Vergangenen Freitag haben sich Freunde und Weggefährten in der Wiener Schottenkirche von Hannes Schopf verabschiedet. Der ehemalige FURCHE-Chefredakteur war am 10. April 2020 den Folgen von Covid-19 erlegen. Eine Würdigung.
Woher der Begriff "Buchstabe" stammt, ist nicht gesichert. In seinem Gedicht "das paradies der buchenstäbchen", mit dem Arnold Mettnitzer sein neues Werk "Buch &Seele" beginnt, hält er sich an die These, dass das Wort mit Buchenstäbchen zu tun hat, aus deren Flug und Fallen die Germanen Orakelsprüche und Entscheidungshilfen zu lesen wussten. Fotos der Künstlerin Paloma Schreiber haben festgehalten, wie Mettnitzers selbst dieses "nutzlos-zwecklos-schöne Spiel" mit den Buchenstäbchen praktizierte. Sie dienen als Illustrationen seines Buches, das er selbst "eine Liebeserklärung an das
"Stille Nacht, heilige Nacht" - wer kennt diesen Liedanfang nicht, wer hat ihn nicht zumindest im Ohr, bisweilen aber auch auf den Lippen? Dieses Musikstück mit seinen ursprünglich sechs Strophen ist zu Weihnachten buchstäblich in aller Munde. Das wäre auch ohne das Jubiläum so, das heuer gefeiert wird: Im Jahr 1818, vor genau 200 Jahren, wurde dieses Lied in Oberndorf bei Salzburg erstmals gesungen, seither ist es auf der ganzen Welt in unzähligen Sprachen und Versionen populär geworden.Fast jeder Gesangsstar der klassischen Musik oder des Pop-Business nahm "Stille Nacht" in sein
Seine wichtigste Lebensentscheidung fiel im Jahr 1976: Der Diplom-Kaufmann Ulrich Henckel Donnersmarck, Manager der Spedition Schenker in Spanien, trat als Novize in die Zisterzienserabtei Heiligenkreuz ein und erhielt den Ordensnamen Gregor. Er empfand diesen Schritt als "einen Akt der Solidarität mit dem damaligen Papst Paul VI." - und mit dessen Enzyklika "Humanae vitae" -, aber auch "mit dem Papsttum an sich". 1982 wurde er zum Priester geweiht. Von 1999 bis 2011 wirkte Henckel Donnersmarck als Abt von Heiligenkreuz, dessen Konvent in dieser Zeit beträchtlich wuchs. Mit Bezug auf den
Das Symposium "Katholische Kirche zwischen 1918 und 1938"
thematisierte den Hang des hohen Klerus zum Pragmatismus, wenn
politische Umbrüche stattfinden.
Seine letzte handschriftliche Mitteilung an die FUR-CHE, die er [seinem] Kommentar "Saures Ungeheuer" beilegte, datiert am 6. September, traf am 7. in unserer Redaktion ein und endete mit dem Hinweis, er werde nun zwei Wochen Ferien in Osttirol machen. Es wurde sein letzter Urlaub: Wolfgang Kraus ist am 19. September an den Folgen eines am 14. erlittenen Schlaganfalles in Lienz gestorben.Vor mehr als einem halben Jahr war Kraus bereits wochenlang im Koma gelegen und hatte danach von einem ständig wiederkehrenden Traum während dieser Zeit berichtet: Er sei im Fernen Osten unterwegs gewesen
Wer sich heute in den Medien, den herkömmlichen und den sogenannten neuen, über die römisch-katholische Kirche informiert, stößt auf völlig unterschiedliche Aussagen. Das gilt besonders für Beurteilungen des gegenwärtigen Papstes. Im Internet erwecken etliche Plattformen mit mehr Öffentlichkeitswirkung, als es ihrer Bedeutung entspricht, den Eindruck, Franziskus steuere das Schiff Petri mit einer chaotischen Kirchenpolitik und vom wahren Glauben abfallenden Lehren in den Abgrund. Drei neue Bücher zeigen indes großes Verständnis und viel Sympathie für den Pontifex aus Argentinien
Ein völlig neuer Stil an der Kirchenspitze - Vorrang "pastoraler" Lösungen vor moralischem und dogmatischem Rigorismus, Widerstand von Kurie und Konservativen: Vor vier Jahren begann das außergewöhnliche Pontifikat von Papst Franziskus. Eine Zwischenbilanz.
Der Buchmarkt ist schon jetzt vom bevorstehenden Jubiläum von Martin
Luthers Thesenanschlag geprägt. Ein Blick auf vier exemplarische
Neuerscheinungen.
Die FURCHE hat Grund zum Feiern, denn einer, der sie in den letzten Jahrzehnten entscheidend mitgestaltet hat, jubiliert: Felix Gamillscheg begeht am 26. September seinen 75. Geburtstag (2013; red.). Als sich die FURCHE in der schwersten Krise ihrer nunmehr 51 Jahre währenden Geschichte befand, war er es, der bereit war, das Steuer in die Hand zu nehmen. Als Chefredakteur von 1976 bis 1978 brachte er die Zeitung wieder auf Erfolgskurs, in den Jahren seither war er einer der FURCHE-Herausgeber, vor allem aber auch ein "Hineingeber". Als ständiger Teilnehmer an den Redaktionskonferenzen hat er
Für den Philosophen Konrad Paul Liessmann führt das Thema des
diesjährigen Philosophicums Lech "Über Gott und die Welt" in das
wahre "Spannungsfeld der menschlichen Existenz"."Gott gleichsam als
Lückenbüßer einzusetzen", findet er "schwach".
Meine erste Begegnung mit Fritz Muliar war rein akustischer Natur. Auf einer jener Schallplatten, die mir als Kind mein Vater schenkte, spielte und sang sich Muliar mir als Knieriem in Nestroys "Der böse Geist Lumpazivagabundus", vor allem mit dem berühmten Kometenlied, unauslöschlich ins Gedächtnis. Auf einer anderen Platte las er Texte von Roda Roda, ich kann mich noch gut erinnern, wie sprachgewandt er zum Beispiel "Die Gans von Podwolotschyska" oder "Johann Kiefer" vortrug und wie gekonnt er dabei die Pointen setzte.Mit den Augen nahm ich Muliar erstmals in einer TV-Aufzeichnung des
Oscar Wildes "Bunbury" in der Josefstadt.D ass zwei große Wiener Theater innerhalb relativ kurzer Zeit die gleichen Stücke produzieren - jüngst Lessings "Minna von Barnhelm", jetzt Oscar Wildes "The Importance of Being Earnest" - überrascht. Weniger überrascht, dass die Mehrheit der Kritiker mit Hans Hollmanns "Bunbury"-Inszenierung im Theater in der Josefstadt strenger umging als mit der Produktion des Akademietheaters. Dies sagt aber mehr über den Zustand der heutigen, vorwiegend dem Zeitgeistigen zugeneigten Theaterkritik aus als über die Qualität der beiden Aufführungen.Beide
Andrea Breths inszenierte Lessings "Minna von Barnhelm" im Wiener Burgtheater als ernstes Nachkriegsdrama.In einem Bühnenbild (Annette Murschetz) mit dem Charme einer angeschimmelten Garage und in großteils ihre Träger unvorteilhaft kleidenden Kostümen (Dajana Dorfmayr und Anna Pollack) lässt Andrea Breth im Wiener Burgtheater eine zeitlose Nachkriegstragödie mit leidlich gutem Ausgang abrollen. Lessings "Minna von Barnhelm" wirklich einmal als eines der wenigen deutschen "Lustspiele" zu interpretieren, also das Lächerliche und Heitere in den Vordergrund zu rücken, wäre heutzutage
Der Bischof, der Kolumnen schrieb.Helmut Krätzl * 1931BischofDa kommt mein Chef." Mehrmals hat mich Weihbischof Helmut Krätzl humorvoll so begrüßt und anderen vorgestellt, als er unter dem Titel "Zeitgespräch" Kolumnist der Furche war und ich die Ehre hatte, seine Texte zu redigieren. Es war Hannes Schopf, von 1984 bis 1994 mein Vorgänger als Chefredakteur der Furche, der Krätzl 1988 als Kolumnisten zu gewinnen vermochte. In einem Gespräch in Krätzls Büro am Wiener Stephansplatz konnten Schopf und ich den Weihbischof davon überzeugen, dass er seine Stimme in unserer Zeitung zu
