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Doppelbelastung: Gerechtigkeit für die Männer
Als Mann und Vater traut man sich ja schon fast nichts mehr über Familie und Beruf zu sagen, weil die Reaktionen - entweder „Typisch Mann!" oder „So ein Softie!" absehbar sind. Sollte aber nicht genau dieses klischeehafte Denken - Männer haben diese, Frauen jene Einstellung zu diesem Thema zu haben, oder es stimmt etwas mit ihnen nicht - endlich überwunden werden?
Läßt sich nicht Konsens darüber herstellen, daß ein Beruf nicht nur außerhäuslichen Gelderwerb bedeuten muß, sondern auch in der Familie ausgeübt werden kann? Die
Familie ist eine eigene Arbeitswelt. Nur erbringen Familienmitglieder in der Regel ohne Entgelt I>eistun-gen, die sich andere teuer bezahlen lassen: Kinder beaufsichtigen und erziehen, Haushalt führen mit allem, was dazugehört, Kranke pflegen et cetera.
Viele Frauen klagen mit vollem Recht, ihre Mehrfachbelastung als Arbeitnehmern!, Ehefrau, Mutter und Hausfrau werde zu wenig berücksichtigt. Doch was ist mit den Vätern im Zeitalter des „neuen Mannes"? Sie tun in der Praxis oft weniger als die Mütter, zugegeben, aber haben Sie nicht auch eine deutliche Mehrfachbelastung? Genießen sie nur die zweifellos auch
vorhandenen Freuden des Familienlebens, zum Beispiel in Form von Spielen mit den Kindern? Und können sie sich mühelos allen Sorgen, die mit Gattin, Haushalt und Kindern zusammenhängen, entziehen?
Wie Familienmenschen kaum die Probleme von Kinderlosen erfassen können, so dürfte jenen oft das Verständnis dafür fehlen, wieviel Zeit und Nerven der Nachwuchs kostet. Durchwachte Nächte am Krankenbett, Arzt- und Spitalsbesuche nach Blessuren aller Art, Transporte zu und von Kinder- oder Jugendpartys, mitfühlendes Begleiten der Schulkarriere, hitzige Debatten über Gott und die Welt, über Taschengeld und Freizeitgestaltung
- all das und vieles andere läßt sich nur aus eigenem Erleben begreifen.
Und nicht zuletzt: Welcher Single muß damit rechnen, daß seine Mußestunden durch ständige Anrufe für das Fräulein Tochter unterbrochen werden?
Etwas neidvoll registriert der mehrfache Vater dann, wenn das Pensionsalter für sämtliche Frauen noch eine Weile niedriger als das sämtlicher Männer bleibt. Wäre nicht statt des Geschlechtes die Mehrfachbelastung, die Sorge oder Nicht-Sorge für die nächste Generation, das gerechtere Kriterium?
Erstrebenswert bleibt, daß Eheleute ihre gesamte Arbeit -— außerhäuslich und in der Familie - und
das damit verbundene Einkommen gerecht aufteilen, daß man jene, die sich zeitweise ganz der Familie widmen, nicht als „Nur-Hausfrau-en" oder „Nur-Hausmänner" nur milde belächelt.
Über eines sollten sich Eltern nämlich im klaren sein: Der Eintritt in die Mutter- oder Vaterrolle bedeutet für beide einen neuen Job, zumindest einen höchst verantwortungsvollen Zusatzjob.
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