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Mut trotz Frontstellung

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Einseitigkeit und undemokratisches Zustandekommen des Linzer, Weichheit und in seiner Allgemeingültigkeit einseitige Inter- pretierbarkeit des Bischofsappells, das waren die Hauptvorwürfe gegen die beiden Friedensappelle anläßlich einer Diskussion im Internationalen Kulturzentrum Annagasse in Wien.

Diesen und weiteren Vorwürfen, wie inhaltliche Enge

(Linzer Appell) und Spaltung der Friedensbewegung (Bischofsappell), Rede und Antwort standen in der von der Solidaritätsgruppe engagierter Christen (SOG) und der Katholischen Arbeiterjugend gemeinsam veranstalteten Podiumsdiskussion Politikwissenschafter Heinrich Schneider und Reinhard Buchinger von der Oberösterreichischen Friedensbewegung.

Gegen den Vorwurf der Einseitigkeit argumentierte Reinhard Buchinger mit dem Passus „für ein atomwaffenfreies Europa”. Damit sei im Linzer Appell eindeutig auch die Sowjetunion einbezogen, da Europa den Warschauer Pakt mit einschließe. Daß sich der Appell bewußt auf einen konkreten nächsten Schritt — die Nicht-Stationierung der Pershing II in der BRD — eingegrenzt habe, hänge mit seiner Entstehungsgeschichte zusammen.

Zum Vorwurf des undemokratischen Zustandekommens erzählte Buchinger von den Problemen, die Plena mit dreihundert Leuten aufwer-

fen. An sich sei es das Prinzip solcher Friedensplena, so etwas wie Basisdemokratie zu praktizieren. Daß dies sehr oft danebenginge, sei allen bewußt. Mit diesem Lernprozeß sei die Friedensbewegung überhaupt konfrontiert.

Ebenso klar wehrte sich Heinrich Schneider. Er sehe im Bischofsappell keine verallgemeinernde Weichheit, im Gegenteil: Der Appell bedeutet ein größeres Akzep-

tieren der Friedensbewegung als Ganzes, helfe auch gegen den Vorwurf der „Moskausteuerung”. Er sehe den Bischofsappell nicht als Konkurrenz, sondern als Ergänzung und Erweiterung des Linzer Appells, wodurch viele Menschen für die Friedens- bewegung „anpolitisiert” werden konnten.

Der Appell wäre keineswegs für die Nachrüstung zu vereinnahmen. Allerdings wäre der Bischofsappell ohne den vorangegangenen Linzer Appell wahrscheinlich nicht zustandegekommen. Er habe mit der Abfassung des Bischofsappells eine Einengung und Reduzierung der Friedensbewegung erreichen wollen/ Da der Bischofsappell keineswegs gemäßigt sei, sondern weit mehr verlange als der Linzer Appell, vertrat Schneider den Standpunkt, daß für Christen beide Appelle unterschreibbar seien. Da^ mit würde — entgegen dem Vorwurf — eine Spaltung sogar verhindert und eine „Einheit in der Vielfalt” gewahrt.

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