine besonderen finanziellen Schwierigkeiten und beneideten keine Frau um ihre Berufstätigkeit außer Haus. Haben solche Frauen Emanzipationsprobleme?

Zuerst schien es, als wären sie aus purer Neugierde gekommen. „Ich möchte einmal etwas anderes hören.“ Da ihre verschiedenen Erwartungen und Interessen kaum unter einen Hut zu bringen waren, gab es auch gleich die ersten Konfrontationen.

Was die Frauen vorbrachten, deckte sich beinahe lächerlich genau mit einer Untersuchung, die das österreichische Institut für Berufsbildungsforschung im Jahr 1974 durchgeführt hat. Sie beklagten, daß sie eigentlich in der Wohnung keinen Platz für sich haben, daß ihre Tätigkeit im Haushalt nicht als Arbeit anerkannt wird. „Wenn mein Mann am Abend nach Hause kommt, dann reagiert er an mir und an den Kindern seinen Arbeitsstreß ab und ist der Meinung, mir ginge es gut, denn ich hätte ja den ganzen Tag zu Hause sein können.“ Dem Mann gestehen sie noch zu, daß er am Abend im Haushalt nicht mithilft. „Daß er sich aber auch am Wochenende hinten und vorn bedienen läßt, ärgert mich.“ Da kann ich meinen Kindern hundertmal erklären, daß der Haushalt uns alle angeht und daß sie helfen sollen. Wenn sie sehen,

daß der Papa nichts tut, dann sagen sie, sie hätten die ganze Woche in der Schule arbeiten und am Nachmittag Aufgaben machen müssen und rühren keinen Finger.“ Sie sind auch nicht mehr ganz sicher, ob es wirklich nur Sache der Mutter ist, die Kinder zu erziehen. „Mein Mann möchte, daß der Bub gut lernt, damit er später studieren kann. Aber um die Schule kümmert er sich gar nicht.“

Mit der Pflege von Hobbys und mit der Weiterbildung haben sie alle Schwierigkeiten. Viele versuchen es gar nicht, andere geben rasch wieder auf. Vereinzelt setzt sich eine gegen den Widerstand der Famüie durch. „Ich wollte einen Malkurs am Nachmittag besuchen. Im Kurs habe ich mich wohlgefühlt und ich habe auch Fortschritte gemacht. Aber mein Mann hat mich ausgelacht und sogar die Kinder gegen mich aufgehetzt. Da habe ich mir gesagt: dann erst recht. Jetzt gehe ich schon das dritte Jahr in den Malkurs, und vor kurzem hat mein Mann sogar gefunden, daß die Büder schon ganz nett sind, die ich male.“ Meistens jedoch besteht die Freizeitbeschäftigung aus Fernsehen.

Die ersten Kurstage zeigten aber auch, wie intolerant viele Frauen anderen Lebensauffassungen, Einstellungen und Verhaltensweisen gegenüber sind.

Da ging es einmal um die Isolation, um den mangelnden Kontakt mit anderen Frauen, die auch Kinder haben. Jede von ihnen wollte solche Kontakte, kaum eine wußte, wie sie es anpak- ken sollte. Im Laufe des Gespräches erklärte dann eine von ihnen: „Ich möchte schon mit anderen Frauen und Kindern Zusammenkommen, aber wenn ich daran denke, was ich dann in meiner Wohnung zusammenräumen muß, dann verzichte ich lieber darauf. Wahrscheinlich bin ich zu egoistisch.“ Mit den Konsequenzen, die sich aus den angeregt verlaufenden Gesprächen ergaben, konnte (oder wollte) aüch sie nichts anfangen.

Geblieben sind nur wenige. Jetzt kommen sie regelmäßig. Ihr Hauptinteresse gilt den Fragen der Kindererziehung. Was kann eine Mutter dazu beitragen, daß ihre Kinder weniger Schwierigkeiten mit der Gleichberechtigung haben? Daß ihre Buben und Mädchen mit der Partnerschaft besser umgehen können? Die Probleme, die sie aufwerfen, beweisen auch, wie wenig sie mit ihrem Mann darüber sprechen können. „Mein Mann lacht mich aus, wenn ich solche Fragen besprechen will.“

Haben Hausfrauen Emanzipationsprobleme? Ich glaube ja. Aber es Sind nicht nur ihre Probleme. Es sind auch die ihrer Männer, ihrer Kinder, der ganzen Famüie.

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