Bärig
schallaburg, niederösterreich
Weit über 300 Teddybären aus aller Welt sind auf der Schallaburg versammelt. Sie feiern mit den Menschen Jubiläum. Seit 100 Jahren gibt es die Bären-Liebhaber, die Arctophilen. (von griechisch arctos: Bär). Ihren Namen haben die Tierchen von dem US-Präsidenten Theodore "Teddy" Roosevelt: Als dieser bei einem Jagdausflug zu einem angebundenen Jungbären geführt wurde, weigerte er sich, auf ihn zu schießen. Auf einer Zeitungskarikatur sah der kleine Bär dann schon fast so putzig aus, wie all die vielen, die bis heute von Kindern und Erwachsenen geliebt werden.
Nun sitzen sie also zusammen zum Familienfest auf der Renaissanceburg: mit Knopf im Ohr, Ohrfahne, Herz auf der Brust und anderen Markenzeichen. In den Vitrinen ist es eng, noch enger in einem Glaskasten, in dem sich alles zusammendrängt: in den verschiedensten Trachten und Uniformen, mit Spiel- und Handwerkszeug. Rings an den Wänden sitzen sie, Serienprodukte und kostbare Einzelanfertigungen. Ein besonderes Exemplar erzielte unlängst bei einer Auktion 80.000 Euro (1,1 Millionen Schilling). Bärig! Lothar Sträter
Not shocking
theater in der josefstadt, wien
Joe Orton in der Josefstadt - aber gespielt wie in den Kammerspielen. Der britische Aufreger der sechziger Jahre, 1967 von seinem Lebenspartner mit einem Hammer erschlagen, hat in "Seid nett zu Mr. Sloane" ("Entertaining Mr. Sloane") bürgerlicher Heuchelei die Maske vom Gesicht gerissen, zugleich aber das Kind mit dem Bad ausgeschüttet: Jede Moral ist Scheinmoral, gibt Ortons Story um eine Figur, die in einer von Sex und Ausbeutung beherrschten Welt Täter und Opfer zugleich ist, dem Publikum zu verstehen.
Das Publikum der Josefstadt Günter Krämers Inszenierung vor einem Bild von Queen Mum (Bühnenbild: Rolf Langenfass) im Sinn des Originaltitels mehr "entertained" als geschockt: Wie es halt Tabubruch-Stücken nach vier Jahrzehnten so geht. Neben Traute Hoess (als mannstolle Kathrin) und Markus Gertken (der über Leichen gehende Sloane) sind Publikumslieblinge wie Helmut Lohner (nicht ganz überzeugend als an Lustknaben interessierter Ed) und Fritz Muliar (als Kemp die glaubwürdigste Figur) im Einsatz.
Heiner Boberski
Archaisch maßlos
kammerspiele, linz
Das Kunststück, das archaisch Maßlose in Kleists Sprachkunstwerk "Penthesilea" in den Linzer Kammerspielen - nicht zuletzt aufgrund einer Reduzierung von Text und Personal -, maßvoll zu gestalten, verdankt sich der beeindruckenden, sprechtechnisch perfekten Inszenierung von Bernarda Horres im Verein mit der zwingenden Dramaturgie, in welcher der musikalische Duktus der Dichtung durch exaktes Vokalisieren und Summen (Musik: Mark Polscher) zur Geltung gebracht wird.
Aus der Zahl der sieben Mitwirkenden sind Katharina Hofmann als aufrechte Prothoe und Elisabeth Wildmann als mimisch facettenreiche Meroe hervorzuhaben. Wenn die Regie auch mitunter liebevolles Einander-Begehren von Kleists Figuren Penthesilea und Achill zeitgeistig durch überdeutliche Gesten ausdrücken lässt, tut dies der künstlerischen Ausformung dieser Rollen durch Bettina Buchholz und Janko Kahle keinen Abbruch. Das schreckliche Ende ist ergreifend, denn: "Verflucht das Herz, das sich nicht mäß'gen kann". Margret Czerni
Bürgerliches Theater von seiner heitersten Seite
schauspielhaus, graz
Wurde schon im Vorjahr die taurische Iphigenie von Goethe enthusiastisch gefeiert, so könnte nun dem fünfaktigen Lustspiel "Minna von Barnhelm oder das Soldatenglück" des Aufklärers Gotthold Ephraim Lessing Ähnliches widerfahren; zeigt sich doch gerade in dieser Inszenierung von Robert Schmidt das deutsche bürgerliche Theater von seiner heitersten Seite.
In einem improvisierten, beinahe bunt zusammengewürfelten Wirtshaus (Bühne: Jens J. Fiedler) mit Schrankwänden überraschenden Inhalts und offenen Zimmerfluchten entwickelt sich die Handlung, getreu den reformatorischen Postulaten Gottscheds: erlesene Akteure spielen mit bestechender Sprachbeherrschung stringentes Theater, hier um konfliktreiche Liebe und antiquierte Ehrauffassung.
Dabei brilliert Frauke Steiner als einfühlsame, doch psychologisch gewitzte Minna von Barnhelm, Martina Stilp gibt eine erotisch überzeugende Zofe Franziska.
Auf Männerseite zeigt Daniel Doujenis (Major von Tellheim) ausdrucksstarke Sprache und Gestik, dem ersten deutschen Charakterstück vollkommen gewachsen; Alexander Weise (Bedienter Just) bringt humorvollen Schwung in die Handlung, Martin Bretschneider (Wachtmeister Paul Werner) vereinigt gelungene Komödiantik mit exakter Körperbeherrschung, so, wenn er zu "Full Metal Jacket"-Rhythmen Soldatendrill persifliert. Lessings Seitenhiebe auf Geldgier (Gerhard Liebmann als händereibender Wirt) und sprachliches à la mode-Wesen (köstlich Mathias Kopetzki als parlierender Monsieur Riccaut) vervollkommnen einen heiteren Theaterabend.
Sehenswert!
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