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Jüdisches Trauma"

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Die Einsetzung von Judenräten in den Gettos des Dritten Reiches entsprang einer besonders teuflischen Idee. Diese im Auftrag der Nationalsozialisten von Juden gewählten Funktionäre hatten nicht nur im Getto für Ruhe und Ordnung im Sinne der NS-Gesetze zu sorgen; sie waren auch verantwortlich dafür, daß die jüdische Bevölkerung trotz schlechtester Bezahlung die Produktion für die deutsche Rüstungsindustrie vorantrieb. Ihre Hauptaufgabe bestand jedoch in der Aufstellung von Namenslisten, aufgrund derer die Deutschen jüdische Männer, Frauen und Kinder in die Konzentrationslager deportierten.

Der Menschenschacher, der aus dieser zynischen Idee resultierte, blieb an den Juden selbst hängen. Kein Wunder, daß die Judenräte ein Trauma jüdischer Schriftsteller geblieben sind.

Der Roman um den Ältesten des Judenrates im Getto der polnischen Stadt Baluty wird auf Leser, die mit der nicht assimilierten ostjüdischen Mentalität nicht vertraut sind, vermutlich befremdend wirken. Die Mischung aus beinharter Realität und beinahe makaber anmutender, märchenhaft verspielter Detailschilderung erschwert den Zugang noch zusätzlich. Der Kenner der Szene steht betroffen vor einem Stück nichtbewältigter jüdischer Vergangenheit.

DER JUDENKÖNIG. Von.Leslie Epstein. HofTmann und Campe-Verlag. Hamburg 1980, 396 Seilen, öS 277.20

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