Nestroys "Freiheit in Krähwinkel" am Wiener Volkstheater.Zuerst sind nur Beine zu sehen, später nur die Köpfe des vor sich hin summenden Volkes - mit schmalen horizontalen Bildausschnitten beginnt Johann Nestroys "Freiheit in Krähwinkel" im Wiener Volkstheater unter der Regie von Hausherr Michael Schottenberg, der selbst die Rolle des um Abonnenten kämpfenden Zeitungsherausgebers Pfiffspitz übernommen hat. Nestroys Beitrag zum Revolutionsjahr 1848 offenbart einerseits seine Sympathien für Freiheit und Bürgerrechte - er hatte ja nicht wenig unter der Zensur, die hier als jüngere
Thomas Bernhards "Vor dem Ruhestand" am Wiener Volkstheater.Eine Komödie von deutscher Seele" nannte Thomas Bernhard sein Stück "Vor dem Ruhestand", das Claus Peymann 1979 in Stuttgart zur Uraufführung brachte und das jetzt am Wiener Volkstheater in einer sehr gediegenen Inszenierung von Thomas Roth zu sehen ist. Bernhards Abrechnung mit der Verdrängung der ns-Zeit ist hier in ein Geschwisterdrama verpackt, das im Volkstheater in einer sehr adäquaten Ausstattung (Bühne: Florian Parbs, Kostüme: Erika Navas) präsentiert wird.Der vor der Pensionierung stehende Gerichtspräsident Rudolf
Nebulose Uraufführung von Franzobels "Wir wollen den Messias jetzt" im Wiener Akademietheater.Würde sich Kardinal Schönborn zur jüngsten Uraufführung des Wiener Akademietheaters äußern, die ihm vermutlich noch mehr Unbehagen als die Karikaturen Josef Haderers bereitet, wäre das die einzige pr, die dieser matten Produktion helfen könnte. Was Stefan Griebl alias Franzobel, einer der begabtesten Wortklingler unter Österreichs Literaten, da unter dem Titel "Wir wollen den Messias jetzt oder Die beschleunigte Familie" auf die Bühne gebracht hat, ist eine jener Blasphemien, wie sie
Karlheinz Hackl inszenierte Ibsens "Nora" im Theater an der Josefstadt.Was will eine Frau mehr: Nora Helmer (Maria Köstlinger) hat ein trautes Heim - ein "Puppenheim", wie es Henrik Ibsen nannte -, drei vom Hausboy Henrik (Florian Teichtmeister) betreute Kinder, die sie nicht belasten oder an ausgiebigen Einkaufstouren hindern, und vor allem einen gerade zum Bankdirektor beförderten Ehemann, der bald noch mehr vom nötigen Kleingeld nach Hause bringen wird. Im weißen Outfit in weißem Interieur (Bühne und Kostüme: Rolf Langenfass) schmückt sie mit ihrem Mann Torvald (Herbert Föttinger)
Weder Fisch noch Fleisch: Raimund-Premiere am Burgtheater.Wenn nach einer kurzen Szene an der Rampe der Vorhang erstmals aufgeht, erblickt man bekleidete Männer und nackte Frauen in lasziven Posen auf einer steil ansteigenden Freitreppe. Die Damen erweisen sich als Puppen, die Herren nach unterschiedlich langer Regungslosigkeit als echt. Erste Schlussfolgerung: Für Kinder, die man früher getrost in Raimunds Zaubermärchen "Der Verschwender" ins Burgtheater mitnehmen konnte, ist diese Produktion nicht geeignet. Und zweitens: Regisseur Stefan Bachmann will den hemmungslosen Hedonismus einer
"Indien" im VolkstheaterDas Programmheft erweckt den Eindruck, das Stück trage den passenden Titel "Rülps!", doch die als Film zu Kultstatus gelangte Tragikomödie der beiden Kabarettisten Josef Hader und Alfred Dorfer heißt auch im Wiener Volkstheater "Indien". Hier sind Direktor Michael Schottenberg und Heribert Sasse (Bild) in die Hauptrollen geschlüpft und haben in der 100-Minuten-Produktion ohne Pause auch gleich gemeinsam die Regie übernommen.In vorwiegend auf Stoff gemalten provinziellen Wirtsstuben (Bühne: Michael Zerz) gehen die Herren Bösel (Sasse) und Fellner (Schottenberg)
Thomas Bernhards "Alte Meister" in Reichenau.T intorettos Bildnis "Weißbärtiger Mann" blickt mehrfach von den Seitenwänden des alten Reichenauer Theatersaals auf das Publikum. Auf der Bühne (Peter Loidolt), die den "Bordone-Saal" des Wiener Kunsthistorischen Museums darstellen soll, erblickt man Bänke und kahle Wände. Hier läuft eine von Hermann Beil verfertigte und inszenierte "Komödie" nach Thomas Bernhards Roman "Alte Meister" ab - kaum Handlung, aber viel bissiger Text in typischer Bernhard-Manier.Der alte Musikphilosoph Reger (Martin Schwab), der Kritiken für die Londoner "Times"
Sommerspiele Perchtoldsdorf: Molières "Tartuffe" als Guru der Gegenwart.Statt auf die Burgmauer blickt man heuer in Perchtoldsdorf auf eine Wand von weißen Türen. Liegen dahinter die Wege zum Heil oder nur Lauscher und Intriganten verborgen?Die neu übersetzte und in Michael Sturmingers Inszenierung auf ein anderes - möglicherweise bösartiger gemeintes, aber fast harmloser wirkendes - Ende als sonst hinauslaufende Molière-Komödie "Tartuffe" nimmt nicht Religiosität an sich, sondern den Missbrauch von Religion aufs Korn. Das Drama richtet sich sowohl gegen religiöse Eiferer und
Werfels "Jacobowsky und der Oberst" eröffnet neuen Spielraum.Auf die Wände ist historisches Bild- und Filmmaterial projiziert, inmitten des neuen Spielraums, von allen Seiten den Blicken der Zuschauer ausgesetzt, agieren die Schauspieler. Zur Eröffnung des neuen Reichenauer Spielraums steht Franz Werfels "Jacobowsky und der Oberst" auf dem Programm, ein Stück, dem man leicht - wäre nicht der Autor über jeden Verdacht dieser Art erhaben - Verharmlosung einer grauenvollen Zeit vorwerfen könnte.Werfels eigene Flucht durch das 1940 von Nazi-Deutschland besetzte Frankreich schlug sich im
Nestroy-Ausgrabung auf Schloss Rothmühle in Schwechat: "Der confuse Zauberer".Peter Gruber hat es wieder einmal geschafft. Für die von ihm seit drei Jahrzehnten geleiteten Schwechater Nestroy-Spiele holte er diesmal ein seit der Erstinszenierung von 1832 nicht mehr professionell gespieltes Stück des "wienerischen Aristophanes" auf die Freilichtbühne. "Der confuse Zauberer oder Treue und Flatterhaftigkeit" geriet unter seiner Regie zu einem manchmal - auch weil einzelne Akteure zwei Rollen übernahmen - verwirrenden, aber alles in allem unterhaltsamen Abend. Für das ständige
Das "Theaterfest Niederösterreich" lockt 2005 an 18 Spielorte.Wie jedes Jahr kommen auch heuer Freunde des Sommertheaters in allen Teilen Niederösterreichs auf ihre Rechnung. Das "Theaterfest Niederösterreich", im Sommer nicht der einzige, aber der eindeutig größte Kulturveranstalter des Landes, konnte schon in den vergangenen Jahren regelmäßig über 200.000 Besucher begrüßen. 2005 werden an den traditionellen Spielorten 22 Premieren angeboten.Einen festen Platz hat das Musiktheater, das heuer auch das Theaterfest eröffnet. Der Auftakt erfolgt am 25. Juni mit der "Frühjahrsparade"
Strindbergs "Totentanz" in einer Zadek-Inszenierung bei den Wiener Festwochen.Aus dem Meer im Hintergrund ragt Land auf, das man auf den ersten Blick auch für eine Tsunami-Woge halten könnte. Und tatsächlich spült August Strindbergs gerade 100 Jahre altes Drama "Der Totentanz" eine Flutwelle an Gemeinheit, Hass und Niedertracht auf die Bühne. Die Festwochenproduktion im Wiener Akademietheater zeigt große Schauspieler am Werk."Der Totentanz" zeigt die Ruine einer Beziehung, die vielleicht nie eine war, vielleicht aber auch nur nachträglich als Dauerkatastrophe empfunden wurde. Im
