Seit voriger Woche ist ein Wiener Gemeindebau im 18. Rezirk nach Ernst Karl Winter, einem der interessantesten katholischen Politiker der Ersten Republik benannt. Vor 25 Jahren hatte sein ältester Sohn, Ernst Florian Winter einen entsprechenden Antrag gestellt; immerhin einigten sich die Gemeindepoltiker vor zehn Jahren auf einen kleinen Ernst-Winter- Wg in den Weinbergen, ebenfalls im 18. Wiener Gemeindebezirk, aber ohne Postadresse. In diesem Fall mahlten nicht nur die Bürokra-tiemühlten langsam. Bis heute wird der 1895 in Wien geborene Ernst Karl Winter von der Zeitgeschichte ebenso
Es könnte widersprüchlicher nicht sein: einerseits betonen Politiker und andere Erwachsene ständig, wie sehr sie ihre Hoffnung in die Jugend setzen, die angeblich alle Voraussetzungen dafür mitbringt, die Wiederholung vergangener Katastrophen - Krieg, Faschismus, Bassenhaß und so weiter — zu vermeiden. Tatsächlich ist da vieles, was Mut macht.Anderseits beklagen dieselben Politiker und andere Erwachsene die zunehmende Tendenz zu Drogen und Gewalttätigkeit unter Jugendlichen und immer Jüngeren, und sie haben damit - glaubt man den Medien der letzten Monate, Wochen und Tage - ebenso
So kurz können die Kurznachrichten im ORF gar nicht sein, daß eine Naturkatastrophe, ein Flugzeugabsturz oder ein Banküberfall irgendwo in der Welt nicht für eine Spitzenmeldung gut wäre. Gar nicht zu reden von den Tageszeitungen, wo die Schlagzeilen für unpolitische Katastrophen stets Vorrang haben.„Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten" und „Besser eine schlechte Nachrede als keine" - so der Maßstab für die meisten Medien. Bedeutet das, daß gute Nachrichten und gute Nachrede schlecht für die Aufmerksamkeit und daher schlecht fürs Geschäft sind? „Leser oder
Nur in einer demokratischen Gesellschaft gibt es die Möglichkeit für einen religiösen Pluralismus", brachte der Londoner Rabbiner und Religionswissenschafter Albert H. Friedlander im Bildungshaus St. Virgil die Zukunft der Religion auf den Punkt. Und das bedeutet, so Friedlander weiter, „zu akzeptieren, daß es mehrere Offenbarungen gibt". Darauf schienen sich die rund 60 Teilnehmer(innen) - Christen, Juden, Muslime, Ruddhisten und Hindu - zu einigen, obwohl deutlich wurde, daß dies für die monotheistischen Religionen nicht ganz einfach ist.Auch für den Sprach- und
Alt werden wollen alle, alt sein will niemand. Und alle wollen jugendlich bleiben — möchten siejieute aber auch jugendlich sein?Kein Zweifel, materiell geht es den meisten heute um vieles besser als Jugendlichen früher. Es werden ihnen mehr Freiheiten eingeräumt, autoritäres Erwachsenengehabe gibt es kaum mehr, ihnen stehen Möglichkeiten offen, von denen man als Jugendliche(r) früher nicht zu träumen wagte.Trotzdem ertappe ich mich immer häufiger dabei, daß ich Jugendliche heute eher bedaure als beneide. Ihre Berufsaussichten sind schlecht, ihre Umwelt wird zunehmend zerstört, die
Bei Eltern und Pädagogen löst das Thema „Computerspiel' meistens Stirnrunzeln oder sichtbares Unbehagen aus. Ihre Skepsis oder Ablehnung steht in auffallendem Gegensatz zur Begeisterung und Faszination von Kindern und Jugendlichen, was ja umso erstaunlicher ist, als Erwachsene heute oft mit den Jugendlichen geradezu wetteifern, um nicht für altmodisch und nichtjugendlich zu gelten.Auch die veröffentlichte Meinung, seien es Medien oder pädagogische und psychologische Literatur, tendieren zur negativen Stigmatisierung. Sie beziehen sich vorwiegend auf rechtsradikale Computerspiele,
Aus einer gewaltigen Materialfülle über Friedrich Heer hat Evelyn Adunka, 1965 in Kärnten geboren, zunächst eine Dissertation zum Abschluß ihres Studiums der Philosophie, Geschichtswissenschaft und Judaistik verfaßt, aus der nun eine „intellektuelle Biographie” Friedrich Heers entstanden ist. Mit Staunen erfährt man die Bandbreite von Heers Denken, die Tiefe seiner Religiosität und seines Humanismus, die Schärfe seiner Kritik, seine politische Hellsichtigkeit und die Wucht seiner pathetischen Sprache.Schon das Inhaltsverzeichnis liest sich wie ein „Who is Who” seit 1945: Mit
Klagen über unsere mangelhafte politische Kultur nehmen zu. Sofern Kommunikation im politischen Bereich überhaupt stattfindet, verläuft sie indirekt über die Medien oder mehr oder weniger untergriffig.
Auch wenn es weltweit nicht danach aussieht: Die UNO hat bekanntlich das Jahr 1995 zum „Jahr der Toleranz” erklärt. Die Diskussion über „Weltreligionen und Frauenrechte”, veranstaltet von Am-nesty und ACUS, versuchte aus diesem Anlaß vieles unter einen Hut zu bringen. Ist Toleranz zwischen den Weltreligionen möglich? Sind die Weltreligionen Frauen gegenüber tolerant? Halten sie die von der UNO deklarierten Menschenrechte ein?Resümee der Diskussion zwischen Vertreterinnen von Buddhismus, Christentum, Islam und Judentum untereinander und mit dem Publikum: würde sich die Praxis an
Mit der Französischen Revolution waren sie zu Geschwistern -geworden, der Liberalismus und das Judentum. Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit, Aufklärung, Emanzipation und Menschenrechte: die zentralen Anliegen des Liberalismus mußten dem jahrhundertelang ausgegrenzten und verfolgten Judentum - zumindest den städtischen, intellektuellen Juden - paradiesische Perspektiven eröffnen.Eindrucksvoll belegte der Historiker Julius Schoeps beim Symposion „Judentum und Liberalismus”, einer gemeinsamen Veranstaltung des Jüdischen Instituts für Erwachsenenbildung und der Wiener Urania, mit
Das Alte Testament als „Tendenzschrift”, die Juden „Ein Volk, ein Reich, ein Glaube”, ihr „Erwählungsdünkel” und ihre „Geldgier”, ihr „Schreckensgott vom Sinai” und „Jesus Christus als größtes Holokaust-Opfer” - solche Zitate wecken Assoziationen an das Dritte Reich oder an neonazistische Publikationen.Weit gefehlt! Es handelt sich um Formulierungen feministischer Autorinnen und vor allem feministischer Theologinnen. Was unglaublich klingt, ist überprüfbare Realität: Ihre Rücher erscheinen mit mehrfachen Auflagen seit etwa zehn Jahren. Die Diskussion über
Ist die Diskussion um die „Dritte Republik“ wirklich eine Erfindung Jörg Haiders? Entsprechen Verfassung und Parlament in Österreich europäischen Standards von Demokratie?
