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Kinder im KZ

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Als er mit seinen Eltern ins Lager kam, war er vier Jahre alt. Bis zur Befreiung von Bergen-Belsen erlebte er nicht nur den KZ-Alltag und den Tod des Vaters, sondern auch die schwere Erkrankung der Mutter, die das Lager nur kurze Zeit überlebte. Nach Amsterdam zurückgekehrt, wurde er von Pflegeeltern adoptiert, die es nicht leicht hatten, mit den Folgeerscheinungen seiner traumatischen KZ-Erlebnisse fertigzu werden.

Ihnen, „die eine ganze Menge mit mir auszustehen hatten", hat der Autor seine KZ-Kindheitserinnerungen gewidmet. Daß er sie kommentarlos aus der naiven Sicht eines Kleinkindes erzählt, das noch gar nicht versteht, was um ihn vorgeht, verstärkt die Betroffenheit. Nur wer um die Geschehnisse in den Konzentrationslagern weiß, kann das Erschütternde nachempfinden, wenn der Kleine etwa den Tod des Vaters miterleben will, um den anderen Kindern zu imponieren, oder wenn er einem Bewachungssoldaten die lange Nase zeigt, weil er dann eine Chance hat, auch als Kleinster ernstgenommen zu werden.

Gleichzeitig ist die Novelle ein Hohelied auf die Mütter von KZ-Kindern. Neben der Bewältigung des schrecklichen Alltags und der Trennung von ihren Männern, Freunden und Verwandten brachten sie noch die Kraft auf, ihren Kindern das Schlimmste zu verheimlichen und bei allem Elend zu versuchen, ihnen selbst im Lager Wärme und Geborgenheit zu geben.

Gerade die naiv-beobachtende Sichtweise macht die Novelle aber auch zu einer allgemeinen Anklage gegen jedes Regime, das Kinder unter der Gewalt, Willkür und Brutalität Erwachsener leiden läßt.

KINDERJAHRE. Von Jona Oberski, Paul Zsolnay-Verlag, Wien-Hamburg 1980, 150 Seiten, öS 140-

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