"Der Familientisch" bei den Wiener Festwochen: Theaterwanderung zu multikultureller Performance.Wollen Sie bei einer Produktion der Wiener Festwochen eine "tragende Rolle" übernehmen? Dann besuchen sie das Projekt "Der Familientisch", das beim Schauspielhaus in der Porzellangasse beginnt und in einer Remise am Westbahnhof endet. Unterwegs bekommen Sie sicher das eine oder andere Requisit und spätestens am Bahnhof noch einen Koffer in die Hand gedrückt. Und Sie werden mit dem Schicksal einer der elf Hauptpersonen, die sich auf Grund ihrer Herkunft oder ihres Lebenslaufs nur zum Teil als
"Fort Europa" bei den Wiener Festwochen suggeriert: Auf nach Buenos Aires oder Shanghai!Der Bühnenraum hat den Charme einer Bahnhofshalle - immerhin, denn manche moderne Bühnenbilder haben nicht einmal diesen -, denn wir sind im Wiener Südbahnhof, den ein Grazer Politiker einmal seinen Lieblingsort in Wien genannt hat. Hier zeigt Johann Simons seine letzte Inszenierung mit der Gruppe ZT Hollandia, "Fort Europa", ein Drama des belgischen Autors Tom Lanoye, dessen Untertitel "Hohelied der Zersplitterung" lautet.Tatsächlich handelt es sich um lange zersplitterte Monologe. Da klagt ein junger
Andrea Breth inszenierte am Burgtheater Tschechows "Kirschgarten".Das Mobiliar liegt schon zu Beginn umgestürzt im unnötig weiten Bühnenraum (Gisbert Jäkel). Ein überdimensionales Abflussrohr ragt herein, hat aber sonst keine Funktion. Die Vorhänge an der langen seitlichen Fensterfront sind meist zugezogen. In der Neuinszenierung von Andrea Breth lässt "Der Kirschgarten" von Anton Tschechow keinen Platz für Illusionen: Von Anfang an wird Dekadenz und Abschied zelebriert.Es passiert nicht viel in diesem Stück, außer dass ein Landgut samt einem weithin berühmten Kirschgarten unter den
Mit seiner Änderung der Papstwahlordnung 1996 hat Johannes Paul II. ins kommende Konklave eingegriffen: Erstmals seit 1179 könnte ein Papst ohne Zweidrittelmehrheit gekürt werden.Nach dem Pontifikat von Johannes Paul II. - es war mit 26 Jahren und fünfeinhalb Monaten das zweitlängste eines Petrusnachfolgers - lässt ein Blick auf die Zahlenverhältnisse im Kardinalskollegium vermuten, der nächste Papst werde den Kirchenkurs von Karol Wojtyla in jeder Beziehung fortsetzen. Es gibt derzeit 183 Kardinäle, von denen aber 66, mehr als ein Drittel, am Todestag des Papstes das 80. Lebensjahr
Verlorene Liebesmüh: Nestroys "Nur Ruhe!" im Wiener VolkstheaterMit einem unbekannten Nestroy-Stück geht das Wiener Volkstheater in die Endphase der Ära Emmy Werner. Dass "Nur Ruhe!" nach der Uraufführung im Jahre 1843 nur drei weitere Vorstellungen erlebte, wird dem Publikum während der pausenlosen Spielzeit von etwa 100 Minuten verständlich.Die Posse mit Gesang kreist um die Sehnsucht des Lederermeisters Anton Schafgeist nach Ruhe, die bekanntlich nicht nur, aber vor allem auch in der Ära Metternich als erste Bürgerpflicht galt. Schafgeist will sich an seinem 55. Geburtstag von
Ermüdende "Minna von Barnhelm" im Theater in der Josefstadt.Eine Kanone, der Torso eines Friedensengels aus Stein, ein regungslos liegender Mann, zwei von den Beinen eines umgestürzten Sessels aufragende Stiefel - mit einer Szenerie (Bühne: Erich Uiberlacker), die Krieg andeutet, beginnt Michael Gampes Inszenierung der "Minna von Barnhelm" im Wiener Theater in der Josefstadt. Hier läuft kein reines Lustspiel ab, wird damit signalisiert - kein schlechter Ansatz, so lange darunter das Tempo und die Natürlichkeit der Darstellung nicht leiden. Genau in diesem Punkt lässt die Regie aber
Ein Bravo der Wiener "Gruppe 80" für Thomas Bernhards "Am Ziel".Ein riesiger Koffer, geordnet aufgelegte Kleidung, die alsbald im Koffer verstaut und später - "Am Ziel", wie der Titel des Stückes lautet - wieder ausgepackt wird. In einem Zimmer mit kahlen Wänden, an einer davon thront die Hausherrin und Mutter mit einem Fußschemel, rollt der erste Teil jenes Dramas von Thomas Bernhard ab, das Helmut Wiesner für die Wiener "Gruppe 80" neu inszeniert hat."Am Ziel", 1981 nach "Über allen Wipfeln ist Ruh" entstanden, spielt in den Niederlanden, wo Bernhard 1931 geboren wurde. Es ist im
Mehr bildende als zündende Uraufführung des Biografie-Stückes von Walter Schübler an der Freien Bühne Wieden.Wenn etwas aus dem Wiener Theaterleben wirklich "nicht wegzudenken" ist, so sind es die Werke des Johann Nepomuk Eduard Ambrosius Nestroy. Nun präsentiert die Freie Bühne Wieden in Wien den unvergleichlichen Meister des Wortspiels und der ätzenden Gesellschaftskritik selbst als Bühnenfigur.Walter Schübler, Autor der Biografie "Nestroy" (Residenz Verlag, Salzburg 2001) reiht nun unter dem gleichen Titel unter Verwendung zahlreicher Zitate Bilder aneinander, die einen Eindruck
Elfriede Jelineks Version von Oscar Wildes "Bunbury" am Wiener Akademietheater: Wildes Witz kommt unter die Räder sexueller Übererregtheit.Ernst ist das Leben", verkündet Elfriede Jelinek mit ihrer auf einer Übersetzung von Karin Rausch beruhenden Version von Oscar Wildes Komödie "The Importance of Being Earnest", die man besser unter dem Titel "Bunbury" kennt. Das Programmheft zur jüngsten Premiere im Wiener Akademietheater verrät, in alter Rechtschreibung, aber in totaler Kleinschreibung, was Regisseur Falk Richter anpeilte: "die totale verwirrung und sexuelle übererregtheit - das
Konventionelle "Glasmenagerie"-Inszenierung im Theater in der Josefstadt.Die Tennessee-Williams-Renaissance ist in vollem Gange. Die jüngste Premiere im Wiener Theater in der Josefstadt bescherte ein Wiedersehen mit jenem Stück, das für Williams am 26. Dezember 1944 den Durchbruch als Dramatiker bedeutete: "Die Glasmenagerie".Wenn der Erzähler Tom zu Beginn betont, hier werde die "Wahrheit" erzählt, übertreibt er nicht. In der Gestalt dieses Tom Wingfield breitet Tennessee Williams Details aus seiner eigenen Familiengeschichte aus, er gibt auch Ort (St. Louis) und Zeit (in Spanien begann
Schnitzlers "Liebelei" in der Wiener "Gruppe 80".Mit der "Liebelei" wagt sich die "Gruppe 80" in Wien-Gumpendorf an eines der bekanntesten Werke Schnitzlers und beschwört damit den Vergleich mit einstigen Produktionen herauf. Bei der Premiere konnte man hören, wie einander im Foyer ältere Theaterbesucher ehrfürchtig die Namen früherer Protagonisten zuraunten. Im Programmheft enthüllt Schnitzlers Text "Die drei Elixiere" das mehr als fragwürdige Besitzdenken in Liebesdingen: Es geht um den Drang eines Mannes, die Liebe einer Frau ganz für sich zu beanspruchen - weder in ihrer
Plakativ modernisiert und globalisiert: Gerhart Hauptmanns "Vor Sonnenaufgang" am Burgtheater.Betritt man den Zuschauerraum, sind bei offener Bühne auf den Zwischenvorhang projizierte Firmenlogos zu sehen: Bezahlte Werbung? Teil der Inszenierung? Oder beides, da sich einige der Unternehmen auch im Programmheft finden? So plakativ wie der Beginn ist die gesamte Inszenierung von Gerhart Hauptmanns Frühwerk "Vor Sonnenaufgang" im Wiener Burgtheater.Wohlstand in GefahrRegisseur Nicolas Stemann führt in einem zu allem oder nichts passenden Bühnenbild von Katrin Nottrodt vor, was an Hauptmanns