Uber die Symbiose der wienerischen imd der jüdischen Kultur ist viel geschrieben worden. Sie gilt auch als gerne zitiertes Reispiel geglückter Multikulturalität. Während bei der Symbiose Wesentliches ausgeblendet geblieben ist, ist das zitierte Beispiel schlichtweg unrichtig. Der ostjüdische Einfluß auf Wien dürfte noch weitgehend bekannt sein. Viel weniger bewußt sind die Einflüsse der türkisch-spanioli-schen, aschkenasischen oder sojwetischen Juden oder gar der jiddischen Subkultur in Wien. Doch ganz gleich, woher sie kamen: die kulturelle Vielfalt, die die ostjüdischen
Längst meint man, über den Holokaust und über die antijüdische Tradition alles zu wissen. Und meint, mit Aufklärung und Psychologie Ähnliches für immer verhindern zu können. Michael Ley bringt einen neuen, leider überzeugenden Blickwinkel: „Jede Interpretation des Nationalsozialismus, die die religiöse Dimension außer acht läßt, muß notwendigerweise scheitern.“ Bis in kleinste Details hat Hitler die kirchliche Tradition vom jüdischen Antichrist übernommen und den Nationalsozialismus zu einer politisch-religiösen Bewegung gemacht. Die klare, fundierte Analyse beeindruckt
Eine Woche in Theresienstadt verbrachten im April dieses Jahres vierzehn Studenten von Anton Lehmden, Maler und Professor an der Wiener Akademie der bildenden Künste. Unter dem unmittelbaren Eindruck des ehemaligen Konzentrationslagers malten die jungen Künstler aus Osterreich, Deutschland, Japan, Singapur und Bulgarien in dieser kurzen Zeit ihre Bilder.Gestaltung, Technik und Material spiegeln die Atmosphäre der tiefen Eindrücke deutlich wider. In allen Bildern stehen das ehemalige Lager und das Leben dort im Mittelpunkt; besonders auffällig ist die „Gesichtslosigkeit", auch dann,
KV inder als Opfer von Krieg und Verfolgung" - ein k. Kongreß in Hamburg. 600 Ärzte, Psychologen, Sozialarbeiter und Flüchtlingsbetreuer aus 40 Ländern Europas, den Vereinigten Staaten, Lateinamerika und Afrika. Sie wollten klären, was in Kindern vorgeht, wenn sie Opfer von Krieg und Verfolgung werden, und wie man ihnen helfen kann.Zwölf Millionen Kinder sind es, die weltweit kein Zuhause haben, fünf Millionen leben in Lagern, vier Millionen haben in Kriegen körperliche Schäden erlitten, auch durch Folter. So unterschiedlich die Regime und Regionen - Verfolgte und Kinder von
Der Geschworenenprozeß gegen fünf wegen NS-Wiederbetätigung angeklagte junge Männer - drei von ihnen zum Zeitpunkt der Tat noch Jugendliche - war im Mai 1993 mit bedingten Freiheitsstrafen zu Ende gegangen. Eine Woche später saß ich mit acht anderen, etwa gleichaltrigen jungen Männern der sogenannten Langenloiser Kameradschaft, die als Mitläufer angeklagt waren, in einem Kursraüm der Volkshochschule Krems. Über Initiative des Präsidenten des Landesgerichts, Gerwald Lentner, und in Zusammenarbeit mit der Bewährungshilfe hatte man ihnen einen Vorschlag unterbreitet: wenn sie bereit
Rechtsextremismus ist - Gott sei Dank - nicht nur bei Rechtsextremen „in". Das wurde kürzlich bei einem Symposium der Bundesarbeitsgemeinschaft für Katholische Erwachsenenbildung im Wiener Kolpinghaus Althanstraße offensichtlich.
Der Verein Gedenkdienst und der hartnäckige persönliche Einsatz des Innsbrucker Politologen Andreas Maislinger haben Einmaliges zustandegebracht: Österreich ist das einzige Land, in dem Zivildiener ihren Wehrersatzdienst in ausländischen Holo-kaust-Gedenkstätten ableisten können. Eigenartigerweise scheint Österreich darauf gar nicht stolz zu sein. Statt dieses Engagement laut hinauszutragen, wird es beinahe schamhaft verschwiegen. Und wie die Diskussion, ob weitere Zivildiener in ausländischen Holokaust-Gedenkstätten zum Einsatz kommen werden, ist auch etwas anderes kein Thema: Wer
Würden Sie gerne in Dachau, Buchenwald, Mauthausen, Theresienstadt oder gar in Auschwitz leben? Kaum, wenn es sich vermeiden läßt. Mit Nürnberg oder Berchtesgaden hätten Sie aber möglicherweise weniger Probleme.
„Geschichte zu kennen, ist subversiv", hat Friedrich Heer gesagt. Dieser Gefahr weicht die österreichische Zeitgeschichte allerdings hartnäckig aus. Das betrifft weit mehr als die NS-Zeit die Erste Republik, und hier vor allem den Ständestaat. In eigenartigem Gegensatz vereinigen sich dabei Verdrängung und ideologische Fixierung. Ganz besonders trifft das auf Engelbert Dollfuß zu, der am 4. Oktober hundert Jahre alt geworden wäre.
In der Zwiespältigkeit des Dichters zwischen Humanität und Menschenverachtung, zwischen gläubiger Skepsis und Intellek-tualität finden sich russische Patrioten.--
Vorwiegend jüdische Kulturprominenz von heute las aus Werken vorwiegend jüdischer Kulturprominenz der Zwischenkriegszeit im Jüdischen Gemeindezentrum in Wien. Anlaß: zum 850. Geburtstag des spanischen Gelehrten Maimonides wurde eine B'nai B'rith Mai-monidesloge Wien gegründet. Mitveranstalter und unter den Zuhörern stark vertreten war die Vereinigung Jüdischer Hochschüler Österreichs.Bei der Ehrung des Maimonides durch die UNESCO wurde — so Botschafter Michael Elizur in seiner Begrüßungsrede — nicht erwähnt, daß der Gefeierte Jude war, um die Gegner Israels nicht zu
In Arnoldshain, Frankfurt und Heppenheim (Bundesrepublik Deutschland) kamen jüngst Martin-Buber-Experten zu Tagungen zusammen, deren Resümee dieser Beitrag zu ziehen versucht.
„Es besteht für mich kein Zweifel, daß es die Schicksalsfrage des Nahen Ostens ist, ob eine Verständigung zwischen Israel und den arabischen Völkern zustande kommt, so lange noch eine Möglichkeit dazu besteht."Martin Buber, der solches in seinem letzten Aufsatz vor seinem Tod im Juni 1965 unter der Uberschrift „Es ist an der Zeit, einen Versuch zu machen" schrieb, ist als Religionsphilosoph, vor allem aber auch als Erzähler chassidischer Geschichten unter Juden wie Nicht-Juden gleichermaßen bekannt und beliebt.Weniger bekannt und ebenso wenig geliebt ist er bis heute als
Der Libanonkrieg bedeutete nicht nur für Israel einen tiefen Einschnitt. Die Risse im nationalen Konsens des Judenstaates und in der Diaspora nötigten auch Nicht-Juden, die Vielfalt innerhalb Israels und innerhalb des Judentums zur Kenntnis zu nehmen.In Gesprächen mit protestierenden Soldaten, Frauen, Arbeitern, Intellektuellen, Künstlern, orientalischen Juden und israelischen Arabern über die Friedensbewegungen, Parteien, Gesellschaft, Staat, Kultur, Religion und das Palästinenserproblem in Israel ist es dem Herausgeber John Bunzl gelungen, weit über den Stand der israelischen
Es mag alles noch so vernünftig und friedlich scheinen: Kinder fühlen, worum es wirklich geht. Sie spüren das Grundsätzliche der Spannungen zwischen den Eltern, auch wenn sich diese in mehr oder weniger alltäglichen Reibereien niederschlagen. Auf den „Ungehorsam“ und die „Untaten“, mit denen ihre Kinder darauf reagieren, haben die meisten Väter und Mütter nur Zu-rechtweisungen und Strafen übrig.Die zwölfjährige Trissy schreibt sich in ihrem Tagebuch mit einer unbekümmerten, manchmal fast brutalen Sprache ihre Wut über die Verständnislosigkeit der Erwachsenen von der Seele.
