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Hauptmann Radin in Vorarlberg

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Heinz Zechmann, Jahrgang 1923, hat bisher einen Roman, Gedichte, Novellen und Erzählungen veröffentlicht. Sein erstes Drama „Manfred und die Lüge” wurde im Jahre 1960 in Klagenfurt aufgeführt. Das hier zu besprechende Stück „Hauptmann Radin” (oder Schach mit drei Damen) wurde vom österreichischen Fernsehen 1962 aus der Taufe gehoben, dann in Klagenfurt und Innsbruck gespielt und nun in Vorarlberg. Es zählt zu den Zeitstücken — an denen ja gerade kein Mangel herrscht —, ist jedoch weniger konkret als die meisten seiner Art. Die Aufführung des Theaters für Vorarlberg lag weit über dem Durchschnitt der in letzter Zeit leider etwas dürftigen Leistungen dieser Bühne. Das Stück selbst erzählt die Geschichte eines Offiziers, der irgendeinem totalitär geführten Staat dient und zu denken beginnt. Dieses Denken schafft eben jene Konflikte, die Personen und Stück mehr oder weniger belasten. Das Stück ist also eine Tragödie, vermerkt Zechmann, der auch sonst nicht mit erläuternden Worten spart, die im Programmheft abgedruckt sind. Ferner spricht er davon, daß das Stück eine Liebeserklärung an die im Spiel vorkommende Frau Ines sei, die er als Hüterin des Subjektiven ansähe und die in der Mitte zwischen Rosi, die sich den Männern hingibt, und der kalt berechnenden, nur der politischen Idee lebenden Sandra Pless — die zur Verräterin an Radin wird — steht. Die Sprache Zech- manns ist stellenweise recht poetisch; manchmal freilich noch etwas banal. Dramatisch erscheint noch einiges wenig glaubwürdig. Am meisten stört die Pistole, die Radin einige Male vorgehalten und dann sofort wieder (fast verschämt) auf den Tisch des Hauptmanns zurückgelegt wird. Sehr gekonnt bereits die Szene, in der Radin, nachdem er seine Zweifel am Regime offen bekannt hat, dem ihn verhaftenden Oberst sein „Glauben Sie?” entgegenschreit. Der Regisseur Federico Wolf-Ferrari, gern gesehener Gast, erkannte neben den Stärken der Tragödie auch die Schwächen und versuchte, diese so gut wie möglich zu überspielen. Ihm ist es zu danken, daß es ein außergewöhnlicher Abend wurde. Ähnliches ist von den meisten Schauspielern zu sagen. In der Titelrolle lernte man mit Horst Taler einen Charakterdarsteller von beachtlichem Format kennen, der gegen Schluß seine besten Momente hatte. Überragend Inge Maux als aufopfernd liebende Frau Ines, wissend um den Verzicht der Liebe, ferner Günter Kropp, Gisela Zach, Ilse Brandtner und Robert Marencke. Dichte Atmosphäre schaffend: das Bühnenbild von Karl Weingartner und die Kostüme von Ingeborg Marceline Bartsch.

Den vollendetsten Theaterabend bescherte den Theaterfreunden Vorarlbergs das Kulturreferat der Landeshauptstadt Bregenz, das bei Dr. Oscar Sandner in besten Händen liegt. Hegte man anfangs noch Zweifel, ob Hermann Bahrs „Kinder” überhaupt ankämen, nicht zuletzt infolge der gleichen bereits im Fernsehen gezeigten Inszenierung und der Tatsache, daß die Komödie ja auch im Rundfunk mehrmals zu hören war, so wurden diese vorerst schon dadurch zerstört, daß ein wahrer Kampf um die Karten einsetzte. Vollends aber siegte die Aufführung — von Mitgliedern des Burgtheaters meistergültig interpretiert. Da saß jede Spitze, Pointe um Pointe wurde belacht und beklatscht. Die Leistungen von Christiane Hörbiger als Anna, Wolf Albach-Retty als Gandolf sowie Ernst Anders als Konrad und Michael Janisch als Bayerlein waren über jedes Lob erhaben. Alle überragten aber der Regisseur Hans Thimig, der auch als Diener Johann wahre Lachstürme entfesselte und Attila Hörbiger, der das Publikum vollends aus dem Häuschen brachte. Fazit: ein Triumph für das Burgtheater und ein Triumph vor allem für Bahr. Wer hätte das gedacht?

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