Seit Wochen leben wir im Schatten eines schiefen Turms. Die PISA-Studie hat ermittelt, dass Österreichs Schuljugend im internationalen Vergleich auf Mittelmaß zurückgefallen ist. Ob Lesen, Mathematik, Naturwissenschaft oder Problemlösen - vor allem Finnland, Korea und Japan, aber auch etliche andere Nationen lassen uns weit zurück.Die vorhersehbaren Reaktionen: Schulbehörde, Eltern, Lehrerschaft, Schüler weisen einander die Schuld zu und sind kaum bereit, eigene Mitverantwortung einzugestehen. Vorweg: Es gibt in allen Bereichen tüchtige, fleißige Personen, aber manche
Nestroys "Kampl" im Theater in der Josefstadt.Die Josefstadt lebt wieder. Mit Johann Nestroys "Kampl" bietet das Wiener Traditionstheater nach manchen Wechselbädern wieder das vom Stammpublikum des Hauses geschätzte Unterhaltungstheater auf hohem Niveau. Anhänger von Regieexperimenten seien gewarnt: Herbert Föttinger ließ sich bei seiner ersten Inszenierung nicht auf solche ein, sondern klugerweise den bewährten Nestroy-Haudegen Helmuth Lohner und Otto Schenk freien Lauf. Rolf Langenfass steuerte ein ebenso passendes wie konventionelles Bühnenbild bei."Kampl oder Das Mädchen mit
Das Burgtheater lockt mit Tennessee Williams.So viel Kritiker aus deutschen Landen kamen selten nach Wien. Und schon vor der Premiere war auch kaum eine andere Burgtheater-Produktion auf so viele Wochen ausgebucht: "Die Katze auf dem heißen Blechdach", das einst mit Liz Taylor und Paul Newman erfolgreich verfilmte Drama von Tennessee Williams, hat offenbar enorme Anziehungskraft.In der bis ins Detail durchdacht wirkenden Inszenierung von Andrea Breth, zu der hymnische, aber auch differenzierte Kritiken erschienen sind, bietet das Burgtheater zweifellos eine Glanzbesetzung auf. Aber manchmal
Eine amüsante Variation: "Widerspenstigenzähmung" im Wiener Volkstheater.Der Widerspenstigen Zähmung" gehört zu den populärsten Werken William Shakespeares und hat als "Kiss me, Kate" bekanntlich auch die Musicalbühne erobert. Am Wiener Volkstheater liefert Margit Mezgolich eine "Variation" des Stückes, die es buchstäblich gegen den Strich bürstet: Frauenrollen und Männerrollen sind vertauscht. Das Matriarchat regiert, die Damen halten bei den Müttern um die Hand der Herren an, weibliche Wesen schleichen sich - als männliche Lehrkräfte verkleidet - beim maskulinen Objekt ihrer
Sogar sein "liebster Feind", Claus Peymann, in dessen Direktionszeit Fritz Muliar 1994 vom Burgtheater ins Theater in der Josefstadt wechselte, hat ihm zum 85. Geburtstag Glückwünsche übermittelt und dabei Muliars Leistungen als Schauspieler gewürdigt. Wer könnte dem Mann auch die Anerkennung versagen, der auf allen wichtigen Wiener Bühnen gestanden ist, mehr als 200 Rollen in Filmen und Fernsehspielen verkörpert hat und dabei noch im "Hohen Alter" (dem eigenen und dem von Raimund) eine ungeheure Spielfreude ausstrahlt.Vom Kabarett zur BurgFritz Muliar, am 12. Dezember 1919 geboren,
Ausstellung im Österreichischen Theatermuseum erinnert an den großen Schauspieler Hans Moser.Wie nehmen wir ihn denn?" So hochdeutsch klang der berühmte Satz aus Hans Mosers legendärer Dienstmannrolle in seiner Diktion kaum. Es ging darum, wie man einen schweren Koffer anpacken sollte. Ähnliche Schwierigkeiten bereitet es, für eine Beschäftigung mit Moser den richtigen Ansatzpunkt zu finden. Man überhebt sich leicht, wenn man diesen körperlich und auch in vielen Rollen "kleinen", aber künstlerisch so großen Mann für eine Ausstellung - oder einen Zeitungsartikel - in einem
Interessante Marguerite Duras-Premiere in der Wiener "Gruppe 80"Kiesboden, grüne Klappsessel vor Buschreihen, im Hintergrund Kinderlärm und Vogelgezwitscher: Eine Sie, "ein unscheinbares Mädchen", und ein Er, "ein unscheinbarer Mann", beginnen das "Gespräch im Park", ein Drama der französischen Autorin Marguerite Duras (1914-1996). Das im Jahr 1956 uraufgeführte Stück, das damals den großen Samuel Beckett fasziniert und zum viermaligen Besuch der Produktion veranlasst hat, wird derzeit im Theater "Gruppe 80" in Wien-Gumpendorf gezeigt.Im Zentrum steht das Gespräch, auf das die beiden
Umfassenden Umweltschutz und globale Gerechtigkeit hält der Begründer des alternativen Nobelpreises, Jakob von Uexküll, für die wichtigsten Voraussetzungen für weltweiten Frieden. Im furche-Interview spricht er über seinen "Weltzukunftsrat", das Verhältnis der EU zur Türkei und darüber, was die Kirchen leisten könnten, wenn sie nur wollten.Die Furche: Sie sind zu einer Veranstaltung über den "Global Marshall Plan" (siehe Furche Nr. 43) nach Wien gekommen. Wie stehen Sie zu diesem Projekt?Jakob von Uexküll: Ich finde das eine spannende Idee. Ich glaube auch, dass die Fixierung auf
Großer Erfolg bei Wittenbrink-Uraufführung im Wiener Akademietheater.Franz Wittenbrinks erprobtes Rezept hat wieder eingeschlagen. Seine "Mozart Werke Ges.m.b.H." im Akademietheater entpuppt sich unter seiner Regie und musikalischen Leitung als gnadenloses Unterhaltungstheater zum Thema Musikindustrie. Den Rahmen bildet eine Fabrikshalle (Bühne: Thomas Dreißigacker), in der anfangs müde Burgmimen ("I'm so tired" heißt der erste Song) erstaunlich gekonnt am Fließband musikalische Süßwaren (von der Mozartarie bis zur Britney-Spears-Parodie) und Mozartkugeln produzieren, flott, frech und
"Fräulein Else" mit lauten Zwischentönen im Wiener Theater in der Josefstadt.Tische und Stühle darstellende Marmorblöcke, auf einem ist die Jahreszahl 1924 erkennbar, ein Konzertflügel und eine hohe, zeitweise als Spiegel dienende Glaswand - in diesem Ambiente spielt die Josefstadt in einer Bühnenfassung und Inszenierung von Anna Maria Krassnigg Fräulein Else. Was Arthur Schnitzler in seiner 1924 veröffentlichten Novelle nur andeutete - dass es um ein schon als Kind vom Vater missbrauchtes Mädchen geht -, streicht diese Aufführung heraus: Der Kunsthändler Dorsday, der sich bereit
Der Literaturnobelpreis für Elfriede Jelinek hat einen Run auf ihre Werke ausgelöst. Wer sich bisher mit der Autorin der "Klavierspielerin" oder des "Sportstücks" schwer getan hat, fühlt sich nun bemüßigt, etwas für seine Bildung zu tun, um mitreden zu können. Dabei ist nicht auszuschließen, dass etliche der nun erworbenen Bände zwar Bücherregale zieren, aber weitgehend ungelesen bleiben werden.Dass damit keine bequeme, sondern eine zu ihrer Heimat in geistiger Opposition lebende Persönlichkeit geehrt wird, ist nichts Neues. Das traf zum Beispiel auch auf die Russen Boris Pasternak
"Denn ist nicht alles, was man Kindern tut, Gewalt? - Zu sagen: - ausgenommen, was die Kirch' an Kindern tut." Am Wiener Burgtheater erhob sich jüngst bei der Premiere - vermutlich aber auch bei jeder folgenden Vorstellung - von "Nathan der Weise" bei diesen stets Heiterkeit auslösenden Worten des Patriarchen von Jerusalem ein besonders schallendes, fast höhnisches Gelächter.Dieser selbstgerechte Text, noch dazu aus dem Mund einer antisemitisch gezeichneten Figur, für die es außerhalb der Kirche kein Heil gibt, weckt natürlich sämtliche Ressentiments gegenüber kirchlicher Erziehung.