Maria ist Brasilianerin, zehn Jahre alt und fällt bei allen Prüfungen durch. Aber auf dem Seil tanzen kann sie. Warum muß sie bei ihrer Großmutter in Rio leben, die nichts vom Zirkus und vom Seil hören will? Was versucht Maria zu vergessen? Wo sind ihre Eltern? Mit Hilfe des Seils tastet sie sich schrittweise in ihre Vergangenheit zurück. Sie wird mit der schmerzlichen Erinnerung fertigwerden und ihr neues Leben annehmen.Ein beinahe tiefenpsychologisches (Kinder?)Buch, das vor allem von seiner kraftvollen und poetischen Sprache lebt.MARIA AUF DEM SEIL. Von Lygia Bo- junga Nunes.
Einseitigkeit und undemokratisches Zustandekommen des Linzer, Weichheit und in seiner Allgemeingültigkeit einseitige Inter- pretierbarkeit des Bischofsappells, das waren die Hauptvorwürfe gegen die beiden Friedensappelle anläßlich einer Diskussion im Internationalen Kulturzentrum Annagasse in Wien.Diesen und weiteren Vorwürfen, wie inhaltliche Enge(Linzer Appell) und Spaltung der Friedensbewegung (Bischofsappell), Rede und Antwort standen in der von der Solidaritätsgruppe engagierter Christen (SOG) und der Katholischen Arbeiterjugend gemeinsam veranstalteten Podiumsdiskussion
Auch positive Vorurteile halten sich hartnäckig. Das wäre an sich nichts Schlechtes, würden sie damit nicht an der Realität vorbeigehen und Veränderungen verleugnen. So ergeht es auch den neun österreichischen SOS-Kinderdörfern, in denen heute rund 800 Kinder und Jugendliche von 130 Kinderdorf-Müttern betreut werden.Die ursprüngliche Zielgruppe der Hermann-Gmeiner-Idee, die Waisenkinder, machen in Österreich heute nur noch 3,4 Prozent aller Kinderdorf kinder aus. Weitere 18,6 Prozent sind Halbwaisen, der weitaus größte Teil, nämlich beinahe vier Fünftel, sind sogenannte
194 7 bezeichnete der damalige Mayrhofner Bürgermeister Groll den ehemaligen SS-Mann und nunmehrigen Gemeinderat Hausberger in einer öffentlichen Versammlung als ,£S-Mörder“ und forderte ihn auf, ihn zu klagen. Hausberger klagte nicht.Die Sache blieb Dorfgespräch. Groll behielt das belastende Material gegen Hausberger unter Verschluß und machte diesen zum Vizebürgermeister. Fast 35 Jahre später klagte der nun zum Bürgermeister gewählte Hausberger einen Journalisten, der ihn wegen behaupteter Beteiligung an Judenermordungen im Osten als ,JSS-Mörder“ bezeichnet hatte.Die
Das Verhältnis zwischen Müttern und Töchtern ist bis heute — sogar für die Frauenbewegung — ein Tabu geblieben. Weil es so frei ist von Konflikten? Im Gegenteil. Eine erstmals in Österreich durchgeführte empirische Studie hat dies eindeutig nachgewiesen.Die Autorin der Studie, Dozentin Ruth Wodak, ließ von dreizehnjährigen Buben und Mädchen in zwei AHS-Klassen und in je einer Hauptschulklasse A- und B-Zug sowie in einem Institut für sozial gestörte Kinder Aufsätze zum Thema „Meine Mutter und ich" schreiben. Den Kindern war zugesichert worden, daß nur Ruth Wodak die Aufsätze
Wir Juden verdanken Papst Johannes XXIII. mehr, als es vielen von uns bewußt ist. Aber alle jene, die sich für den Abbau des Antisemitismus und für einen Dialog zwischen Christen und Juden ein- setzen, wissen, wie bahnbrechend gerade dieser Papst dabei gewesen ist.Die sogenannte „Judenerklärung“ des 2. Vatikanischen Konzils sieht zwar nicht mehr so aus, wie sie von Johannes XXIII. ursprünglich gedacht war, aber ohne seine Initiative wäre sie überhaupt undenkbar gewesen.Auf Wunsch Johannes XXIII. wurde vom vatikanischen Sekretariat für die Förderung der Einheit der Christen ein
„Das Buch ist schon gut, aber es gibt viel zu lange Beschreibungen über Probleme, die man eh schon kennt; eigentlich ist es nicht besonders interessant Inhalt 5, Stil 6".Mit diesem Urteil endet die Rezension eines Jugendbuches, das die Sechzehnjährige innerhalb einer Woche zu lesen und zu bewerten hatte. Die Notenskala reicht von 1 bis 10, Bewertungen über 8 kommen nur selten vor. Die Mitglieder des „Klub der Jugend für Jugendbuch-Kritik" (KJuJuK), derzeit noch durchwegs AHS-Schüler und Schülerinnen im Alter zwischen zwölf und sechzehn Jahren, lassen sich weder von berühmten Namen
Praxis oder Theorie, das ist hier die Frage: Sie zog sich wie ein roter Faden durch den von der Osterrei~ chischen Gesellschaft für Kommunikationsfragen erfolgreich und interessant gestalteten Ersten österreichischen kommunikationswissenschaftlichen Tag mit dem Thema „Österreich im Weltkommunikationsjahr 1983 —der Beitrag der Forschung“.Was immer zur Sprache kam, es gerieten einander Wissenschafter und Journalisten recht heftig in die Haare, sie standen sich beinahe feindselig gegenüber.Meinten die einen, sie als geborene Medienbegabungen hätten die Kommunikation nicht nur entdeckt,
Natürlich haben die Leute oft gesagt, es geht da zu wie in einer Judenschule. Das ist ja auch eine Art Antisemitismus, wenn man will, in einer abgewandelten Form."„Man hat gespürt, daß bestimmte Leute und bestimmte Kunden mit uns nichts zu tun haben wollen. Wir haben hinten herum gehört, daß die Konkurrenz sagt, kauft nicht bei dem, das ist eine jüdische Firma."„Wenn man das eine Form von Antisemitismus nennen will, muß man Ja sagen: daß ein Angestellter einmal einen Verweis gekriegt und sich geärgert hat, daß der Jud* ihn kritisiert." „Ich hab immer das Gefühl
Klinisch reiner Nationalsozialismus? Was ist das?Lehrer auf der Schulbank verhalten sich gar nicht anders als ihre Schüler, sie bringen nämlich ihr echtes oder scheinbares Interesse durch aufmerksames oder gespieltes Zuhören zum Ausdruck, und wie die meisten Schüler stellen sie keine Fragen, nehmen nicht Stellung. Selbst dann, wenn es um ein so heißes Eisen wie die Darstellung der NS-Zeit im Schul-, bzw. Kinder- und Jugendbuch geht.,Genauso spielte es sich auch bei dem ausgezeichneten Referat von Peter Malina zum Thema Zeitgeschichte in der Kinder- und Jugendliteratur anläßlich der 18.
