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... bisderTod euch scheidet

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Das geänderte Verhältnis von Mann und Frau in der Ehe, nämlich eine gleichberechtigte Partnerschaft, haben schon die Texte des 2. Vatikanischen Konzils sehr nachdrücklich betont.

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Das geänderte Verhältnis von Mann und Frau in der Ehe, nämlich eine gleichberechtigte Partnerschaft, haben schon die Texte des 2. Vatikanischen Konzils sehr nachdrücklich betont.

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Im Verhätnis von Mann und Frau in der Ehe geht der Wandel des christlichen Verständnisses parallel mit dem Wandel im Denken unserer Gesellschaft. War in der Vergangenheit das Verständnis der Ehe dadurch geprägt, daß der Mann das Haupt der Frau sei, so ist heute an die Stelle der daraus abgeleiteten Uber- und Unterordnung die Vorstellung vom partnerschaftlichen, gleichberechtigten Verhältnis zwischen Mann und Frau getreten: gleiche Würde, gleiche Rechte, gleiche Pflichten, gleiche Verantwortung. In einem der bedeutsamsten Dokumente des 2. Vatikanischen Konzils, nämlich dem über „Die Kirche in der Welt von heute", heißt es zu dieser Frage:

„Darum gewähren sich Mann und Frau, die in der Ehe nicht mehr zwei sind, sondern ein Fleisch, in inniger Verbundenheit der Personen und ihres Tuns gegenseitige Hilfe und gegenseitigen Dienst und erfahren und vollziehen dadurch immer mehr und voller das eigentliche Wesen ihrer Einheit." (Artikel 48)

An einer anderen Stelle wird die Gleichheit von Mann und Frau ausdrücklich hervorgehoben, insofern durch die gegenseitige und bedingungslose Liebe die gleiche personale Würde sowohl der Frau wie des Mannes anerkannt wird (Artikel 49).

Nirgends ist in diesem Dokument von einer Prärogative des Mannes, von einer Vorherrschaft oder, subtiler formuliert, einer einseitigen „Verantwortung" des Mannes für die Frau die Rede; immer wird von der gleichen Verantwortung beider füreinander, von der gleichen gegenseitigen Bereitschaft zu Hilfe und Dienst, zu Hingabe und Liebe gesprochen. Sehr oft wird bei Trauungen ein Text aus dem Neuen Testament zitiert, wo Paulus im Ephe-serbrief das Verhältnis zwischen Mann und Frau in der Ehe mit dem Verhältnis zwischen Christus und der Kirche umschreibt:

„Ihr Frauen, ordnet euch euren Männern unter wie dem Herrn; denn der Mann ist das Haupt der Frau, wie auch Christus das Haupt der Kirche ist; er hat sie gerettet, denn sie ist sein Leib. Wie aber die Kirche sich Christus unterordnet, sollen sich die Frauen in allem den Männern unterordnen." (Eph. 5,22-24)

Dieser Text wurde mit Vorliebe zur Schlichtung von ehelichen Konflikten im Sinne des Mannes verwendet. Dabei wurde aber immer vergessen, was Paulus im vorausgehenden Satz sagt, nämlich: „Einer ordne sich dem anderen unter in der gemeinsamen Ehrfurcht vor Christus", das heißt, er spricht von einem gegenseitigen Verhältnis der Unterordnung oder, anders gesagt, der Bereitschaft, füreinander dazusein. Was das von Paulus gebrauchte Bild betrifft, so muß es auf dem damaligen gesellschaftlichen Hintergrund gesehen werden, für den die Unterordnung der Frau unter den Mann selbstverständlich war; das heißt aber noch lange nicht, daß diese Gegebenheiten über alle Zeiten hinweg Gültigkeit beanspruchen können.

Ich gebe zu, es mag in der Ehe in gewisser Hinsicht leichter sein, wenn ein Partner, meinetwegen der Mann, sozusagen das letzte Wort hat, die Entscheidung fällt und die Verantwortung trägt; das heißt aber noch lange nicht, daß diese Entscheidung auch richtig ist. Denn nicht Macht oder Gewalt entscheiden über Richtigkeit oder Unrichtigkeit, sondern einzig und allein die Stichhaltigkeit der Argumente. Machtansprüche gehen leider immer auf Kosten des Schwächeren.

Es ist freilich mühsamer, zwischen gleichberechtigten Partnern eine Ubereinstimmung herbeizuführen, aber es entspricht der gleichen menschlichen Würde beider, wenn sie einander ernst nehmen und annehmen wie sie sind, wenn beide die Andersartigkeit und Eigenständigkeit des Partners nicht als Bedrohung und Gefährdung der eigenen Position betrachten. Unterschiedliche Standpunkte und Auffassungen sind eher Ergänzung und Bereicherung der eigenen Unvollkom-menheit und Begrenztheit.

Eine derartige Gemeinschaft gleichberechtigter Partner setzt bei beiden die Bereitschaft zum gegenseitigen Sichschenken und Sichhingeben, die Bereitschaft zu echter Liebe voraus. Eine solche Bereitschaft mag vielleicht dem Mann „mühsamer" erscheinen, die Achtung vor der gleichen Würde der Frau fordert sie jedoch. Eine solche beiderseitige Bereitschaft ist die Grundlage für das Gelingen einer Ehe, die auch der Frau die Entfaltung ihrer Persönlichkeit gewährleistet und letztlich dem Mann und der Familie weit mehr bringt an menschlicher Erfüllung als ein simples Schema von Uber- und Unterordnung.

Nebenbei bemerkt, wo immer eine Ehe gelungen ist, war sie trotz anderslautender Theorie von dieser Bereitschaft zum gegenseitigen Ernstnehmen und Annehmen geprägt. Viele Jahre in der Seelsorge haben mich das erkennen lassen.

Das 2. Vatikanische Konzil hat in dem Dokument „Die Kirche in der Welt von heute" ausdrücklich den Wert der ehelichen Lebensund Liebesgemeinschaft betont, die nicht erst von der Weitergabe des Lebens her ihre Legitimation erhält, sondern in sich, eben in der gegenseitigen Hingabe und Annahme bereits ihren Wert und ihre Bedeutung hat.

In vergangenen Zeiten war von großen Gelehrten und Kirchenvätern, ja sogar von Heiligen die Ansicht vertreten worden, daß die Geschlechtlichkeit des Menschen nur dazu da sei, in der Ehe neues Leben zu zeugen; alles andere galt als Sünde. Daß eine gegenseitige Erfüllung und Vervollkommnung in Liebe das eigentliche Wesen der Ehe ausmachen, daß in diesem Einswerden von Mann und Frau letztlich „der Mensch" seine Verwirklichung erfährt, wurde entweder ganz verdrängt oder nur als untergeordnetes Element betrachtet.

Der Autor ist Professor für Liturgiewissenschaft in Salzburg, der Beitrag ist eine gekürzte Fassung des „Glaubensgespräches" vom 11. März 1984 (Ol. 9.45 Uhr) Schriftliche Reaktionen an Univ.-Prof. Dr. Franz Niko-lasch, Universitätsplatz 1, 5020 Salzburg.

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