Ein zwiespältiger "Nathan der Weise" am Burgtheater: ohne Gegenwartsbezug, streckenweise langweilig, und die Schauspieler überzeugen nur teilweise.Gotthold Ephraim Lessings "Nathan der Weise" ist ein grandioses Stück, kunstvoll konstruiert, um seine Hauptaussagen zu unterstreichen: Alle Menschen sind Kinder eines Vaters und aufgerufen, einander zu achten. Die Praxis der Liebe führt zum Heil, nicht das Bekenntnis zu Lehrsätzen. Diese Botschaft sollte auch bei der jüngsten, mäßig überzeugenden Burgtheater-Inszenierung einigermaßen über die Rampe gekommen sein.Es geht um die Wahrheit,
Umjubelte Schimmelpfennig-Uraufführung am Wiener Akademietheater.Das Stück schleicht auf Komödienpfoten daher und endet wie eine griechische Tragödie à la Medea. Langer Applaus am Ende der Uraufführung im Wiener Akademietheater bewies, dass Roland Schimmelpfennig mit "Die Frau von früher" attraktive Konfektionsware für das heutige Publikum gelungen ist."Die Frau von früher" heißt Romy Vogtländer und steht eines Tages vor der Tür von Frank und Claudia, die kurz vor dem Übersiedeln in ein fernes Land stehen und bereits den Großteil ihrer Habseligkeiten einer Spedition anvertraut
Andrea Eckert brilliert als Kleists "Penthesilea" im Wiener Volkstheater.Direktorin Emmy Werner eröffnete auch ihre letzte Spielzeit am Wiener Volkstheater mit einer großen Frauenfigur. Heinrich von Kleists Trauerspiel "Penthesilea" erzielt umso mehr Wirkung, je länger der Abend dauert. Es ist wie "Romeo und Julia" das Drama einer an den äußeren Umständen zerbrechenden Liebe. Dass sich hier nicht zwei Familien, sondern die beiden Geschlechter in Feindschaft und Unverständnis gegenüberstehen, lässt natürlich sehr weiten Interpretationen und Spekulationen - auch über das Privatleben
Wirklich wertvoll ist Kunst erst dann, wenn sich Diebe oder Räuber dafür interessieren. Wird ein Kunstwerk gestohlen oder geraubt, kann man davon ausgehen, dass es bestimmten Personen wirklich kostbar ist: den Tätern oder deren Auftraggebern.Jemandem, der als großer Künstler gelten will, kann gar nichts Besseres passieren, als dass es Versuche gibt, sich seiner Werke illegal zu bemächtigen. Bildenden Künste sollen schon selbst Diebstähle ihrer Werke inszeniert haben, um auf ihr Schaffen aufmerksam zu machen.Solange in der Welt des Geistes geklaut wird - Melodien in der Musik, Ideen,
Bei den Salzburger Festspielen steht Eugene O'Neills Familientragödie auf der Bühne.Der Tag geht, das trostlose Ende kommt. Davor wühlt Familie Tyrone in den Abgründen der Vergangenheit und den Katastrophen der Gegenwart. Die Salzburger Festspiele präsentieren in Zusammenarbeit mit dem Bayerischen Staatsschauspiel München Eugene O'Neills Drama "Eines langen Tages Reise in die Nacht". Elmar Goerdens Inszenierung im Salzburger Landestheater nimmt Titel und Stück sehr ernst. In manchmal endlos scheinenden dreieinhalb Stunden - ein paar Kürzungen hätte der Text schon vertragen - holt er
Wer fühlt sich am Ende eines anstrengenden Arbeitsjahres nicht in mehr oder minder hohem Maß "reif für die Insel"? Also auf nach Hellas, in die Heimat des neuen Fußball-Europameisters. Sucht einen freilich dort eine Sommergrippe heim, wird wenig aus der Erholung - was auch am TV-Angebot des Hotels liegt.Zunächst vertieft man sich ohnehin lieber in ein Buch, aber ab einer gewissen Ermattung lässt man sich lieber via Bildschirm berieseln - dort laufen neben griechischen auch einige deutschsprachige Programme, leider nur von den großen privaten, nicht von den öffentlich-rechtlichen
Sehenswerte Dramatisierung von Stefan Zweigs "Schachnovelle" in Reichenau.Nicht immer lässt sich Prosa akzeptabel auf die Bühne transferieren. Helmut Peschina ist es mit seiner Fassung von Stefan Zweigs "Schachnovelle" - einst mit Curd Jürgens und dem jungen Mario Adorf verfilmt - im Reichenauer Sommertheater geglückt. Regisseur Helmut Wiesner und Hauptdarsteller Joseph Lorenz haben das Ihre dazu beigetragen.Schauplatz des Stückes - das Szenen aus der Gestapo-Haft des Wiener Anwaltes Dr. Bertram einblendet - ist ein Schiff, das 1938 von New York nach Buenos Aires fährt. Der Millionär
Nestroys "Talisman" in Reichenau mit einem brillanten Nicholas Ofczarek.Im ersten Stock schließt ein Lakai in Livree eine Tür, zu ebener Erde fliegt eine Person aus einer Tür heraus. So augenfällig führt Regisseur Michael Gampe derzeit in Reichenau das Los der Ausgestoßenen - der Gänsehüterin Salome Pockerl und des Barbiergesellen Titus Feuerfuchs - vor. In Johann Nestroys Posse "Der Talisman" richtet sich das Vorurteil gegen rote Haare, aber es könnte natürlich auch anderen Eigenschaften gelten.Das ursprünglich "Die Schicksalsperücken" betitelte Stück gehört zweifellos zu
Das politische Geschehen, nicht ganz zu Unrecht auch mit "Polit-Theater" oder "politischer Bühne" umschrieben, findet selten Eingang in die Feuilleton-Seiten. Hier wird in der Regel Kultur abgehandelt, während die politische Auseinandersetzung eher mit Unkultur zu tun hat.Der Hang der Politiker zu Dramatik und Theatralik ist jedenfalls unverkennbar. Er gehört daher bisweilen entsprechend gewürdigt. Das vorletzte Stück, "Europawahlen", zeigte wenigstens als gekonnte Mischung aus Geschmacksverirrung und Publikumsverscheuchung Wirkung. Das jüngste Stück mit dem Titel "Regierungsumbildung"
Niederösterreich bietet wieder einen flächendeckenden Theatersommer.Die ganze Welt ist Bühne" heißt es bei Shakespeare, und in die gleiche Kerbe schlug Arthur Schnitzler: "Wir spielen alle, wer es weiß, ist klug." Berufsmäßiges oder zumindest halbprofessionelles Theater bekommt man freilich nur im Sommer fast in jedem Winkel des Landes geboten. Im rot-weiß-roten Kernland beginnt das traditionelle "Theaterfest Niederösterreich", das im Vorjahr 236.460 Besucher zählen konnte und heuer 17 Spielorte mit 24 Produktionen vereint, am 24. Juni in Berndorf.Am gleichen Tag startet auch "Art
Wiener Festwochen: Jubel um Ibsens "Baumeister Solness".Wenn sich einer, der vom Baugerüst stürzt, den Schädel zertrümmert, nimmt das nicht Wunder, wohl aber, wenn einer, der von einem tiefen Fall nur träumt, mit blutiger Nase erwacht. Regisseur Thomas Ostermeier verpasst Henrik Ibsens "Baumeister Solness" im Wiener Akademietheater diesen eher surrealistischen als plausiblen Schluss.Ibsens Spätwerk enthält die für ihn so typischen, großteils zeitlos aktuellen Elemente: verdrängte Schuld, Verlust von Religiosität, Angst vor der nächsten Generation, Lebenslügen, eine vertrocknete
Ibsens "Peer Gynt" als packendes Gastspiel des Berliner Ensembles im Rahmen der Festwochen.Welch ein Schauspiel! Henrik Ibsens "Peer Gynt" - nicht zu Unrecht der "nordische Faust" genannt - kann auch im 21. Jahrhundert noch in Atem halten. Dabei ist die Inszenierung von Peter Zadek, mit der gerade das Berliner Ensemble in Wien gastierte, keineswegs perfekt.Peer Gynt ist in der Diktion der von Peter Stein und Botho Strauß erarbeiteten Fassung ein "Solala", also beileibe kein Tugendbold, aber auch kein echter Unmensch, wiewohl er einiges auf dem Kerbholz hat. Als Lügenbaron, der alte Sagen mit