Wer meint, die österreichische Friedensbewegung sei nach der „Demonstration der 70.000” am 15. Mai in einen Dornröschenschlaf gefallen, irrt. Das erste nachfolgende bundesweite Friedensplenum der Plattform im September in Linz zeigte deutlich, daß zahlreiche regionale Friedensgruppen ihre Organisation ausgebaut, weitere sich neu gegründet und vor allem den Hiroshima-Tag auch während des Sommers zu Aktionen verschiedenster Art in allen Bundesländern genützt haben.Hervorstechendste Tendenz der österreichischen Friedensbewegung: zwar bundesweite Koordination — insbesondere zu
Ihre bisherigen Leser(innen) werden sich diesmal schwer tun. Bekannt und erfolgreich geworden ist Cheryl Benard durch ihre engagierten, populärwissenschaftlichen und gut lesbaren Veröffentlichungen zur Frauenemanzipation.Mit diesem Buch liegt nun ihre Habilitation vor, die thematisch interessant, aber für Leser, die mit dem politologisch-soziologischen „Jargon" nicht vertraut sind, schwer zugänglich ist: eher für wissenschaftlich Geschulte, die sich mit dem Thema bereits befaßt haben.Resümee der Autorin: Vordergründig haben Schwarze und Frauenbewegung mit denselben Problemen und
Eine Untersuchung in Österreich widerlegt Klischeevorstellungen vom Vorherrschen von Promiskuität und von anarchischem Gedankengut. Junge Leute suchen Symbiose von Eigenleben und Gruppenbezug.
Die bekannte österreichische Jugendbuchautorin hat wieder ein heißes Eisen aufgegriffen: in einer Kleinstadt soll ein Heim für Drogenabhängige errichtet werden. Die Mehrheit der Bevölkerung ist dagegen, die politischen Gruppen richten sich nach der Mehrheit, die Aggressionen gegen die Außenseiter erinnern an das längst vergangene Dritte Reich. Eine kleine Gruppe junger Leute setzt sich für das Heim ein, scheitert jedoch an der Realität.Alles, was Renate Welsh beschreibt, ist Realität, eine Wirklichkeit, wie wir alle, auch Jugendliche, sie täglich erleben. In das Tagesgeschehen um
Was erwartet man von einem Lexikon zum Judentum, das ein Protestant und ein Katholik gemeinsam verfaßt haben? Möglichst umfassende und sachliche Information aus einer möglichst kritisch-differenzierten Position auch hinsichtlich des Christentums.Weitgehend ist das den beiden Kölner Judaisten mit ihrem Gemeinschaftswerk sogar in der knappen Form eines handlichen Taschenbuches gelungen. Es enthält Kurzbiographien wichtiger Persönlichkeiten sowohl des Judentums (von Abraham und Moses über Mendelssohn bis zu Marx, Buber, Ben Gurion und Begin) als auch solcher, die als Nicht-Juden in der
Unter Frieden verstanden die Römer zur Zeit Jesu etwas völlig anderes als die meisten Juden. Für „Pax Romana" bedeutete Frieden die Sicherung der wirtschaftlichen, militärischen und politischen Überlegenheit. Mit „Schalom" aber meinte die arme jüdische Bevölkerung Leben, Hoffnung, Gemeinsamkeit, Hilfe für den Nächsten, die Botschaft der Messiaserwartung. Vielen Rabbinern galt „Schalom" als ein anderer Name für Gott, führte die Frankfurter Vikarin Ruth Habermann bei einer Veranstaltung der Solidaritätsgruppe engagierter Christen zur „Friedenspraxis in der
Im Monat März nahm sich das Wiener Gemeindezentrum der Israelitischen Kultusgemeinde der Frau in einer Vielfalt an, die selbst in seit vielen Jahren engagierten Frauenorganisationen selten ist.Die Fotoausstellung von Lillian Birnbaum stand unter dem Motto ,Jm Mittelpunkt die Frau". Des 44. Jahrestages des Einmarsches Hitlers in Österreich gedachte das jüdische Gemeindezentrum in der Matinee „Die Frau in der Zeit der politischen Verfolgung" (Herbert Steiner vom Dokumentationsarchiv, Trautl Brandstal-ler vom ORF).Uber Kunst und Politik ging es weiter zur Religion mit einem Vortrag
Manche Kreise der Frauenbewegung scheinen davon genug zu haben, ständig nur auf die Ohnmacht, die Hilflosigkeit und das Ausgeliefertsein der Frauen in der Geschichte hinzuweisen. So tritt auch diese Sammlung gut lesbarer Fachbeiträge den Beweis an, daß Frauen „unter den Bedingungen der Familienwirtschaft insgeheim durchaus einflußreich und zuweilen offen rebellisch", daß insbesondere Familienmütter aus der Unterschicht an Bauernunruhen, Steuerrevolten bis zu Maschinenstür-mereien beteiligt waren.Erst aus der Herausbildung der bürgerlichen Familie im 19. Jahrhundert entstand das
Eigentlich ist es eine Liebesgeschichte. Da der Autor jedoch Simon Wiesenthal heißt, handelt es sich um ein jüdisch-polnisches Paar, sein Schicksal während des Zweiten Weltkrieges und im KZ und seine Erlebnisse mit einem SS-Mann, die für die weitere Beziehung zwischen den beiden Uberlebenden eine wesentliche Rolle spielt.Ein berührendes Einzelschicksal innerhalb der NS- und KZ-Maschinerie, das umso betroffener macht, als es dennoch Grundsätzliches aufzeigt: wie schwer (oder fast unmöglich) es nämlich ist, allgemeingültige Schlüsse zu ziehen oder klare Verhaltensweisen vorzugeben. Aus
Kind- und Erwachsensein, wer kann das schon so ganz auseinanderhalten? Kinderbuchautoren’ bestimmt nicht. Wie richtig sie damit liegen, beweisen diese Geschichten quer durch alle Erdteile, die die bekanntesten und beliebtesten modernen Schriftsteller für Kinder aus aller Welt zum 35. Geburtstag der Unicef kostenlos zur Verfügung gestellt haben.Die Realität, wie Kinder sie sehen, enthält hier jenen Schuß Utopie, wie sie im Herzen Junggebliebene für möglich halten: das Akzeptieren von Anderssein, die Selbstverständlichkeit von Gleichberechtigung, Vertrauen und Hilfsbereitschaft als
Für die meisten Nicht-Juden endet die Geschichte Israels mit der Zerstörung des Tempels im Jahre 70 n. Chr. und beginnt wieder im 20. Jahrhundert. Der Israel-Reisende steht zwar fasziniert vor den Kunstdenkmälern, die für die jahrtausendealte Ge-Tschichte dieses Landes Zeugnis ablegen, vermag aber im allgemeinen nur die christlichen Stätten künstlerisch und historisch einzuordnen.Der vorliegende Israel-Kunst-und -Reiseführer macht den Versuch, die Kunst- und Kulturstätten der drei großen monotheistischen Religionen, denen Jerusalem gleichermaßen als Heilige Stadt gilt, in einen
Schenkt man den herrschenden Klischees Glauben, so steht sozialistisch für und bürgeriich gegen die Emanzipation der Frau. Wie eingeschränkt diese Vorstellung vom Anbeginn der Frauenbewegung im vorigen Jahrhundert bis zum heutigen Tag Gültigkeit hat, beweist die voriiegende Analyse der deutschen sozialdemokratischen Frauenbewegung, auch wenn die Entwicklung auf öster-. reich nur begrenzt übertragbar ist.Das gilt weniger für die männlichen Vertreter der verschiedenen weltanschaulichen Lager - von verbalen Deklarationen abgesehen bestehen hier in der Praxis kaum Unterschiede in den
„Die Kirche in Judenstein ist den unschuldigen Kindern und dem seligen Andreas von Rinn geweiht. Sie wurde auf Betreiben des Haller Damenstiftsarztes Hypolit Guarinoni 1670 - 71 erbaut. Erst 1730 wurde das Gewölbe mit sehr elegantem Stuck versehen. Die Deckengemälde schufen 1776 Franz und Josef Giner aus Thaur. Es sind die einzigen Bildern, die von diesen Künstlern erhalten sind. Im Falle des seligen Andreas von Rinn handelt es sich um eine Legende.Die Legende sagt, daß 1462 das dreijährige Kind einer Witwe, die auf den Feldern von Amras arbeitete, in ihrer Abwesenheit von
Gibt es eine jüdische Kultur der Gegenwart oder schwelgt das Judentum nur in Nostalgie? Gibt es heute nur jüdische Künstler oder auch außerhalb Israels so etwas wie ein modernes Judentum mit charakteristischen künstlerischen Ausdrucksformen?Manchmal scheint es, als hätte insbesondere das Wiener Judentum nach dem Anschluß Österreichs an Hitler- deutschland und dessen katastrophalen Folgen den Anschluß an seine vielfältige jüdische Vorkriegskultur nicht wiedergefunden. Diese Unsicherheit in der Diaspora-Identität innerhalb einer immer noch als feindlich bzw.
„Es ist ein ungeschriebenes Gesetz, daß die Frau kochen lernt, Frauen sind ja meistens auch schöner, um den Männern zu imponieren. Sie ist eben dafür geschaffen, in der Küche zu stehen.“ „Meine Frau darf arbeiten gehen, wenn sie es möchten. Sie darf auch den Führerschein machen.“Aussprüche hartnäckiger Gegner der Gleichberechtigung? Keineswegs. Vierzehnjährige Buben, die den Frauen immerhin gleiche Rechte innerhalb der Familie zugestehen wollen, vertraten diese Ansichten bei einem Gespräch, das ich für eine Schulfunkreihe mit Buben und Mädchen einer fünften
Ein makabres „Fest", das da kürzlich veranstaltet wurde: am 42. Jahrestag der sogenannten Kristallnacht beging die Aktion gegen den Antisemitismus in Österreich ihr 25-Jahre-, Jubiläum''.Wahrlich kein Grund zum Feiern. Denn nach wie vor ist, wie Prof. Friedrich Heer in seinem „Festvortrag" betonte, Antisemitismus ein weltweites Phänomen und Österreich dabei keineswegs eine Insel der Seligen.Nach wie vor ist er hierzulande nicht nur ein gesellschaftliches, sondern auch ein „religiöses, kirchliches, christliches, ja nachchristliches" Phänomen. Und nach wie vor sind
Mehr als 1200 Jugendliche aus Österreich, Südtirol, der BRD und Frankreich applaudierten den Worten von Jugendbischof Weber ebenso wie den äußerst kritischen Liedern der „Schmetterlinge”. Dieser Doppelapplaus steht als Symbol für das Engagement der Katholischen Arbeiterjugend (KAJ), die im letzten Oktoberwochenende ein Österreich-Treffen in St. Pölten veranstaltete.Nur rund ein Drittel dieser Jugendlichen, von denen der weitaus größte Teil zwischen 15 und 20 Jahre alt ist, zählte zu den Aktivisten der KAJ. Was hat die übrigen bewogen, an diesem Treffen mit dem Motto „Gemeinsam
Die Einsetzung von Judenräten in den Gettos des Dritten Reiches entsprang einer besonders teuflischen Idee. Diese im Auftrag der Nationalsozialisten von Juden gewählten Funktionäre hatten nicht nur im Getto für Ruhe und Ordnung im Sinne der NS-Gesetze zu sorgen; sie waren auch verantwortlich dafür, daß die jüdische Bevölkerung trotz schlechtester Bezahlung die Produktion für die deutsche Rüstungsindustrie vorantrieb. Ihre Hauptaufgabe bestand jedoch in der Aufstellung von Namenslisten, aufgrund derer die Deutschen jüdische Männer, Frauen und Kinder in die Konzentrationslager
Als er mit seinen Eltern ins Lager kam, war er vier Jahre alt. Bis zur Befreiung von Bergen-Belsen erlebte er nicht nur den KZ-Alltag und den Tod des Vaters, sondern auch die schwere Erkrankung der Mutter, die das Lager nur kurze Zeit überlebte. Nach Amsterdam zurückgekehrt, wurde er von Pflegeeltern adoptiert, die es nicht leicht hatten, mit den Folgeerscheinungen seiner traumatischen KZ-Erlebnisse fertigzu werden.Ihnen, „die eine ganze Menge mit mir auszustehen hatten", hat der Autor seine KZ-Kindheitserinnerungen gewidmet. Daß er sie kommentarlos aus der naiven Sicht eines
Stellvertretend Tür die rund elfhundert Frauen, die ihre Gegnerschaft zum Dritten Reich mit dem Leben bezahlen mußten, möchte die Autorin das Leben der evangelischen Erzieherin Elisabeth von Thadden verstanden wissen. Das „Verbrechen", für das die eigentlich apolitische adelige Protestantin nach einer persönlichen Verurteilung durch Roland Freister am 8. September 1944 in Plötzensee hingerichtet wurde, hatte in Nicht-Mitmachen und in Verbindungen zur Weltfriedensbewegung bestanden.Die Schilderung der Gestalt von Elisabeth von Thadden ist in diesem Buch mißglückt: sie bleibt eine
Das ist zweifellos die bisher umfassendste Geschichte der Judenfrage, die der jüdische Historiker hier in jahrzehntelanger Forschung zusammengestellt hat. Der eigene Band für Bemerkungen und Exkurse bestätigt die Seriosität dieses trotz aller Wissenschaftlichkeit gut lesbaren Werkes.Dennoch ein gewichtiger Einwand: für den Laien nicht erkennbar, muß der Kenner der jüdischen Geschichte, seiner vielfältigen Entwicklung durch Jahrhunderte in den verschiedenen Teilen der Welt und der neuesten Literatur einen wesentlichen Mangel feststellen. In seinem verständlichen und menschlich
„In der Pfarre werden wir zwar nicht verstanden, aber wenigstens geachtet; in der Sektion werden wir weder geachtet noch verstanden.” In diesem fast verbittert klingenden Ausspruch gipfelte die Diskussion eines Arbeitskreises im Rahmen der Veranstaltung „Christen und Sozialisten in den achtziger Jahren”.Das hörte sich ganz anders an als die von Minister Herbert Salcher und SPÖ-Zentralsekretär Karl Blecha besonders hervorgehobene Feststellung, die Integration der Christen in der SPÖ sei weitgehend gelöst die Verbindung von Christentum und Sozialismus nur noch von einer kleinen
Daß eine jüdische Historikerin die Ursachen analysiert, die einen modernen Staat zur systematischen Vernichtung eines ganzen Volkes führte, nur aus dem Grund, weil es sich um Juden handelte, wäre allein noch keine Besonderheit. Wenn sie aber ein noch immer brisantes Thema anschneidet, wie es nämlich möglich war, daß sich ein ganzes Volk vernichten ließ, so ist das von besonderem Interesse.Eben dieses ausführlich behandelte Thema ist es auch, daß dieses Buch von anderen ähnlichen Werken unterscheidet. Die Autorin beschreibt die verschiedenen Aspekte jüdischer Gemeindepolitik unter
