6872722-1978_31_04.jpg
Digital In Arbeit

„Bequem ist Partnerschaft bestimmt nicht”

Werbung
Werbung
Werbung

Oft angegriffen, immer wieder verteidigt, auf jeden Fall aber viel besprochen, stehen Ehe und Familie zunehmend im Mittelpunkt des Interesses. Ob nun von Krise oder Wandel gesprochen wird, scheinen wir doch eine Phase tiefgreifender Veränderungen in der Gestaltung der zwischenmenschlichen Beziehungen durchzumachen.

Signalisiert wird diese Veränderung zum einen durch die neue Familiengesetzgebung, die nun die Eheleute mit gleichen Pflichten und Rechten ausstattet und die rechtliche Basis für ein partnerschaftliches Verhältnis der Gatten zueinander und zwischen Eltern und Kindern gelegt hat. Zum anderen deutet die steigende Zahl der Ehescheidungen, die zurückgehenden Eheschließungen und Geburten zumindest auf eine gewisse Verunsicherung hin.

Hat die patriarchalische Struktur der traditionellen Familie noch eine klare Rollenteilung und klare Entscheidungsverhältnisse vorgegeben, ist es heute zum entscheidenden Grundstein für die Gesellschaft geworden,

wie es gelingen wird, die Zielvorstellung der Partnerschaft mit Leben zu erfüllen. Bequem ist Partnerschaft sicher nicht. Soll sie mehr sein als ein Schlagwort, bedeutet sie ständiges miteinander reden, Bereitschaft zu verstehen, die Fähigkeit zu artikulieren und ganz wesentlich die Verpflichtung, Konflikte miteinander zu lösen. Denn die neue rechtliche Basis erfordert von den Partnern, daß sie Entscheidungen gemeinsam treffen.

Daß noch zahlreiche Hindernisse, aufgebaut aus Egoismus einerseits, Minderwertigkeitsgefühl auf der anderen Seite, zu überwinden sind, mag vielleicht einer der Hauptbeweggründe für die Arbeit der Frauenbewegungen sein. Wie überhaupt der wichtigste Beitrag zu einer Neubestimmung der Beziehung der Geschlechter zueinander zunächst einmal von den Frauen ausging. Es ist aber noch nicht damit getan, daß die Frauen nach einem neuen Selbstverständnis suchen, sondern auch die Männer müssen sich genauso bemühen, die Frau als gleichberechtigten Partner anzunehmen und selbst Partner sein zu wollen.

Wird Partnerschaft derart interpretiert, daß zwar die traditionelle Aufgabenteilung - Frau beim Kind und im Haushalt, Mann im Beruf - weiter besteht, beider Leistung aber als gleichwertig anerkannt wird, ist die Zustimmung zu diesem Modell sicherlich leicht zu erreichen. Partnerschaft, wie sie auch die österreichische Volkspartei versteht, erfordert aber mehr.

Der Begriff der partnerschaftlichen Gesellschaft, die die Volkspartei verwirklichen will, wird im Salzburger Programm wie folgt definiert: „Eine soziale Struktur, die gekennzeichnet ist durch das Zusammenwirken von Personen, die in ihrer Würde und Freiheit gleich geachtet, in ihren Eigenarten, Interessen und Funktionen aber als verschieden erkannt werden.” Soweit die grundsätzliche Erklärung. Zwischen Bekenntnis zur Partnerschaft und tatsächlicher verwirklichter Partnerschaft ist aber noch ein großer Unterschied. Woran liegt es wohl, daß an einem sonnigen Sonntagnachmittag fast nur Frauen mit ihren Kindern in den Parks zu sehen sind? Warum können berufstätige Mütter so selten mit der Mitarbeit des Mannes im Haushalt rechnen? (Wie in den sozialstatistischen Daten 1977 nachzulesen ist.) Dafür gibt es mehr als einen Grund. Gewohnheit, überliefertes Verhalten, Hemmungen, etwas Neues zu versuchen, spielen dabei sicher mit.

Die heutigen Eltern wurden noch zum Großteil in einer patriarchalischen Ordnung erzogen. Sich nun mit einem Partner zurechtzufinden, der gleichberechtigt anerkannt werden will, verlahgt die Bereitschaft zu lernen. Auf dem Weg zu gleicher Anerkennung haben nun zunächst die Frauen den ersten Schritt getan. Es liegt jetzt wohl an den Männern zu folgen. Daß die Ubergangsphase zusätzliche Probleme und Schwierigkeiten bringt, darf aber nicht das Ziel vergessen lassen. Es gilt immer noch, alte Vorurteile abzubauen. Zum Beispiel sind gleicher Lohn für gleiche Arbeit, gleiche Bildungs- und berufliche Aufstiegschancen noch zu verwirklichen.

In unserer Zivilisation sind wir an einem Punkt angelangt, wo wir uns endlich besinnen sollten. Wenn heute Einsamkeit Und Angst, das Gefühl der Sinnlosigkeit so viele Menschen erfaßt hat, Gesprächsunfähigkeit so oft das Klären von Konflikten behindert, ist es höchste Zeit, daß wir wieder lernen, miteinander umzugehen. Hier haben die Frauen eine wichtige Aufgabe übernommen

Die Partner sollen frei entscheiden können, wer von ihnen und wie lange bei den Kindern bleibt. Heute wird bereits allgemein anerkannt, daß die ersten drei Jahre im Leben eines Kindes für sein weiteres Schicksal prägend sind. Daher sollte es einem Eltemteil, meist ist es ja die Mutter, möglich sein, sich zumindest in dieser Zeit voll der Pflege und Erziehung des Kindes zu widmen. Für einen eigenen Pensionsanspruch sollen der Frau diese Zeiten aber nicht verlorengehen.

Im Rahmen der Familienpolitik sind aber noch Maßnahmen erforderlich, die der Familie ein ausreichendes Einkommen sichern, damit keine Mutter, nur um die materielle Existenz der Familie zu sichern, erwerbstätig sein muß. Um einer Frau, die ihren Beruf wieder aufnehmen will, dies zu erleichtern, sollte das Angebot von Teilzeitarbeitsplätzen erweitert werden. Genauso wird es erforderlich sein, im Bedarfsfall genügend Kindergartenplätze und Tagesheimschulen bereitzustellen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung