Um Ehre und Emanzipation

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Ermüdende "Minna von Barnhelm" im Theater in der Josefstadt.

Eine Kanone, der Torso eines Friedensengels aus Stein, ein regungslos liegender Mann, zwei von den Beinen eines umgestürzten Sessels aufragende Stiefel - mit einer Szenerie (Bühne: Erich Uiberlacker), die Krieg andeutet, beginnt Michael Gampes Inszenierung der "Minna von Barnhelm" im Wiener Theater in der Josefstadt. Hier läuft kein reines Lustspiel ab, wird damit signalisiert - kein schlechter Ansatz, so lange darunter das Tempo und die Natürlichkeit der Darstellung nicht leiden. Genau in diesem Punkt lässt die Regie aber gerade die Hauptakteure im Stich.

Gotthold Ephraim Lessing, dem Dramatiker der Aufklärung, ging es um das Thema Ehre, aber auch um Emanzipation - letztlich erobern hier zwei die Initiative ergreifende Frauen ihre Ehemänner, die noch dazu Soldaten sind. Der verabschiedete, invalide Major Tellheim, der nach dem Siebenjährigen Krieg in einem Berliner Wirtshaus auf seine Rehabilitierung wartet und seine wohlhabende Braut Minna zurückweist, weil er sie nicht in sein Unglück ziehen will, besitzt einen Ehrbegriff, der leider kaum noch nachvollziehbar ist. Er wird es mit Theatralik und großen Gesten umso weniger. Lange stumme Szenen mit viel oder wenig sagenden Blicken - wo man sich ernsthaft fragt, ob das Absicht ist oder die Souffleuse benötigt wird - ermüden das Publikum, und manche Gefühlsausbrüche - etwa das Überschütten des Geliebten mit Küssen - wirken aufgesetzt.

Dabei wären Joseph Lorenz (Tellheim) und Sandra Cervik (Minna) sicher fähig, auch diese schwierigen Charaktere glaubwürdig auf die Bühne zu stellen, aber es scheint, dass sie einen betont ernsthaften Kontrast zum komischen Liebespaar bilden müssen. Dieses ist bei der munteren Chris Pichler als "Frauenzimmerchen" Franziska und beim sonst gewitzt, Frauen gegenüber aber unerfahren wirkenden Toni Slama als hilfsbereitem Wachtmeister Werner in besten Händen. Auch die anderen Darsteller, vor allem der grob-geradlinige Peter Scholz als Offiziersbursche Just und der französische Tiraden loslassende Alexander Waechter als Spieler Riccaut, können sich sehen lassen.

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