Sie ist als Kind von Ostjuden, die das KZ überlebt haben, in Deutschland geboren und aufgewachsen, und ist nach fünf Jahren Lehrtätigkeit an einer deutschen Schule nach Israel emigriert. Nicht aus Uberzeugung, denn zu Israel hat sie kaum eine Beziehung entwickelt; in erster Linie ist sie resignierend aus Deutschland weggegangen.Bis zur Beendigung ihres Studiums verbrachte Lea Fleischmann ihr eigentliches Leben in ausschließlich jüdischer Gesellschaft. In seinem Vorwort behauptet Henryk M. Broder, sie hätte sich nicht als Jüdin angegriffen gefühlt. Das ist falsch. Lea Fleischmanns
Bei unterschiedlicher Qualität ist die Motivation für Schülerzeitungen meistens dieselbe: Probleme mit Lehrern, Direktoren, dem Unterricht oder mit der Schulsituation überhaupt. Relativ viele der schreibenden Schüler zeigen journalistische Begabung, doch nur wenige ziehen den Journalismus als Beruf ernsthaft in Betracht Und die Gestaltung der Schülerzeitungen beweist, daß die Schule Kreativität zumeist verhindert oder zerstört. Der Trend zum Geradlinigen, Braven, Unauffälligen ist nicht zu übersehen. Schülerzeitungen ähneln häufig Schulheften, aus denen zu ersehen ist, daß
Eine Million ungarische Juden, .junges, zeugungsfähiges Material“, gegen englische und amerikanische Rohstoffe, Chemikalien, Kaffee, Seife und Lastwagen - diesen Handel bot Eichmann persönlich im März 1944 ungarischen Juden an. Zum ersten, weil das durch den Krieg schon recht aufgeriebene Militär diese Dinge bitter nötig hatte, zum anderen aber, weil sich so mancher hochgestellte Wehrmachtsoffizier über den Ausgang des Krieges und des Dritten Reiches keinerlei Illusionen mehr hingab. In der Absicht, nach dem Krieg doch mit etwas •humanistischer Gesinnung aufwarten zu können,
Die Entwicklung der Sozialdemokratie in Mitteleuropa hat schon wiederholt Historiker, Politologen und Journalisten zu einer intensiven Bearbeitung und Beschreibung gereizt. Gerade in letzter Zeit sind zu diesem Thema auch ein paar neue und wichtige Arbeiten erschienen, wobei auch ganz spezielle Problemstellungen Gegenstand der Untersuchungen waren. Aus Anlaß des SPÖ-Parteitages in dieser Woche haben wir eine Auswahl zusammengestellt:
„Gott will, daß man ihm auch mit den bösen Trieben dient. Wir Juden aber haben Angst, das Böse zu tun. Wir leiden an Übermaß von Furcht und Vorsicht.“ Worte wie diese klingen ungewohnt aus dem Mund eines messianischen Juden. Das ist jedoch nicht das einzige „Ketzerische“ an der jüdischen Renaissance-Gestalt Dawid LemeLMit den Mitteln des Kriegsmannes, der Diplomatie, der Agitation, durch Verhandlung mit Papst und Königen, versucht Sar Reubeni - wie er sich nennt - die Juden der pyrenäischen Halbinsel zur Auflehnung gegen die Knechtschaft zu bewegen und Jerusalem für die Juden
Skeptiker sind unbeliebt, besonders dann, wenn sie Erleichterung abschwächen, Euphorie dämpfen und sich mit kleinen Erfolgen nicht zufriedengeben wollen. Ich gehöre zu ihnen, obwohl sich derzeit eine gewisse Befriedigung darüber breitmacht, wie weit wir es doch bei der Aufarbeitung unserer jüngsten Vergangenheit gebracht haben.Zweifellos sind in den letzten Monaten die Diskussionen um die österreichische Zeitgeschichte, die Politische Bildung, die Judenverfolgungen und den Nationalsozialismus nicht verstummt. Monate bevor „Holocaust“ ausgestrahlt wurde, gab es einen Erlaß des
„Ein Fall für den Volksanwalt?“ Diese neue TV-Sendung läuft ab 27. Oktober jeden Samstag ab 19.50 Uhr im 2. Fernsehprogramm. In den zur Verfügung stehenden 25 Minuten werden gemeinsam mit den drei Volksanwälten Fälle von sozialer Härte, bürokratischer Willkür und andere Benachteiligungen einzelner Bürger aufgegriffen.
Das Erscheinen des ersten Mannes bei der Pressekonferenz der österreichischen Landessektion der Europäischen Frauenunion (EFU) wurde mit demselben Beifall honoriert wie überall dort, wo Männer auftauchen, wenn es um Frauenbelange geht. Immer noch weibliches Klischeeverhalten? Oder die Einsicht, daß von Männern vertretene Ansichten auch in den Medien immer noch größeres Gewicht haben?Die nun mehr als 25 Jahre bestehende, auf österreichische Initiative gegründete EFU, ein Zusammenschluß führender christdemokratischer, konservativer und gleichgesinnter Politikerinnen aus 14 Ländern,
Das Verhältnis zwischen Juden und Christen hat durch die sogenannte Judenerklärung „Nostra Aetate“ beim Zweiten Vatikanischen Konzil zweifellos eine Entspannung erfahren. Der jüdisch-christliche Dialog ist jedoch immer noch eine Angelegenheit weniger Spezialisten und keineswegs Sache von Juden und Christen schlechthin. Kürzlich veröffentlichte nun das Zentralkomitee der deutschen Katholiken ein Arbeitspapier, das der innerhalb des Komitees entstandene Gesprächskreis „Juden und Christen“ erarbeitet hat. Diese vom Gesprächskreis selbst als „theologische Dokumentation“ bezeichnete Publikation, die „einen Meilenstein auf dem Weg jüdisch-christlichen Dialogs“ setzen soll, enthält beachtenswerte Überlegungen und Denkanstöße.