Gedanken zum Vatertag in der Zeit der Fun-Generationen.Sind Sie Vater? Finden Sie, dass wir in einer Spaßgesellschaft leben? Wenn Sie Vater sind, stellt sich die Frage: Wie alt sind Ihre Kinder? Sollten diese schon in die Kategorie Erwachsene fallen, gibt es bei Ihnen am bevorstehenden Vatertag vermutlich kein besonderes Zeremoniell, sei es jetzt an den Muttertag angelehnt - mit der Übergabe von Blumen und dem Aufsagen eines Gedichtes - oder nicht. Die relativ neue Errungenschaft des Vatertages wird ja eher von den jüngeren Semestern praktiziert. Es geht also um Familien mit minderjährigen
Willibald Feinig setzt ineinem kleinen Buch Johannes XXIII. ein Denkmal.Papst Johannes XXIII. starb zu Pfingsten 1963. Wie einfache Menschen diesen "Papa buono" empfanden, drücken die Worte aus, die damals ein Zimmermädchen an die gerade in Rom weilende Philosophin Hannah Arendt richtete: "Gnädige Frau, dieser Papst war ein wirklicher Christ. Wie ist das möglich? Und wie konnte ein wirklicher Christ auf den Heiligen Stuhl zu sitzen kommen? Musste er nicht zuerst zum Bischof und Erzbischof und Kardinal ernannt werden, bevor er wirklich zum Papst gewählt wurde? Hatte denn keiner eine
"Zeitung muss brennen!" Das Magazin, das mit diesem Slogan warb, wollte sicher nicht jenen nacheifern, die einst die Bücher Andersdenkender (manchmal auch die "Häretiker" selbst) dem Scheiterhaufen übergaben. Gemeint war wohl, dass Medieninhalte unter die Haut gehen sollen - gemäß der Geschichte von den Emmausjüngern: "Brannte nicht unser Herz, als er mit uns auf dem Weg war?"In diesem Sinn - nicht in jenem eines echten Feuers, wie es jüngst in London rund 100 Werke der so genannten Young British Artists (YBA) dahinraffte - sollte auch Kunst brennen. Wenn ein Funke von ihr überspringt,
Asylwerber spielen Asylwerber: Ein unheimlich aktuelles Euripides-Stück bei den Wiener Festwochen.Sie sind auf der Flucht und suchen Asyl, sie sind Menschen wie du und ich, nur haben sie keine sichere Heimat mehr. Sie wirken in einer Theaterproduktion mit, doch ihr Schicksal ist Realität. Die Wiener Festwochen präsentieren heuer ein wirklich zeitloses Drama: "The Children of Herakles" von Euripides - ein Gastspiel der "Produktion RUHRTriennale", packend inszeniert vom amerikanischen Regisseur Peter Sellars.Der alte, klassizistisch ausgestattete Reichsratssitzungssaal des Parlaments liefert
Martin Crimps "Cruel and Tender" im Wiener Museumsquartier: General als Kriegsverbrecher.Die Schlagzeile der Tageszeitung, die einem am Theaterausgang in die Hand gedrückt wird, lautet: "Folter im Irak: US-General soll zugeschaut haben". Eine Schande für die Supermacht Amerika, wenn es stimmt, eine fast wie perfekte PR anmutende Bestätigung für den britischen Dramatiker Martin Crimp, dessen Drama "Cruel an Tender" gerade im Wiener Museumsquartier seine Festwochen-Premiere erlebt hat und mit dem Abgang eines Generals, dem Kriegsverbrechen vorgeworfen werden, endet. Die von Luc Bondy
Wiener Festwochen: Franz Molnárs "Harmonie" geriet zur bloßen Klamaukiade.Stellen Sie sich ein klassisches Musikstück vor, dass Sie eines Tages, völlig ungewöhnlich instrumentiert, durch ständige Wechsel der meist total überhöhten Tempi nahezu unkenntlich gemacht, in einem grellen Ambiente geboten bekommen. Wenn Sie dergleichen nicht schreckt, sind Sie bei Georg Staudachers jüngster Inszenierung gut aufgehoben. Wenn nicht, werden Sie wahrscheinlich wie viele andere die Festwochen-Produktion von Franz Molnárs "Harmonie" im Wiener Rabenhof eher meiden oder vorzeitig verlassen.Ist ein
Erfolgreiche Burgtheaterpremiere von Schillers "Don Carlos".Die Szene, in der König Philipp II. seine Sehnsucht ausspricht, einem echten Menschen zu begegnen, versteht das Publikum wahrscheinlich am besten. Die Neuinszenierung von Schillers "Don Carlos" am Wiener Burgtheater präsentiert eine düstere, lieblose Welt: Ein rigides System von Gesetz und Ordnung - aber nicht aus demokratischen Prozessen, sondern aus Machtkalkül und Staatsräson geboren - bestimmt das Leben. Menschliche Gefühle werden unterdrückt, aber insgeheim regen sie sich umso heftiger.Der spanische Hof, Sitz der größten
Im Standard begründete dieser Tage die Schriftstellerin Olga Flor, warum sie einen von der ÖVP gestifteten Literaturpreis nicht annehmen will. Erst vor wenigen Wochen hat es ihre Kollegin Marlene Streeruwitz abgelehnt, einen Kulturpreis von Außenministerin Benita Ferrero-Waldner im Empfang zu nehmen. Werden Preise zu einem politischen Schlachtfeld?Würde sich die Qualität von Kunst immer in ihrem Marktwert ausdrücken, bedürfte es, zumindest aus pekuniären Gründen, keiner Kulturpreise. Aber da sich bekanntlich auf vielen Gebieten eher die billige Massenware durchsetzt, haben
Freie Bühne Wieden: Uraufführung von Herbert Rosendorfers "Mandragola".Der Zweck heiligt die Mittel. Dieser Leitsatz des Renaissance-Politologen Niccolo Machiavelli ist auch in seine Komödie "Mandragola" von 1518 eingeflossen, die Herbert Rosendorfer für die Freie Bühne Wieden in Wien im Stil der Commedia dell'arte umgeschrieben hat. Statt Florenz ist Venedig der Schauplatz, der kirchenkritische Aspekt - bei Machiavelli begleitet "ein Mönch, zu gar nichts nütze" das Geschehen - fehlt, und sehr viel an Personen und Inhalten wurde verändert.Der alte, reiche Kaufmann Pantalone hat eine
Maria Bill als überzeugende "Mutter Courage" am Wiener Volkstheater.Die Handlung läuft unter einer Brücke ab - der passende Ort für "kleine Leut'", die sich in schweren Zeiten über Wasser halten müssen. Michael Schottenbergs Inszenierung des Brecht-Klassikers "Mutter Courage und ihre Kinder" im Wiener Volkstheater macht das ganze Elend des Krieges vorstellbar.Bertolt Brecht hat der vom Barockautor Johann Jakob Christoffel von Grimmelshausen beschriebenen "Erzbetrügerin und Landstörzerin Courasche" aus dem Dreißigjährigen Krieg eine neue Note gegeben. Sie kommt allein aus dem nebligen
Weder Fisch noch Fleisch: "Salome" von Oscar Wilde/Gerhard Rühm im Wiener Akademietheater.Die Bühne beherrscht ein überdimensioniertes Weinglas, offenbar auch als Symbol dafür gedacht, dass Rausch und Trunkenheit verschiedener Art im Stück eine Hauptrolle spielen. In diesem Gefäß steht dem gefangenen Propheten Jochanaan das Wasser buchstäblich bis zum Hals. Manchmal lässt er von dort seine Stimme hören, bisweilen klettert er auch heraus. Die Bühne wird dabei nass, aber es bleibt trotzdem ein relativ trockener, spröder Abend. Bei Oscar Wildes "Salome", in einer Nachdichtung Gerhard
