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„Gelungen"

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So kurz können die Kurznachrichten im ORF gar nicht sein, daß eine Naturkatastrophe, ein Flugzeugabsturz oder ein Banküberfall irgendwo in der Welt nicht für eine Spitzenmeldung gut wäre. Gar nicht zu reden von den Tageszeitungen, wo die Schlagzeilen für unpolitische Katastrophen stets Vorrang haben.

„Schlechte Nachrichten sind gute Nachrichten" und „Besser eine schlechte Nachrede als keine" - so der Maßstab für die meisten Medien. Bedeutet das, daß gute Nachrichten und gute Nachrede schlecht für die Aufmerksamkeit und daher schlecht fürs Geschäft sind? „Leser oder Hörer wollen das", heißt es. Ist das so? Was war hier früher, Ei oder Henne? Wir sollten doch nicht so tun, als wären Journalisten ganz anders als der Rest der Bevölkerung, als wären sie nicht Teil der Gesellschaft, in der sie leben. Und was bedeutet es? Ist unser Leben so ereignislos, daß wir Raubüberfälle, Mord-und Totschlag oder Katastrophen zur Hebung unseres Adrenalinspiegels benötigen? Oder benötigen wir sie zur Verdrängung der eigenen? Geht es jemandem besser, wenn ändert ,Katastrophen zustoßen?

Nicht anders ist es mit der Kritik. Früjbjer. gab es zu wenig davon und zuviel Lobhudelei, heute dominieren falsch verstandene Kritik, stehen anstelle sachlicher Einwände Polemik, Abwertung und „Niedermachen". Positives zu äußern, sei es in Politik oder Kultur, ist nicht „in", wer auf sich hält, darf nur Haare in der Suppe finden. Als ob Positives selbstverständlich wäre.

Im Alltag ist es leider nicht anders: wer fragt schon Schüler(innen), wie ihnen eine gute Note gelungen ist? Gesprächsthema sind doch nur die Mißerfolge. Im Zweifelsfall ist die Flasche immer halbleer statt halbvoll. Es ist wohl kein Zufall, daß etwa geistreiches Boulevardtheater im englischen und französischen Sprachraum zum Kulturalltag gehört, bei uns aber fehlt. Als ob gepflegte Unterhaltung eine Schande wäre. Haben wir wirklich so wenig, worüber wir freudig lachen können?

Und wo ist das Positive bei diesem Kommentar? Da es außer Utopien keine Lösung zu geben scheint, ein Vorschlag, der wirtschaftlich unbedenklich sein müßte: wie wäre es mit einer Rubrik „Gelungen", „Erfolgreich abgeschlossen" oder „Positives in Kürze"?

Die Autorin ist

freie Journalistin in fVien.

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