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„Die Ratten“ und „Gesang im Dunkel“
Das Linzer Landestheater bringt im großen Haus Gerhart Hauptmanns Berliner Tragikomödie in fünf Akten „Die Ratten“ unter der Regie von Gerhard Knick. Durch den vollen Einsatz aller Beteiligten kam es zu einer ausgezeichneten Aufführung, welche die Linzer Erstaufführung im Jahr 1951 noch übertraf. Der Regisseur hat das Stück gestrafft, etwas entgiftet und zu einem erschütternden Erlebnis gebracht. Er läßt den einzelnen Darstellern ihre Eigenart, weiß jedoch so zu führen, daß es zu einer geschlossenen Gesamtwirkung kommt. In voller Übereinstimmung mit der Regie gestaltet Wolfgang Cäsar den düsteren Raum der Mietskaserne so, daß er auf die Vorgänge einstimmt. Eine nicht zu überbietende Leistung ist wieder Elfriede Gollmann zu danken, die mit dem vollen Einsatz ihrer Persönlichkeit — nach der Mutter Wolffen und der Mutter Courage — nun die Mutter John gestaltet,eine primitive, im Kern keineswegs schlechte Frau, die nach dem Tod ihres Adalbertchens ihre Ehe gefährdet glaubt, nach dem erschlichenen neuerlichen Mutterglück auflebt, um an der Muttersehnsucht der wirklichen Mutter geistig und physisch zu scheitern. Frau Gollmann überspielt alles Problematische dieser Rolle und zwingt den Zuschauer zum Miterleben ihres ihr ausweglos erscheinenden Schicksals. Ihre Gegenspielerin, das polnische Dienstmädchen Pauline Piperkarcka, wird von Maria Falkenhagen, auch mit starker Einfühlung in die Tragik der die Mutterschaft erst verleugnenden, dann aber verlangenden Frau dargestellt. Michael Pawlik gibt den aufstrebenden Maurerpolier, der durch das Kind zu seiner Familie zurückgeführt wird, überzeugend. Überdurchschnittliche Charakterzeichnungen gelingen auch Helmut Krämer als asozialem, zum Mord absinkendem Bruno, Norbert Kammil als schleichendem Hausmeister Quarquaro, Ursula Wondrak als Dirne mit gräflichen Allüren und als deren frühreife Tochter Lore Stefanek. — Der ungewöhnlich starke Beifall konnte von den Darstellern als Dank für ihre Leistungen gewertet werden.
Johannes Hollnsteiner In Linz bemüht sich seit einem Jahr das Studio für Literatur „Retro“ erfolgreich um die Förderung des Nachwuchses. Drei Einakter von Hans Heinrich Formann und Henri Heinz wurden in diesem Studio neulich uraufgeführt und erregten das lebhafte Interesse der Adepten und der jungen Generation. Soweit Vergleiche der drei Stücke überhaupt möglich sind, ist Formanns Miniatur „Die Fische“ übergewichtig in der Aussage. Die Begegnung einer egoistischen jungen Frau mit ihrem Gewissen und der aussichtslose Versuch, diese Stimme wegzu-disputieren, treffen tief ins Herz modernen Bewußtseins. Dramatisch wird dieser Stoff sehr konzentriert vorgetragen. Die Rahmenhandlung ist originell, aber belanglos. Diese ernste Geschichte könnte ebensogut ein Hörspiel sein. Mit diesem Minimum an Aktion ist eine Grenze erreicht. Wird sie von dem 1939 geborenen, in Linz als Journalist lebenden Autor durchgehalten, so ist damit dem Fanatismus des Wesentlichen ein typisches Denkmal gesetzt. — Einakter in der Geschlossenheit des Problems wie bei Formann sind die beiden Szenen von Heinz, Jahrgang 1909, nicht. Unfreiwillige Heiterkeitserfolge beim Publikum verraten Unsicherheiten. Das sexuelle Erleben als Versuch zur Uberwindung der konkreten wie der existenziellen Angst ist auch schon öfter dagewesen. „Singen im Dunkel“ und „Der Zauber“ verraten eher ißeschiek im- flotten .Dialog und intensive Beobachtung der Gesellschaft. — Johanna Lindinger dankte der Abend die Dynamik, Helmut Heinz Ecker die mehr oder weniger unterschwellige Dämonie. Margarethe Prieschl blieb farblos. Helmuth Franz führte geschickt Regie.
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