Das Anliegen des langjährigen Intendanten des Landesstudio Steiermark war zweifellos ein wichtiges. Die Wirkungsmechanismen der Massenmedien, ihre sozialen Auswirkungen, Probleme der Meinungsbildung und der Programmgestaltung sind mehr denn je Themen, die die Öffentlichkeit bewegen. Die Aufbereitung scheint mir jedoch verunglückt. Der sachlich Vorgebildete muß die Auswahl der wissenschaftlichen Kriterien, von denen der Autor ausgeht, als willkürlich oder einseitig, in jedem Fall aber als zu wenig tiefgehend empfinden. Dem interessierten Laien hingegen, dem wissenschaftliche
Zwei Dinge erschweren die Lektiire dieser von der Gestal-tung und der Illustration her in-teressanten Ruckerinnerungen an den heute in Polen liegenden Geburtsort des Autors. Die zwar journalistisch aufbereitete, aber sprunghafte Erzahlweise, in der Serke zwischen Vergangenheit und Gegenwart pendelt - sie er-fordert zeitgeschichtliches Wissen und die Kenntnis des aktuel-len politischen Klimas in der BRD - und die starke Subjektivitat, in der er Beziige zwischen gestern und heute herstellt. Man kann nur fiir oder gegen ihn Stellung bezie-hen.Serkes Eltern waren Nazis, der Vater aktiv, die Mutter
Nicht Schriftsteller oder Dichter erinnern sich hier ihres Lebens in Deutschland zwischen 1780 und 1871 bzw. 1918, sondern Juden aus allen sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Schichten. Trotz des nicht unbedingt repräsentativen Querschnitts der autobiographischen Zeugnisse beweisen diese Erinnerungen, wie wenig berechtigt die Auffassung von der monolithischen Einheit der Juden schlechthin ist. Händler, große Firmeninhaber, Handwerker, Kaufleute und Bankiers, Lehrer, Schächterund Vorsänger, Intellektuelle und kleine Beamte kommen ebenso zu Wort wie Juden aus Dörfern und
Die Autorin nahm an den „Holocausf'-Abenden im ORF Anrufe entgegen und zieht in diesem Bericht ihre persönlichen Schlüsse aus dem, was sie dabei erlebte. Sie ist Jüdin. Ihr Vater starb im KZ, sie verbrachte ihre ersten Lebensjahre in verschiedenen Verstecken und erlebte als Kind in einem niederösterreichischen Dorf den latenten Antisemitismus der Nachkriegszeit.
Daß Menschen einander in Not beistehen, gilt, obwohl es eher selten der Fall ist, als selbstverständlich. Das hat unter anderem dazu geführt, daß im Zuge der Hitler-Nostalgie von NS-Heldentaten viel, von ihren Grausamkeiten wenig und von denen, die in ihrem persönlichen Alltag Widerstand geleistet haben, kaum die Rede war. Die es taten, haben eines gemeinsam: das Gefühl, darüber nicht sprechen zu müssen, weil es für sie wirklich selbstverständlich war, etwas dagegen zu unternehmen.Pfarrer Bruno Boguszewsky wurde vor kurzem vom israelischen ,„Yad-Vashem“-Institut zum Gedenken an
Gideon Kaminka entstammt einer gutbürgerlichen, traditionell jüdischen, kulturell jedoch assimilierten österreichischen Familie. Was der gebürtige Wiener als ruhige Auswanderung beschreibt, bezieht sich auf die Tatsache, daß er in erster Linie als politischer Mensch und bereits 1933, noch nicht unter dem Druck der Nürnberger Rassengesetze, in das damalige Palästina auswanderte.Im Herzen Jude und Israeli, ist er in seiner Erzählweise Österreicher geblieben. Es ist reizvoll, das Leben der Juden im Wien der Zwischenkriegszeit einmal mit den Augen eines politisch engagierten Menschen und
Die Politische Bildung - in den letzten Monaten zum Reizwort ersten Ranges avanciert - wird in Kürze wieder in den Mittelpunkt des Interesses rücken. Aktueller Anlaß ist die Auslieferung der längst erwarteten Begleitmaterialien des Unterrichtsministeriums, die nun im Gange ist. Damit erhalten rund 80.000 Lehrer in ganz Österreich Beispiele, die ihnen die Umsetzung des Unterrichtsprinzips „Politische Bildung“ laut Grundsatzerlaß in den verschiedenen Unterrichtsfächern ermöglichen sollen. Die Form der Verteilung - sofort oder im Rahmen der nächsten Fortbildungsveranstaltung - bleibt
Die vielen auf den Straßen liegenden Glasscherben, in denen sich das Licht der Straßenlaternen widerspiegelte, gaben der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 im Volksmund die Bezeichnung „Kristallnacht“. In dieser Nacht brannten Synagogen, jüdische Wohnungen und Geschäfte, wurden unzählige Juden mißhandelt und getötet und 4600 Juden in das Konzentrationslager Dachau deportiert.Diese Nacht bildete jedoch nur den Auftakt für das unbeschreibliche Elend der Juden, das von breiten Kreisen der Bevölkerung mit Beifall zur Kenntnis genommen wurde. Diejenigen, die mit der Behandlung der
Die Ablehnung, die den jungen Historikern vom Institut für Zeitgeschichte in Wien entgegenschlug, fand nicht nur verbal ihren Niederschlag, sie war beinahe körperlich spürbar. Ihre Kritik an den in österreichischen Schulen verwendeten Geschichtsbüchern stieß auf heftigen Widerstand; diesmal nicht bei den Schulbuchautoren - nach hitzigen Debatten wurden große Teile der Studie von diesen bereits akzeptiert -, sondern bei vielen Lehrern.Die rund 200 Gymnasial-Gesehiehts-lehrer aus ganz Österreich hatten immerhin ihre Ferien abgekürzt, um an der vom Unterrichtsministerium und vom Institut
Das Thema „Gleichberechtigung“ - immer wieder hochgespielt von den Medien und einseitig auf die Arbeitswelt zugeschnitten, hat auch Aspekte, um die sich bisher keiner so recht gekümmert hat. Und je mehr man sich damit beschäftigt, desto größer scheinen die Probleme, der Bruch zwischen Idealvorstellung, Tradition und Realität. Vor allem unter den Frauen selbst ist eine Kluft entstanden, die alle Bemühungen um Solidarität zu gefährden scheint. Da gibt es die Berufstätigen, schon Emanzipierten, die geringschätzig auf die Frauen herabsehen, welche die Erziehung ihrer Kinder für
Der Fernsehapparat nimmt nicht nur einen festen Platz in jeder Wohnung ein, er muß darüber hinaus - je nach Bedarf - den Freund, den Babysitter oder den Gesprächspartner ersetzen. Wie gezielt Fernsehen wirkt, ist trotz langjähriger wissenschaftlicher Forschung bis heute offen geblieben. Der Streit um dramatische Wirkungen ist allerdings viel älter als das Fernsehen. Schon Plato verdammte Gewaltszenen auf dem Theater als Gefahr für die Gemeinschaft, während Aristoteles darin eine Möglichkeit sah, Aggressionen abzureagieren.Im Prinzip gibt es zwei pädagogische Theorien. Die eine
Seit fast einem Jahr wohnen die drei jungen Ehepaare und ein Kind zusammen in einer Wohnung, die sie gemeinsam in Praternähe gemietet haben. Sie waren auch vorher keine Anfänger in Sachen Wohngemeinschaft; beide Paare hatten bereits mit anderen mehrere Jahre hindurch in Oberösterreich eine Wohnung geteilt. Wer sind die jungen Leute, die diese mit so vielen Vorurteilen belastete Lebensform gewählt haben? Die Männer arbeiten hauptamtlich in der Katholischen Arbeiterjugend. Eine der beiden Frauen ist Büroangestellte, die andere im Karenzjahr zu Hause; nach ein oder zwei Jahren möchte sie,