Gelungener Molière im Theater in der Josefstadt.Die Medizin hat seit dem 17. Jahrhundert große Fortschritte gemacht. Molières Komödie mit dem sprachlich problematischen Titel "Der eingebildete Kranke" hat aber ihren Reiz nicht verloren. Das beweist die vor allem auch in den Karneval-Zwischenspielen gelungene Inszenierung des Zürichers Claude Stratz, der mit Frank Weigand die Übersetzung von Ludwig Fulda bearbeitet hat, im Josefstädter Theater in Wien.Kritik der Medizin...Natürlich hat man bei diesem Werk über einen notorischen Hypochonder im Hinterkopf, dass der Autor und erste
Umjubelte Uraufführung der "Bérénice de Molière" am Wiener Akademietheater: keine Langeweile, wenig Tiefgang.Hat schon der Film "Shakespeare in Love" flott-unterhaltsam hinter die Theaterkulissen von einst blicken lassen, so servieren nun der aus Prag stammende Schweizer Igor Bauersima und Réjane Desvignes Ähnliches im Wiener Akademietheater: Ihr Stück "Bérénice de Molière", von Bauersima selbst sehr "trendy", aber eine Spur zu oberflächlich inszeniert, kommt beim Publikum von heute bestens an.Die schmucken Barockkostüme (Johanna Lakner), die Kniebundhosen und Strümpfe, die
Zwei solide Uraufführungen an der Freien Bühne Wieden in Wien.Wahre Theaterstädte leben nicht nur von den Staatstheatern, die vorwiegend etablierte Dramatiker pflegen (oder auch gegen den Strich bürsten) und davon, dass regelmäßig Weltstars der Musik hier Station machen. Nur wo das Bühnengeschehen auf einer viel breiteren Basis steht, sind die Musen wirklich zu Hause.Die Freie Bühne Wieden unter Gerald Szyszkowitz gehört zu jenen Wiener Theatern, deren Leistung vermutlich erst nach Jahren volle Anerkennung finden wird (wie einst Stella Kadmons "Theater der Courage"). Dieses Theater
In Salzburg wird ein Achtjähriger zum Spielball im "Rosenkrieg": Das Gericht spricht ihn seiner schwedischen Mutter zu. Der Bub wehrt sich schreiend gegen die gewaltsame Trennung vom Vater und vom älteren Bruder, die Durchsetzung des richterlichen Entscheides ist aber nicht zu verhindern. Auch wenn der Fall vielschichtiger sein dürfte, als ihn die Medien darstellen: Der "Fall Christian" fördert nicht gerade das Vertrauen der Öffentlichkeit zu den Rechtshütern.In Deutschland verabredet sich ein Mann mit Lust an Kannibalismus via Internet mit einem willigen Opfer, das er zerstückelt und
"Deadline" im Kasino am Wiener Schwarzenbergplatz.Wer vom Theater erwartet, dass es ihm mittels Schauspielkunst eine Geschichte erzählt, kommt bei der jüngsten Produktion im Kasino am Schwarzenbergplatz, der kleinen Filiale des Wiener Burgtheaters, zu kurz. Bei "Deadline", vom dreiköpfigen Regie-Team "Rimini-Protokoll" (Helgard Haug, Stefan Kaegi, Daniel Wetzel) bereits im April 2003 in Hamburg in Szene gesetzt und nun für Wien adaptiert, wird das Theater zum Hörsaal.Auf der Bühne stehen keine Profis, sondern Menschen, die zum Thema Sterben etwas zu sagen haben: die junge
Absolut sehenswert: Grillparzers Trilogie "Das Goldene Vließ" im BurgtheaterWie man ein scheinbar sperriges Werk von insgesamt zehn Aufzügen in knapp drei Stunden ohne entscheidende Substanzverluste auf die Bühne bringen kann, führt der deutsche Regisseur Stephan Kimmig gerade am Burgtheater vor. Seine Inszenierung von Franz Grillparzers Trilogie "Das goldene Vließ" schält aus einem alten Stoff den Kern und holt ihn absolut sehenswert in die Moderne - Regietheater, das dem Werk treu bleibt.Werktreues RegietheaterDas Werk hat eine politische und eine zutiefst menschliche Dimension, in
Wie übersetzt man "Reflecting Absence"? Widerspiegelung des Abwesenden? So heißt jedenfalls jener architektonische Entwurf, der ab September in New York in die Praxis umgesetzt werden und an die Terroranschläge vom 11. September 2001 erinnern soll. Das Modell des Architekten Michael Arad und des Landschaftsplaners Peter Walker setzte sich nach einem fast acht Monate dauernden Ausleseverfahren durch - unter insgesamt 5.201 Einreichungen.Das Monument für die Opfer wurde von einer 13-köpfigen Jury ausgewählt. Der Jury-Vorsitzende Vartan Gregorian fand am Entwurf von Arad und Walker die
Umjubelte Albee-Premiere amWiener Akademietheater.Selten erzielte in jüngerer Zeit die Aufführung eines modernen Stückes so viel Wirkung wie die jüngste Premiere im Wiener Akademietheater. Die deutschsprachige Erstaufführung von "Die Ziege oder Wer ist Sylvia?" des bereits 75-jährigen Edward Albee fand in der Regie von Andrea Breth großen Beifall.Das Drama beginnt als Boulevardkomödie im leichten Konversationston. Martin meint, er fange an, alles zu vergessen, seine Frau Stevie redet ihm die beginnende Alzheimer-Krankheit aus und schmückt den Wohnraum mit Ranunculi. Besuch steht ins
Eine Ausstellung im Wiener Rathaus spürt die Lebens- und Schreiborte von Helmut Eisendle auf.Irgendwo, fand er, der dieser Tage 65 Jahre alt geworden wäre, müsste ein Hauptwort sein: "Es gibt eine Erklärung dafür. Irgendwo kann überall sein. In Paris, Berlin und genau der Ort, in dem Sie jetzt leben oder sich aufhalten; ein Bahnhof, ein Flughafen, ein Strandcafé am Meer."Wo auch immer sich das jeweilige Irgendwo des Schriftstellers Helmut Eisendle (1939-2003) befand, es lag in der Regel an einer Schreibmaschine, die er stets mit sich führte. Das Gerät Modell Erika ist ein Prunkstück
Wenn Mitren, Soutanen und Priesterkrägen das TV-Hauptabendprogramm dominieren, ist meist Weihnachten oder Ostern nahe. Zur passenden Jahreszeit strahlten ORF und ZDF parallel die italienisch-deutsch-amerikanische Produktion "Ein Leben für den Frieden - Papst Johannes XXIII." aus, die längst fällige filmische Würdigung eines der bedeutendsten Menschen des 20. Jahrhunderts.Er war vom Aussehen nicht das, was man foto- oder telegen nennt, dieser Landarbeitersohn Angelo Roncalli aus Sotto il Monte, aber er war so authentisch in seiner Liebe zu den Menschen, dass ihm die Herzen zuflogen, dass
Zu Hanspeter Oschwalds Buch "Die Deutschen im Vatikan".Am Cover lächelt Kardinal Joseph Ratzinger hinter einer römischen Säule hervor. Wenn es um "Die Deutschen im Vatikan" geht, so der Titel des Buches von Hanspeter Oschwald, ist der Präfekt der Glaubenkongregation und Dekan des Kardinalskollegiums sicher der bekannteste und einflussreichste. Dass er unter allen Theologen seiner Kongregation für Insider auch noch als "der offenste" gilt, wie Oschwald schreibt, sollte allen, die Ratzinger für den Inbegriff erzkonservativer Katholizität halten, zu denken geben.Oschwald, seit fast 40
Am 27. Jänner 2006 wird sich zum 250. Mal Mozarts Geburt jähren. Das uns bevorstehende Gedenkjahr wirft bereits seine Schatten voraus. In Wien hat Bürgermeister Michael Häupl einen interessanten Schachzug gesetzt. Er holte den ÖVP-Mann Peter Marboe, mehrere Jahre erfolgreich Stadtrat für Kultur in der Bundeshauptstadt, um das Mozartjahr würdig vorzubereiten.Während die Baustelle Mozartjahr noch gar nicht wirklich örtlich fixiert, geschweige denn gekennzeichnet und abgesichert ist, mutmaßte Kurt Palm bereits im Standard, alles werde so schief gehen wie 1991 (200. Todestag von Mozart).