Le Bourget, ein Vorort von Paris, am 6. Jänner 1942: Das Mädchen, das in dieser düsteren Zeit das Licht der Welt erblickt, hat jüdische Eltern. Da die Nationalsozialisten jüdische Kinder deportieren oder in polizeilich kontrollierte Heime bringen, um die Eltern unter Druck zu setzen, wird das Baby wenige Wochen nach der Geburt bei Nicht-Juden untergebracht. Bis zur Befreiung von Paris im August 1944 werden es acht solcher Pflegeplätze. Der Vater kommt in einem Konzentrationslager in Norddeutschland ums Leben. Die Mutter heiratet im Dezember 1945 einen Wiener Emigranten, der soeben ein KZ
Die österreichisch-ungarischen Beziehungen sind um ein historisches Datum reicher. Nicht um ein politisches. Dem österreichischen Kulturinstitut in Budapest, dessen Eröffnung im Vorjahr auch in der ungarischen Presse gewürdigt wurde, geht es mehr um menschliche Kontakte.Noch ist das Institut im Gebäude der Botschaft untergebracht. Ein Grundstück auf der Ofener Seite der Elisabethbrücke wurde schon zu Beginn der siebziger Jahre gekauft, und auch die Pläne und die Baugenehmigung für das Institut liegen vor. Unsicher ist nur der Baubeginn. Er könnte sich durch die schwierige
In der Debatte um Fristenlösung und ungewollte Kinder sind jene Ehepaare unerwähnt geblieben, die sich sehnsüchtig Kinder wünschen, denen der Kindersegen jedoch verwehrt geblieben ist. Viele von ihnen möchten Kinder adoptieren. Allein in Wien stehen dreihundert Paare auf der Warteliste, aber höchstens hundert Kinder werden pro Jahr zur Adoption freigegeben.In Österreich leben rund 10.000 Kinder - darunter etwa 1200 Säuglinge oder Kleinkinder - in Heimen, aber selbst Eltern, die sich um ihre Kinder überhaupt nicht mehr kümmern wollen oder können, willigen nur selten in eine Freigabe
Das kleine Barock-Schloß in Wien-Mauer, in dem die Steiner-Schule zu Hause ist, strahlt Tradition aus. Hier werden jedoch Ideen verwirklicht, die trotz ihres Alters von mehr als 60 Jahren moderner anmuten als die vielen Schulreformversuche der letzten Jahre, die in reinen Strukturveränderungen steckengeblieben sind.Die Steiner-Schule ist mit den herkömmlichen Schultypen schwer zu vergleichen. Sie hat nicht nur eine völlig andere Organisationsform, sie vermittelt auch die Lerninhalte anders und legt für den Lernerfolg andere Maßstäbe an.Einen Direktor wird man hier vergeblich suchen. Die
In Kürze wird sich Generalintendant Oberhammer auch noch mit den ÖAAB-Frauen befassen müssen. Diese fordern vom ORF tagsüber ein spezielles Bildungsprogramm für jene Frauen, die wegen der Kindererziehung ihren Beruf unterbrechen. Hat das Frauenreferat des ÖAAB nicht genug mit den Problemen zu tun, die außer Haus erwerbstätige Frauen zu lösen haben?Der Einsatz für die Hausfrau ist nur konsequent Er entspricht dem Leitbild von der selbständigen, selbstbewußten Frau, die in der Gesellschaft Verantwortung übernehmen soll, gleichgültig, ob sie diese Verantwortung in der Familie oder
Die Einstellung zu Arbeit und Freizeit wird bereits in frühester Jugend, vor allem in der Famüie, geprägt. Was Kinder an Arbeits- und Freizeitverhalten nicht von den Eltern gelernt haben, ist später nur schwer aufzuholen. Die Schulen bieten auf diesem Gebiet nur wenig, die Berufsberatung verfügt auch bei größtem Emsatz nur über beschränkte Möglichkeiten und wird von Schule und Eltern gleichermaßen im Stich gelassen. Die österreichischen Jugendorganisationen erfassen zwar die relativ hohe Zahl von 30 Prozent der Jugendlichen, müssen aber immer mehr gegen die harte Konkurrenz der
Eine Woche lang zeigten Österreichs Schulbuchverlage im Messepalast ihr Schulbuchangdbot für das Schuljahr 1977178 der interessierten Öffentlichkeit. Das waren aber, wieder einmal, fast ausschließlich Fachleute. Der Uberblick war umfassend. Auf den ersten Blick präsentieren sich die heutigen Schulbücher der heutigen Elterngeneration bunter, unterhaltender, vor allem auch optisch viel ansprechender. Sind sie auch zeit- und wirklichkeitsbezogener geworden?Zweifellos beziehen die Bücher für den Sachunterricht an den Volksschulen- und hier in erster Linie die des Veritas-Verlages - die
Noch bevor sie in Österreich richtig Fuß gefaßt hat, läuft die Animation Gefahr, in Mißkredit zu geraten. Von einer Handvoll Eingeweihter abgesehen, weiß niemand, was Animation bedeutet, aber schon wird dem Animateur vom Fremdenverkehr der Stempel der Beschäftigung als Freizeitvertreiber vom Dienst aufgedrückt. Eine regelrechte Freizeitindustrie ist entstanden, die den ihrer ständig mehr werdenden Freizeit hilflos Ausgelieferten das Geld aus der Tasche zieht.Noch zu Beginn unseres Jahrhunderts waren tägliche Arbeitszeiten von zwölf Stunden und mehr eine Selbstverständlichkeit. Seit
„Mit Drogen Mädchen zur Prostitution gezwungen*^, „Suchtgift gestohlen und verkauft“, „Mauerdurchbruch für Morphium“ ... Solche und ähnliche Schlagzeilen sind in ihrer Aufmachung und Regelmäßigkeit in den österreichischen Tageszeitungen nicht zu übersehen. Kaum zu glauben, daß die mit der Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität befaßte Abteilung des Innenministeriums kürzlich erklärte, der Suchtgiftmißbrauch in Osterreich sei 1976 leicht rückläufig gewesen. Auf den ersten Blick scheint das sogar zu stimmen: mit 2211 liegt die Zahl der Fälle tatsächlich um 176 unter der Vorjahrsmarke.
Der Polizeibericht sprach von zwei Toten, von Totalschaden. Der Lokalredakteur baute die Meldung mit mehreren ähnlichen zu einem Einspalter zusammen. Der tägliche Tribut an den Moloch Verkehr.
Die Zeitungslandschaft hat sich in den letzten Jahrzehnten grundlegend verändert. Es wird immer schwieriger, aus der Fülle der täglichen Informationen das Wesentliche auszuwählen und die Zusammenhänge zu begreifen. Der Begabungs-Journalist von früher ist der neuen Situation hilflos ausgeliefert, der reine Stilist den Anforderungen des modernen Journalistenberufes nicht mehr gewachsen. Kein Wunder, daß immer weniger Schriftsteller zugleich Journalisten sind und umgekehrt.Die „Ideologie vom Begabungsberuf ‘ ist jedoch nach wie vor die Grundlage für die Aufnahme von Journalisten,
Unsere vaterlose Gesellschaft ist zunehmend auch zu einer mutterlosen geworden. Verständlich, daß bei dem drohenden Zerfall der Famüie das Problem „Mutter zwischen Familie und Erwerb“ trotz der hektischen Vorweihnachtszeit Vertreterinnen und den Vertretern aller politischen Parteien, Frauenrefpraten und Interessenverbänden ein voller Nachmittag wert war.Als Merkmale für die „neurotische Verwahrlosung“, die als soziale Krankheit innerhalb unserer Gesellschaft immer mehr um sich greift, nannte die deutsche Psychagogin Christa Meves als Hauptreferentin der vom Katholischen