Publikumswirksame Raimund-Premieren im Volkstheater und Josefstädter Theater in Wien.Wie spielt man heute Ferdinand Raimund? Der Zufall wollte es, dass zwei große Wiener Bühnen fast gleichzeitig Premieren von Hauptwerken des großen Dramatikers ansetzten. Sieht man von einzelnen Parallelen ab - in beiden Fällen dominiert zum Beispiel eine Berglandschaft den Hintergrund - gingen die Inszenierungen unterschiedliche Wege."Der Alpenkönig und der Menschenfeind" im Theater in der Josefstadt schließt dort an, wo die Ära Lohner mit Molière endete: bei der Misanthropie. Hans Gratzer, der neue
"Warum ich, warum gerade der Papst?" stöhnte Johannes Paul II., als man ihn nach dem Attentat in die Klinik einlieferte.Rom, 13. Mai 1981, 17.17 Uhr: Auf dem Petersplatz gleitet Papst Johannes Paul II. in einem offenen, weißen Jeep durch die Menge. Plötzlich fallen Schüsse, der Pontifex sinkt zusammen. Kurze Zeit später rast ein Ambulanzwagen durch Vatikanstadt, und trifft schon acht Minuten nach dem Attentat vor der Gemelli-Klinik ein. Dort, im modernsten römischen Spital katholischer Provenienz, kämpfen vier Chirurgen um das Leben des Papstes. Er hat drei Liter Blut verloren, sein
Wer sind die größten Deutschen aller Zeiten? Das ZDF fragte das Volk und servierte vor kurzem die vorläufige Bilanz. In die "Top 100" schafften es Leute, deren Ruhm sehr flüchtig bleiben dürfte - etwa Dieter Bohlen oder Daniel Küblböck - und solche, die dauerhaft das Volk der Dichter und der Denker repräsentieren - ob Immanuel Kant oder Friedrich Schiller.Natürlich ist eine solche Reihung sehr fragwürdig, dessen zeigte sich auch der erwartungsgemäß recht gut platzierte Thomas Gottschalk bewusst. Andererseits ist es durchaus sinnvoll, sich von Zeit zu Zeit der bedeutendsten Köpfe
Weder empörend noch betörend: Grillparzers "Der Traum ein Leben" am Wiener Theater in der Josefstadt.Friede in den Hütten, Mord und Intrige in den Palästen. Diese Botschaft vermittelt das dramatische Märchen "Der Traum ein Leben" im Theater in der Josefstadt. Der große Wurf ist die Inszenierung noch nicht, aber schon aufgrund der Qualität des Stückes eine deutliche Steigerung des Hauses in der neuen Ära Hans Gratzer.Gar nicht selten sind die Dichter der Wissenschaft einen Schritt voraus. Was Sigmund Freud und seine Nachfolger über das Phänomen Traum erforschten, führt Grillparzers
Auf einem Grabstein in London steht: "The philosophers have only interpreted the world, the point however is to change it." Wo Karl Marx recht hatte, hatte er recht. Das wissenschaftliche Erfassen von Problemen ist wichtig, für sich allein aber selten effektiv. Zur politischen Umsetzung ist oft der Einsatz künstlerischer Mittel hilfreich, wenn nicht sogar nötig.Das Forum Schwarzenbergplatz im Wiener Haus der Industrie greift derzeit häufig das Thema "Globalisierung" auf, zuletzt in Partnerschaft mit der Organisation "GlobArt", einem Zusammenschluss von Künstlern und Wissenschaftlern. Als
Gerhart Hauptmanns "Vor Sonnenuntergang" am Burgtheater.Zu Beginn der Vorstellung wird dem Publikum mindestens ein Dutzend Mal in englischer Sprache eingehämmert, dass es nur mit einem Traum in einem Traum konfrontiert wird. Da weiß man schon, dass die subjektive Sicht des Regisseurs Gerhart Hauptmanns "Vor Sonnenuntergang" am Wiener Burgtheater dominieren wird. Was dann an Regiemätzchen folgt, macht zwar zum Glück die Probleme des Stückes nicht unkenntlich, ist aber in seinem beim Publikum durchaus ankommenden Haschen nach Effekten und Entertainment eher ein intellektuell angehauchter
Der Schweizer Soziologe, Politiker und Bestseller- Autor Jean Ziegler über die verschiedenen Dimensionen der Globalisierung: Dank moderner Technik wächst die Welt zum globalen Dorf zusammen. Dabei kommt es aber zu verheerenden sozialen und wirtschaftlichen Umbrüchen in den Ländern des Südens: Hunger, Krieg, Seuchen...Die Furche: Manche sagen, man kann genau so wenig gegen die Globalisierung wie gegen die Schwerkraft sein. Ist Globalisierung so etwas wie ein Naturgesetz?Jean Ziegler: Man muss unterscheiden. Es gibt die Instrumentalität, die die Weltherrschaft des kapitalistischen
Trivialer Beginn der Ära Gratzer in der Josefstadt.Weit weg und doch ganz nah: Wie durch ein Fernrohr blickt man auf die mit Ringen eingefasste Bühne, auf der es fast ständig turbulent zugeht. Viel Musik und viel Bewegung in bunten Kostümen (von Andrea Uhmann) lassen nie wirklich Langeweile aufkommen. Aber Spannung kommt auch nicht auf, dazu ist der Inhalt der ersten Saisonpremiere am Theater in der Josefstadt in Wien zu trivial. Die Zauberoper "Aline oder Wien in einem anderen Weltteil" von Adolf Bäuerle, einer schillernden Figur im Theaterleben des Biedermeier, ist ein Stück von
Was das Publikum als großartigen Regieeinfall beklatschte, erwies sich als ganz normale technische Panne: Im Großen Dramatischen Theater von St. Petersburg löste jüngst ein falscher Feueralarm die Sprenkleranlage aus und setzte während einer "Schwanensee"-Premiere die Bühne unter Wasser. Während die Tänzer hinter die Kulissen flüchteten, brandete im Zuschauerraum begeisterter Szenenapplaus auf.Der Drang nach originellen Inszenierungen treibt heute bei Regisseuren und offensichtlich auch bereits bei den Zuschauern seltsame Blüten. Gefragt ist alles, was vom "normalen" Ablauf abweicht.
Antigone-Debakel am Wiener Volkstheater.Etliche suchen an diesem Abend vorzeitig frische Luft, beneidet vom Kritiker, der sich verpflichtet fühlt, bis zum bitteren Ende auszuharren: Beim Verlassen der jüngsten Premiere am Wiener Volkstheater, "Antigone" in der Inszenierung von Thirza Bruncken, lässt man einen Albtraum hinter sich.Das Unheil beginnt mit einer eigenmächtig von der Regie dem Stück vorangestellten, vom Publikum mit Gelächter quittierten Szene: Die im Kampf gegeneinander gefallenen Brüder Eteokles und Polynikes treten im Asterix-Stil mit im Brustpanzer steckenden Schwertern